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Andrea Gabrieli (* 1532/33 in Venedig; † 30. August 1585 ebenda) war ein venezianischer Komponist und Organist der Renaissance.[1][2][3]


Leben und Wirken


Das ungefähre Geburtsjahr Andrea Gabrielis ergibt sich aus dem Sterbeeintrag vom August 1585, wonach er etwa 52 Jahre alt gewesen ist (M. Morell 1983); demnach ist das lange Zeit vermutete Geburtsjahr von 1510 oder 1515 unrichtig. Weil er in zeitgenössischen Dokumenten oft „Andrea da Cannareggio“ genannt wird, stammt er offenbar aus dem gleichnamigen Stadtbezirk aus dem Norden Venedigs. Andere Unterlagen bezeugen eine Verbindung von ihm und seiner Schwester Paola zur dortigen Pfarrgemeinde San Geremia. Es gibt Anhaltspunkte für eine Tätigkeit Gabrielis in Verona oder zumindest für Verona, wo Vincenzo Ruffo Kapellmeister war (Vertonung von Petrarca-Gedichten für die dortige Accademia Filarmonica). Vom Juni 1555 bis mindestens Juli 1557 war er Organist in seiner venezianischen Heimatgemeinde und wurde nach dem Tod seines Vaters das Oberhaupt der Familie. Es gibt auch Belege, dass er die Familie seiner Schwester finanziell zu tragen hatte.

Als 1557 durch den Tod von G. Parabosco die Stelle des 2. Organisten an San Marco vakant wurde, bewarb sich Gabrieli darum; die Stelle wurde jedoch an Claudio Merulo vergeben. Danach fehlen Informationen über Gabrieli für einige Jahre. Im Oktober 1562 befindet sich sein Name zusammen mit dem von Orlando di Lasso in einem Verzeichnis des Quartiermeisters des Bistums Bamberg; beide befanden sich im Gefolge des bayerischen Herzogs Albrechts V., welcher zur Krönung von Kaiser Maximilian II. nach Frankfurt reiste. An der Krönungsfeier selbst (24. November 1562) scheint Gabrieli nicht teilgenommen zu haben. Es wird angenommen, dass er und Di Lasso eine nähere Bekanntschaft geschlossen haben und es zwischen beiden zu einem fruchtbaren Austausch kam. Kurz darauf ist Gabrieli vielleicht nach Venedig zurückgekehrt und war vorübergehend an San Marco tätig; es ist aber auch möglich, dass er sich erneut nördlich der Alpen aufhielt. Im Jahr 1565 erschienen seine Sacrae Cantiones in Venedig, eine Sammlung von 37 fünfstimmigen geistlichen Gesängen.

Gabrieli trat vermutlich am Jahresanfang 1566 seine Stelle als erster Organist an San Marco an, einer herausragenden Position in der Musikwelt Italiens, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Damit war die wechselvolle Ära des Doms nach dem Tod von Adrian Willaert beendet. Es gab im Jahr 1574 noch einen Versuch des herzoglichen-bayerischen Hofs unter Beteiligung von Orlando di Lasso, Gabrieli für München zu gewinnen, dem dieser aber nicht folgte. An San Marco entwickelte er, gefördert durch die einzigartige Akustik des Doms, seinen originalen Kompositionsstil der zeremoniellen Mehrchörigkeit und des konzertanten Stils, der später von seinem Neffen Giovanni Gabrieli weiter entwickelt wurde. Zu seinen Aufgaben gehörte die Komposition von Festmusiken zu verschiedenen Anlässen, so beispielsweise „Benedictus Dominus Deus“ zu den Feiern des Sieges über das osmanische Reich in der Seeschlacht von Lepanto 1571 sowie für die Besuche japanischer Prinzen in Venedig 1585. Zu seinen Schülern gehörten neben seinem Neffen Giovanni noch der Komponist und Musiktheoretiker Ludovico Zacconi, Gregor Aichinger, Rogier Michael und Hans Leo Haßler, der dann seinen konzertanten Stil nach Deutschland trug.

1585 wurde die erste griechische Tragödie in einer neuzeitlichen Übersetzung in Vicenza aufgeführt. Die Übersetzung stammt von Orsatto Giustiniani und die Chormusik wurde von Gabrieli komponiert. Die Musik ist das erste erhaltene Beispiel einer Schauspielmusik zum antiken Drama und blieb einzigartig, da in der folgenden Zeit die Themen der griechischen Tragödien von der Oper aufgesogen wurde. Die Chöre waren a cappella mit den Stimmenbezeichnungen Canto, Alto, Tenoro, Basso, Quinto und Sesto.[4]


Bedeutung


Andrea Gabrieli war einer der angesehensten Komponisten in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts und ein äußerst produktiver Komponist, eine Eigenschaft, die er mit Orlando di Lasso gemeinsam hat. Durch den Einfluss des letzteren gelangten wesentliche Elemente der franko-flämischen Musik in die Musik der venezianischen Schule. Gabrieli komponierte für alle musikalischen Gattungen und Stilrichtungen, die im Venedig des späten 16. Jahrhunderts präsent waren: Messen, Motetten, Madrigale, mascherate, giustiniane, Werke für Tasteninstrumente sowie für Instrumentalensemble. Zu seinen Lebzeiten wurde nur ein kleinerer Teil davon veröffentlicht, der überwiegende Teil wurde von seinem Neffen Giovanni in großen Sammlungen postum gedruckt. Beispielhaft für ein grundlegendes Stilprinzip Gabrielis ist sein achtstimmiges Madrigal „Felici d’Adria“, welches anlässlich des Besuchs von Erzherzog Karl von Österreich in Venedig (1569) entstand. In diesem wird nicht auf die formelle Verteilung der Stimmen auf verschiedenen Chöre vertraut, sondern es wird durch die laufende Umschichtung vokaler Gruppierungen eine kaleidoskopische Folge wechselnder Klangfarben und Klangfülle erzeugt, ein Verfahren, das letztlich dem Vorbild Di Lassos folgt und für viele der großformatigen Werke Anwendung fand.

Die andere von ihm eingesetzte Technik geht mehr auf das Coro-spezzato-Prinzip (geteilte oder gegliederte Chöre) von Adrian Willaert zurück, bei dem die Stimmen auf zwei oder mehr fest definierte, räumlich getrennte und einander gegenüber gestellte Gruppen verteilt werden, welche dann abwechselnd vortragen, bis diese dann im Schlussteil, häufig im kontrastierenden Dreiertakt, zusammengeführt werden. Dieser Mehrchörigkeits-Stil wurde später von seinem Neffen Giovanni weiter entwickelt. Die große Zahl der Nachdrucke der Kompositionen Gabrielis bezeugt die Popularität seiner Musik in Italien und auch nördlich der Alpen. Gerade in Nordeuropa wurden seine Werke noch bis in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts kopiert und aufgeführt.


Werke (summarisch)



Hörbeispiel


aus Altro Madrigali et Ricercari Di Andrea Gabrieli (postum Venedig 1589):
Ricercar del Sesto Tuono, gekürzt, Venedig 1589, 2,86 MB?/i


Ausgaben



Literatur (Auswahl)




Commons: Andrea Gabrieli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), Personenteil Band 7, Bärenreiter und Metzler, Kassel und Basel 2002, ISBN 3-7618-1117-9
  2. Marc Honegger, Günther Massenkeil (Hrsg.): Das große Lexikon der Musik. Band 3: Elsbeth – Haitink. Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 1980, ISBN 3-451-18053-7.
  3. Lexikon der Orgel, herausgegeben von Hermann Josef Busch und Matthias Geuting, Laaber Verlag Laaber 2008, ISBN 978-3-89007-508-2
  4. Hellmut Flashar: Inszenierung der Antike. Das griechische Drama auf der Bühne der Neuzeit 1585–1990. München 1991. S. 27–30.
Personendaten
NAME Gabrieli, Andrea
KURZBESCHREIBUNG italienischer Komponist und Organist der Renaissance
GEBURTSDATUM 1532 oder 1533
GEBURTSORT Venedig
STERBEDATUM 30. August 1585
STERBEORT Venedig

На других языках


- [de] Andrea Gabrieli

[en] Andrea Gabrieli

Andrea Gabrieli (1532/1533[1] – August 30, 1585) was an Italian[1] composer and organist of the late Renaissance. The uncle of the somewhat more famous Giovanni Gabrieli, he was the first internationally renowned member of the Venetian School of composers, and was extremely influential in spreading the Venetian style in Italy as well as in Germany.

[es] Andrea Gabrieli

Andrea Gabrieli (ca. 1533 - 30 de agosto de 1585) fue un compositor y organista italiano de finales del Renacimiento. Tío del quizás más famoso compositor Giovanni Gabrieli, fue el primer miembro de renombre internacional de la Escuela Veneciana de compositores. Tuvo gran influencia en la difusión del estilo veneciano tanto en Italia como en Alemania.

[ru] Габриели, Андреа

Андреа Габрие́ли (итал. Andrea Gabrieli; 1533, Венеция — 30 мая 1585, Венеция) — итальянский композитор и органист позднего Ренессанса. Дядя Джованни Габриели.



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