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Joseph Martin Kraus, der Odenwälder Mozart (* 20. Juni 1756 in Miltenberg; † 15. Dezember 1792 in Stockholm), war ein deutsch-schwedischer Komponist der klassischen Periode, Kapellmeister am Hof des schwedischen Königs Gustav III. und Direktor der Königlich Schwedischen Musikakademie.

Joseph Martin Kraus als Student in Erfurt mit dem Ordenszeichen der Amicisten am Revers.
Joseph Martin Kraus als Student in Erfurt mit dem Ordenszeichen der Amicisten am Revers.

Leben


Geburtshaus in Miltenberg
Geburtshaus in Miltenberg
Denkmal in der Geburtsstadt Miltenberg
Denkmal in der Geburtsstadt Miltenberg

Joseph Martin Kraus, Sohn des kurmainzischen Beamten Joseph Bernhard Kraus und der Anna Dorothea geb. Schmidt, wurde in Miltenberg geboren. Er verbrachte die ersten drei Lebensjahre in Amorbach, wo der Vater zunächst Stadtschreiber war. 1761 zog die Familie nach einer kurzen Zeit in Osterburken nach Buchen (Odenwald), wo der Vater die Stellung des kurmainzischen Amtskellers erhielt. Joseph Martin Kraus ließ bereits als Schüler eine deutliche musikalische Begabung erkennen, die durch den Rektor der Buchener Lateinschule, Georg Joseph Pfister (1730–1807), und den Kantor Bernhard Franz Wendler (1702–1782) gefördert wurde. 1768 kam Joseph Martin Kraus nach Mannheim, wo er das Jesuitengymnasium und das Musikseminar besuchte und besonders durch die Patres Alexander Keck (1724–1804) und Anton Klein (1748–1810) eine gute Ausbildung in Musik genoss.

Anfang 1773 begann Kraus – wohl auf Wunsch seines Vaters – ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Mainz. Noch im gleichen Jahr wechselte er an die Universität Erfurt, um seine Studien dort fortzusetzen. Während des Studiums beschäftigte er sich auch intensiv mit Musik. Im November 1775 musste er seine Studien aufgrund eines Verleumdungsprozesses gegen seinen Vater für ein Jahr unterbrechen. In dieser Zeit schrieb er den Tolon, ein Trauerspiel in drei Akten, und er komponierte kirchenmusikalische Werke wie ein Requiem, ein Te Deum, zwei Oratorien (Die Geburt Jesu und Der Tod Jesu) und die Motette Fracto Demum Sacramento.[1]

Schattenriss Joseph Martin Kraus aus seiner Göttinger Zeit
Schattenriss Joseph Martin Kraus aus seiner Göttinger Zeit
Trunzerhaus, ehemalige Amtskellerei in Buchen (Odenwald)
Trunzerhaus, ehemalige Amtskellerei in Buchen (Odenwald)

Im Anschluss an diese Pause setzte Kraus sein Studium der Rechtswissenschaften 1776/1777 an der Universität Göttingen fort.[2] Zugleich schrieb er im Umfeld des Göttinger Hainbundes Gedichte, Dramen und weitere Oratorien.

Die Kontakte zu seinem schwedischen Kommilitonen Carl Stridsberg bewogen ihn, nach Schweden zu gehen. Am 26. April 1778 verließ er Göttingen und traf am 3. Juni 1778 in Stockholm ein. In der Zwischenzeit erschien in Frankfurt am Main seine Streitschrift Etwas von und über Musik: fürs Jahr 1777, die bislang einzig nachweisbare musikästhetische Abhandlung des Sturm und Drang.[3]

In Schweden dauerte es einige Zeit, bis Kraus erste Erfolge aufweisen konnte. Er lebte zunächst in Armut und musste des Öfteren seine Eltern um Unterstützung bitten. Erst mit der Uraufführung der Oper Proserpin im Jahr 1781 gelang ihm der Durchbruch. Kraus wurde zum zweiten Hofkapellmeister ernannt, bekam vom schwedischen König Gustav III. ein jährliches Gehalt von 300 Dukaten und wurde, um die europäischen Theater kennenzulernen, auf eine Reise durch Europa geschickt, die er am 7. Oktober 1782 antrat. Auf dieser Reise, die ihn über Dresden, Leipzig, Erfurt, Würzburg und Regensburg mit einem Abstecher zu seinen Eltern nach Wien führte, lernte er unter anderem Roman Hofstetter, Kaiser Joseph II., Joseph Haydn, Christoph Willibald Gluck und Antonio Salieri, Johann Georg Albrechtsberger sowie den Fürsten Nikolaus Esterházy kennen. Hierbei entstand der Hauptteil seiner kammermusikalischen und symphonischen Werke. Kraus’ erste kompositorische Veröffentlichung, die sechs Streichquartette Op. 1, die Gustav III. gewidmet sind, wurden 1784 durch den Verleger Johann Julius Hummel (Berlin/Amsterdam) herausgebracht. In ihnen setzt sich Kraus eindringlich, zum Teil auch ironisch und dekonstruierend, mit der durch Haydn geprägten Gattung auseinander.[4] Einige Symphonien, die unter anderem an den Höfen in Regensburg oder Esterháza aufgeführt wurden, tauchten unter anderem Namen in Pariser Sammeldrucken 1787 und 1788 auf, andere wurden durch den Wiener Verleger und Kopisten Johann Traeg handschriftlich in ganz Europa verbreitet.

Auf der Weiterreise[5] über Triest und Venedig nach Bologna veranlasste der Komponist Giovanni Battista Martini die Anfertigung seines Porträts durch den Künstler Antonio Pomarolli. Gemeinsam mit König Gustav III., mit dem er unterwegs zusammentraf, reiste er nach Rom zu Papst Pius VI. weiter. Über Neapel gelangte er nach Paris, wo er sich zwei Jahre lang aufhielt. Nach einem Abstecher nach London, wo er an den Händel-„Commemoration“-Feierlichkeiten teilnahm, traf er im August 1786 ein letztes Mal mit seinen Eltern und Geschwistern zusammen, bevor er wieder nach Stockholm zurückkehrte.

In Schweden, wo er 1787 zum „Ordinarie Capellmästare“ und zum Direktor der Königlichen Musikakademie ernannt wurde, gehörte zu seinen Aufgaben neben der Komposition neuer Werke die Neuorganisation des Musik- und Theaterwesens. In seiner 1790 erschienenen Liedersammlung Fredmans epistlar widmete Carl Michael Bellman Kraus die Epistel Nr. 75 (Skratta mina barn och vänner).

Das Grab von Joseph Martin Kraus am Brunnsviken, Schweden
Das Grab von Joseph Martin Kraus am Brunnsviken, Schweden

Am 16. März 1792 wurde auf Gustav III. während eines Maskenballes[6] in Kraus’ Anwesenheit ein Attentat verübt, wodurch der König lebensgefährlich verletzt wurde und wenige Tage später starb. Zu Kraus’ letzten Werken gehören die Trauersinfonie und die Trauerkantate, die anlässlich der Trauerfeierlichkeiten für Gustav III. aufgeführt wurden. Mit mehreren Arien, Ensembles, Chören und zwei umfangreichen Instrumentalsätzen, ausgeführt von 104 Mitwirkenden, bildet sie eine der umfassendsten Trauermusiken der Zeit.[7]

Kraus soll so erschüttert vom Tod „seines“ Königs gewesen sein, dass er sich, nachdem er, schon schwer krank, die Symphonie funèbre[8] geschrieben und uraufgeführt hatte, nicht mehr von dieser Anstrengung erholte. Am 15. Dezember 1792 starb er in Stockholm an Tuberkulose, an der er bereits seit seiner Studentenzeit gelitten hatte. Kraus’ sterbliche Überreste liegen auf der Tivoli-Halbinsel am See Brunnsviken nördlich von Stockholm begraben. 1846 errichtete man dort ein Grabmonument mit der Aufschrift: Här det jordiska af Kraus, det himmelska levfer i hans toner („Hier [liegt] das Irdische von Kraus, das Himmlische lebt in seinen Klängen“).


Werk (Überblick)


Das kompositorische Schaffen von Joseph Martin Kraus umfasst, neben den frühen kirchenmusikalischen Werken und der 1783 in Amorbach entstandenen Motette Stella Coeli, eine Reihe von Opern, Bühnen- und Ballettmusiken, Liedern, Arien und Kantaten in deutscher, schwedischer, italienischer und französischer Sprache, Sinfonien und kammermusikalische Werke. Das von Bertil van Boer in den 1980er Jahren erstellte Werkverzeichnis (1998 aktualisiert und neu nummeriert) umfasst mehr als 200 Nummern.


Kompositorisches Werk


Geistliche Werke

Opern, szenische Arien und Schauspielmusiken

Ballettmusik

Kantaten

Konzertarien

Lieder

Sinfonien und Orchesterwerke

Konzerte

Sonaten

Klavierwerke

Streichquartette

Weitere Kammermusikwerke

Anhang

  1. Messe in e-Moll
  2. Entracte to Äfventyraren in A-Dur
  3. Poeter Prisa Många Gånger in A-Dur
  4. Lydia och Arist in Es-Dur
  5. Polonaise für Orchester in D-Dur
  6. Sinfonie in D-Dur
  7. 'Sigmaringer'-Sinfonie Nr. 1 in A-Dur (verschollen)
  8. 'Sigmaringer'-Sinfonie Nr. 2 in G-Dur (verschollen)
  9. 'Sigmaringer'-Sinfonie Nr. 3 in Es-Dur (verschollen)
  10. 'Sigmaringer'-Sinfonie Nr. 4 in C-Dur (verschollen)
  11. 'Sigmaringer'-Sinfonie Nr. 5 in D-Dur (verschollen)
  12. Trompetenkonzert (verschollen)
  13. Variationen für Trompete und Orchester (verschollen)
  14. Trio for Klavier, Flöte und Cello in C-Dur
  15. Rondo Capriccio für Klavier in G-Dur

Literarisches Werk



Kraus und Buchen


Noch heute ehrt die Stadt Buchen (Odenwald) ihren bekanntesten Sohn. Nach ihm wurden die örtliche Joseph-Martin-Kraus-Musikschule, der Joseph-Martin-Kraus-Saal und der Joseph-Martin-Kraus-Platz mit Brunnendenkmal benannt. Die Internationale Joseph-Martin-Kraus-Gesellschaft hat ihren Sitz in Buchen. Im Bezirksmuseum wurde in der ehemaligen Wohnung der Familie Kraus eine Gedenkstätte eingerichtet. Seine jüngere Schwester Marianne Kraus wurde Malerin und Hofdame des Erbacher Grafen Franz I. Ihre Bilder sind teilweise mit im Museum ausgestellt.


Zitate



Literatur




Commons: Joseph Martin Kraus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Joseph Kraus: Offen für das Unvorhersehbare. In: [Die Zeit], 27. November 2008, Nr. 49, abgerufen am 1. Januar 2009.
  2. Ausstellung: Joseph Martin Kraus, Leben und Werk. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göttingen 2006
  3. Matthias Luserke: Sturm und Drang. Autoren, Texte, Themen. Stuttgart 1997, ISBN 978-3-15-017602-3, S. 66.
  4. Sascha Wegner: „Ha! man muß die Gözen einmal beim Kopfe nehmen, sie beim Rumpfe schütteln und hohnlachen!“ Versuch über Musik und Aufklärung am Beispiel von Joseph Martin Kraus. In: Ulf Bohmann, Benjamin Bunk, Elisabeth Johanna Koehn, Sascha Wegner und Paula Wojcik (Hrsg.): Das Versprechen der Rationalität. Visionen und Revisionen der Aufklärung. München 2012, ISBN 978-3-7705-5321-1, S. 217–241.
  5. s. Hartmut Biermann: Die italienische Reise des Joseph Martin Kraus : Anmerkungen eines Kunsthistorikers. In: Friedrich Wilhelm Riedel (Hrsg.): Joseph Martin Kraus und Italien – Beiträge zur Rezeption italienischer Kultur, Kunst und Musik im späten 18. Jahrhundert. München/Salzburg 1987. (Studien zur Landes- und Sozialgeschichte der Musik, Band 8). S. 18–26.
  6. Nach Eugène Scribes Werk Gustave III. für François Esprit Auber schrieb Verdi die Oper Un ballo in maschera.
  7. Sascha Wegner: Zwischen Funeral- und Passionsmusik. Die Trauerkantate für Gustav III. von Joseph Martin Kraus. In: Axel Schröter in Zusammenarbeit mit Daniel Ortuño-Stühring (Hrsg.): Musik, Politik, Ästhetik. Detlef Altenburg zum 65. Geburtstag. Sinzig 2012, ISBN 978-3-89564-149-7, S. 687–708.
  8. Sascha Wegner: Symphonien aus dem Geiste der Vokalmusik. Zur Finalgestaltung in der Symphonik im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Stuttgart 2018, ISBN 978-3-476-04615-4, S. 140.
  9. Begravningskantata for Gustavus III. Partitur. Manuskript. 282 gezählte Notenseiten RISM ID no.: 452012121, Handschrift um 1800, Stadtbibliothek Lübeck
  10. Übers.: Lars Burman in: Das Geschmeide der Königin. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2005.
Personendaten
NAME Kraus, Joseph Martin
KURZBESCHREIBUNG deutscher Komponist und Kapellmeister
GEBURTSDATUM 20. Juni 1756
GEBURTSORT Miltenberg
STERBEDATUM 15. Dezember 1792
STERBEORT Stockholm

На других языках


- [de] Joseph Martin Kraus

[en] Joseph Martin Kraus

Joseph Martin Kraus (20 June 1756 – 15 December 1792), was a German-Swedish composer in the Classical era who was born in Miltenberg am Main, Germany. He moved to Sweden at age 21, and died at the age of 36 in Stockholm. He has been referred to as "the Swedish Mozart",[1] and had a life span very similar to Mozart's.

[es] Joseph Martin Kraus

Joseph Martin Kraus (Miltenberg, Franconia; 20 de junio de 1756-Estocolmo; 15 de diciembre de 1792) fue un compositor alemán de música clásica. Se mudó a Suecia a los 21 años de edad y murió a los 36 años debido a la tuberculosis.

[ru] Краус, Йозеф Мартин

Йозеф Мартин Краус (нем. Joseph Martin Kraus; 20 июня 1756, Мильтенберг (Бавария) — 15 декабря 1792, Стокгольм) — немецкий и шведский композитор. Иногда называем «шведским Моцартом» из-за преждевременной смерти в то же время и в том же возрасте[4].



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