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Dietrich Kittner (* 30. Mai 1935 in Oels, Niederschlesien; † 15. Februar 2013 in Bad Radkersburg, Österreich[1]) war ein deutscher Satiriker, Kabarettist und Liedermacher.

Dietrich Kittner (2003)
Dietrich Kittner (2003)

Leben


Dietrich Kittner (2008)
Dietrich Kittner (2008)

Der Sohn eines Zahnarztes besuchte die Humboldtschule Hannover.[2] Während seines Jurastudiums, das er später abbrach, gründete er 1960 in Göttingen das „Göttinger Studenten- und Dilettanten-Kabarett DIE LEID-ARTIKLER“. 1961 meldete er beim Ordnungsamt Hannover einen Gewerbebetrieb für politische Satire an. Er provozierte Ämter und Behörden mit seinen Programmen und Aktionen, so wurde er zum Beispiel 1965 im Garten des Café am Kröpcke mit NS-Luftschutzhelm und Gasmaske festgenommen. Das Ganze war als Protest gegen die sogenannten einfachen Notstandsgesetze gedacht, die zu dieser Zeit im Bundestag in der Diskussion waren und in denen es auch um gesetzliche Regelungen zur Zivilverteidigung ging.[3]

1963 traten die „Leid-Artikler“ im festen Haus in Hannover, dem Kabarett Mehlstraße, auf. Seit 1966 spielte Dietrich Kittner ausschließlich Soloprogramme, ab 1968 im Kabarett Club Voltaire, ab 1975 im Theater an der Bult und von 1987 bis 2006 im Theater am Küchengarten. Den „satirischen Arbeiterdichter und revolutionären Politkünstler Erich Weinert“ nannte Kittner als eines seiner Vorbilder. 1977 produzierte er als sein 15. Programm eine Erich-Weinert-Revue, die auch auf einer Langspielplatte erschien und mit der er sich laut Erhard Jöst „als würdiger Erbe seines großen Vorbildes ausgewiesen“ hat.[4]

Von 1966 bis 1996 absolvierte Kittner jährlich zwischen 190 und 220 Soloauftritte. Als Mitbegründer des Club Voltaire in Hannover 1968[5] und Mitinitiator der Aktion „Roter Punkt“ gegen Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr[6] gewann er in seiner Heimatstadt Hannover auch über seine künstlerische Arbeit hinaus Popularität. Kittner, der Mitte der 1960er Jahre aus der SPD ausgeschlossen wurde, vertrat ein stark links orientiertes Kabarett, dessen Ziel er vor allem in der politischen Aufklärung sah. In den 1970er Jahren gehörte er mit Franz Josef Degenhardt, Dieter Süverkrüp und den Mitgliedern der Gruppe Floh de Cologne zu jenen Liedermachern und Kabarettisten, die kommunistische Positionen vertraten und den real existierenden Sozialismus in Osteuropa prinzipiell befürworteten. Zwischen 1973 und 1989 absolvierte er als einer von wenigen Westkünstlern auch mehrere große DDR-Tourneen. Im öffentlich-rechtlichen westdeutschen Fernsehen hatte er seit 1973 quasi „Fernsehverbot“ (Süddeutsche Zeitung). 1993 übergab Kittner die Leitung des bis dahin sechs Jahre durchgängig ausverkauften Theaters am Küchengarten (TAK) an eine GmbH. 2007 kündigte er wegen „unüberbrückbarer künstlerischer und organisatorischer Differenzen“ dem TAK die Zusammenarbeit auf.

1990/91 übersiedelte er nach Dedenitz bei Bad Radkersburg in Österreich.

Der niedersächsische Landtag wählte Kittner in seiner 33. Sitzung am 25. März 2009 zum Mitglied der 13. Bundesversammlung. Er nahm daher am 23. Mai 2009 in Berlin an der Bundespräsidentenwahl teil.

Kittner war seit 1998 Mitherausgeber und Autor der Zweiwochenschrift Ossietzky. Er war Mitglied der DFG-VK, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, der Tucholsky-Gesellschaft, des Schriftstellerverbandes (VS), der Erich-Mühsam-Gesellschaft, des Deutschen Freidenker-Verbandes und Ehrenmitglied des Freundeskreises Ernst Busch. Er stand der DKP nahe, schrieb gelegentlich in der Parteizeitung Unsere Zeit und trat regelmäßig bei Kulturveranstaltungen der Partei auf.

Günter Wallraff schrieb 1978 in seinem Vorwort zu Kittners zoologischer Garten: „Er ist der Einzelkämpfer und Partisan, der sich wesentlich weiter vorwagt auf feindliches Terrain als alle etablierten – früher mal politischen Kabaretts zusammen.“ Erhard Jöst konstatierte: „Kittner hat viel zur Demaskierung unhaltbarer Zustände in unserer kapitalistischen Wirtschaftswundergesellschaft beigetragen, weil er die politische Funktion des Kabaretts in den Vordergrund stellte, ohne die anderen Aufgaben zu vernachlässigen“, und er bescheinigte dem Kabarettisten Glaubwürdigkeit, „weil er sein Programm auf dem Podium nicht nur abspult, sondern den Dialog mit seinem Publikum sucht, und weil er permanent aktiv in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eingreift.“[7]

Grabstein mit Inschriften unter rotem Stern für Konrad Kittner, Dietrich und Christel Kittner auf dem Stadtfriedhof Engesohde
Grabstein mit Inschriften unter rotem Stern für Konrad Kittner, Dietrich und Christel Kittner auf dem Stadtfriedhof Engesohde

Kittner starb in seiner Wahlheimat Österreich.


Familie


Dietrich Kittners Frau Christel (* 23. Mai 1938; † 5. März 2014)[8] gehörte in den 1960er Jahren zusammen mit Dietrich Kittner und vier weiteren Mitgliedern zum Kabarettensemble „Die Leid-Artikler“.[9] Sie übernahm die organisatorische, technische und ökonomische Leitung des Theaters am Küchengarten[10] und organisierte und begleitete seine Tourneen.[11] Der im Mai 2006 – vor seinen Eltern – verstorbene Musiker Konrad Kittner war der Sohn des Ehepaars und spielte bei Abstürzende Brieftauben. Das Grab der Familie Kittner mit Inschriften unter einem Roten Stern auf dem Grabstein liegt auf dem Stadtfriedhof Engesohde.[12]


Stiftung


In ihrem letzten Willen verfügte Christel Kittner die Übertragung ihres Vermögens an eine Stiftung. Seit Oktober 2016 gibt es die „Stiftung kultureller Förderung und Bewahrung des Lebenswerkes von Dietrich und Christel Kittner“.[13]


Programme



Festivals (Auswahl)



Veröffentlichungen



Schallplatten und CDs



MCs, DVD, Filme



Bücher



Übersetzungen



Preise und Ehrungen



Dokumentarfilm



Literatur




Commons: Dietrich Kittner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. http://www.taz.de/Urgestein-des-linken-Kabarrets-/!111112/ Dietrich Kittner ist tot
  2. Welche Schule für mein Kind?, Verlagsbeilage der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 12. Januar 2011, S. 3.
  3. Hannover: Gefahr im Garten. In: Der Spiegel. 1. Dezember 1965.
  4. Erhard Jöst: Der rote Feuerwehrmann aktuell. Dietrich Kittner aktualisiert Weinerts Gedichte. In: Kürbiskern. 2/1978, S. 99–110.
  5. Klaus Mlynek: Studentenproteste. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 611 f.
  6. Conrad von Meding und Bernd Haase: Der Rote Punkt war Ausdruck von Bürgerprotest, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 6. März 2012
  7. Erhard Jöst: Ein proletarischer Kabarettist. In: Kürbiskern. 2/1985, S. 128–143.
  8. Traueranzeige vom 17. Mai 2014 in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung; Digitalisat zuletzt abgerufen am 26. Mai 2014
  9. Klaus Budzinski: Das Kabarett: 100 Jahre literarische Zeitkritik – gesprochen – gesungen – gespielt. 1985, ISBN 3-612-10037-8, S. 149.
  10. Frauke Deißner-Jenssen (Hrsg.): Die Zehnte Muse: Kabarettisten erzählen. 1982, S. 460.
  11. Biografie, Website Dietrich Kittner
  12. Auf dem Handzettel Ehrengräber und Gräber bedeutender Persönlichkeiten auf dem Stadtfriedhof Engesohde, hrsg. vom Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover, Stand April 2012, ist das Grab noch nicht gesondert aufgeführt.
  13. Stiftung kultureller Förderung und Bewahrung des Lebenswerks von Dietrich und Christel Kittner
  14. Tot in Lübeck, Absolut Medien auf Vimeo
  15. Dietrich-Kittner-Platz: Stadt ehrt Kabarettisten Hannoversche Allgemeine, 13. März 2017
  16. Dietrich Kittner (in der Filmdatenbank der DEFA-Stiftung). DEFA-Stiftung, abgerufen am 18. November 2020.
Personendaten
NAME Kittner, Dietrich
KURZBESCHREIBUNG deutscher Kabarettist
GEBURTSDATUM 30. Mai 1935
GEBURTSORT Oels, Schlesien
STERBEDATUM 15. Februar 2013
STERBEORT Bad Radkersburg



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