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Leonardo Vinci (* um 1690 in Strongoli; † zwischen 27. Mai und 29. Mai 1730 in Neapel) war ein italienischer Komponist des Barocks und einer der bedeutendsten Vertreter der Neapolitanischen Schule.

Leonardo Vinci
Leonardo Vinci

Leben


Leonardo Vinci, Karikatur von Pier Leone Ghezzi
Leonardo Vinci, Karikatur von Pier Leone Ghezzi

Vinci wurde 1708 in das neapolitanische Conservatorio dei Poveri di Gesù Cristo aufgenommen, wo wahrscheinlich Gaetano Greco sein Lehrer war. 1719 trat er erstmals als Komponist an die Öffentlichkeit mit der „Commedia per musica“ (eine spezifisch neapolitanische frühe Form der Opera buffa) Lo cecato fauzo, deren Text in neapolitanischer Sprache verfasst ist. Sie wurde mit großem Beifall am Teatro dei Fiorentini aufgeführt, der ersten Adresse für komische Opern in Neapel. Für dieses Haus schrieb Vinci bis 1722 eine Reihe weiterer ähnlicher Werke, die bis auf Li zite ’ngalera verschollen sind. Vincis Ruhm als Komponist musikalischer Lustspiele öffnete ihm die Pforten der ernsten Oper. Auch seine erste Opera seria Publio Cornelio Scipione wurde mit großem Beifall empfangen. Rasch folgten Aufträge auch für auswärtige Bühnen, insbesondere Rom und Venedig. Nach dem Tode Alessandro Scarlattis wurde Vinci 1725 dessen Nachfolger als Pro-Vicemaestro der Königlichen Hofkapelle in Neapel. Sein Ruhm war inzwischen weit über Italien hinausgedrungen; so führte in diesem Jahr Georg Friedrich Händel in London ein Pasticcio auf, das er aus Arien Vincis zusammenstellte. Im Februar 1728 trat Vinci in die Rosenkranzbruderschaft der Kirche Santa Caterina a Formiello in Neapel ein und wurde kurz darauf Kapellmeister am Conservatorio dei Poveri di Gesù Cristo. Er gab dieses Amt nach wenigen Monaten an Francesco Durante ab, um sich wieder stärker der Opernkomposition widmen zu können. Er schloss Freundschaft mit dem Dichter Pietro Metastasio, von dessen Libretti, die während des ganzen 18. Jahrhunderts von zahlreichen Komponisten benutzt wurden, er einige als Erster vertonte: Siroe (1726 Venedig), Catone in Utica (1728 Rom), Semiramide riconosciuta und Alessandro nell’Indie (beide 1729 Rom). Am 4. Februar 1730 fand im Teatro delle Dame in Rom die Uraufführung des Artaserse statt, dessen Erfolg den aller seiner vorangegangenen Opern noch übertraf. Sie gilt als Vincis Meisterwerk. Wenig später ereilte den Komponisten ein plötzlicher und wahrscheinlich unnatürlicher Tod, dessen Umstände nie ganz geklärt werden konnten. Es heißt, er sei auf Grund einer Liebesaffäre vergiftet worden. Die Begräbniskosten übernahm die Rosenkranzbruderschaft der Kirche Santa Caterina a Formiello.


Werke und musikalische Charakteristik


Vinci komponierte hauptsächlich Opern, daneben einige Oratorien, Kantaten und die Serenata La contesa de’ numi (1729). Reine Instrumentalmusik scheint ihn nicht gereizt zu haben. Die 12 Flötensonaten, die erstmals 1746 in London im Druck erschienen, dürften ihm von einem geschäftstüchtigen Verleger untergeschoben worden sein – ein Beweis für die Zugkraft von Vincis Namen auch nach seinem Tod.

Die komischen Opern, mit denen Vinci seine Laufbahn als Komponist begann, sind bis auf Li zite ’ngalera (Die Jungfrauen auf der Galeere; Neapel 1722) verschollen; letztere ist zugleich die älteste neapolitanische „Commedia per musica“, deren Partitur vollständig erhalten ist. Sein Schaffen auf dem Gebiet der Opera seria schließt zeitlich unmittelbar an das Alessandro Scarlattis an, mit dessen künstlerischen Prinzipien er jedoch weitgehend bricht. An die Stelle der Formenvielfalt, die Scarlattis Opern kennzeichnet, tritt bei Vinci ein starker Hang zur Vereinheitlichung. Seine Opern bestehen in der Regel aus einer langen Kette von Da-Capo-Arien (meist um die 30 an der Zahl), die durch Rezitative verbunden werden. Dazu kommt gelegentlich ein Duett für die weibliche und männliche Hauptperson, das aber von der Gattungskonvention nicht zwingend vorgeschrieben ist. Von diesem Schema wich Vinci nur gelegentlich ab. So leitet die Ouvertüre zu Alessandro nell’Indie unmittelbar in die erste Szene über, die auf einem verlassenen Schlachtfeld spielt. In Ifigenia in Tauride (Venedig 1725) findet sich ein Terzett. Catone in Utica endet mit einem vom Orchester begleiteten Rezitativ, während dessen der Titelheld auf offener Bühne Selbstmord begeht (eine Szene, die beim zeitgenössischen Publikum für Aufruhr sorgte).

Während die Arien bei Scarlatti häufig nur von wenigen, aber sorgfältig ausgearbeiteten Instrumentalstimmen begleitet werden, bevorzugt Vinci das volle Streichorchester, das gelegentlich durch Oboen und Hörner verstärkt wird. Dabei ergibt sich eine klare Aufgabenteilung: Die tragende Melodie wird von den Violinen unisono gespielt, die übrigen Stimmen übernehmen die rhythmisch und harmonisch stützende Begleitung, die häufig eine rein mechanische Funktion hat. In Ritornellen finden sich Passagen ohne führende Melodien mit Arpeggios bewegt durch harmonische Fortschreitungen oder Crescendi auch kombiniert mit rasender Skala, Vorwegnahme der Mannheimer Rakete.[1] Meist dient der klangvolle, flächige Orchestersatz als „Teppich“ für die Singstimme. Dieser galt Vincis Hauptaugenmerk. Dabei gelang es ihm häufig, den Text sehr wirkungsvoll zum Klingen zu bringen, besonders wenn es sich um Libretti von Metastasio handelt, dessen Verse für diese Art Musik wie geschaffen sind. Vincis Melodien sind meist kantig und heiter, dabei anmutig, und bestehen aus einer Anhäufung relativ unabhängiger Fragmente.[2] Seine außergewöhnliche Begabung im Erfinden von Melodien, die den Kehlen der Sänger ebenso schmeicheln wie den Ohren des Publikums, ist wohl der Hauptgrund für Vincis großen Erfolg zu seinen Lebzeiten.


Würdigung


Vincis ebenso glänzender wie eleganter Stil wurde zum Vorbild für eine ganze Generation von Opernkomponisten, insbesondere für Johann Adolph Hasse, den bedeutendsten Vertreter der Gattung nach Vincis frühem Tod. Metastasios Dichtungen und Vincis Musik haben das Erscheinungsbild der Oper im 18. Jahrhundert entscheidend geprägt. Die für Vinci kennzeichnenden, abgerundeten und symmetrischen Melodiebildungen, die er als einer der ersten in die Opernarie einführte, beeinflussten auch die Instrumentalmusik und bereiteten den musikalischen Stil der Klassik vor. Das ist sicherlich kein geringes Verdienst. Eine gerechte Würdigung dieses Komponisten wird freilich erst möglich sein, wenn zumindest einige seiner Opern wieder auf die Bühne zurückkehren. Die „historische Aufführungspraxis“ hat hier noch manchen Schatz zu heben. Ein erster Schritt dahin war allerdings die von Presse und Publikum äußerst wohlwollend aufgenommene Produktion seiner letzten Oper Artaserse (Rom 1730) nach dem berühmten Libretto von Metastasio durch die Musikwerkstatt Wien im Februar 2007. Das Label Virgin Classics veröffentlichte 2012 ebendiese Oper schließlich auch als erste Gesamteinspielung eines Werkes von Vinci. In der Aufnahme werden die ursprünglich für Kastraten geschriebenen Partien von Countertenören bzw. männlichen Sopranen übernommen. 2022 führte das Festival „Bayreuth Baroque“ Alessandro nell’Indie ebenso nur mit Coutertenören szenisch auf.


Werke


Die folgenden Angaben basieren auf der Werkliste bei Grove Music Online[3] sowie den Datensätzen im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.

Opern

Von Vinci zusammengestellte Pasticci

Sonstige Bühnenwerke

Kantaten

Zweifelhafte Kantaten

Oratorien

Liturgische Werke

Zweifelhafte geistliche Werke

Instrumentalwerke


Literatur




Commons: Leonardo Vinci – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Robert B. Meikle: Vinci, Leonardo. In: Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Reprint in paperback ed. Macmillan Publishers Ltd., London 1995, ISBN 1-56159-174-2, B. 19, S. 785–787, hier 787.
  2. Robert B. Meikle: Vinci, Leonardo. In: Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Reprint in paperback ed. Macmillan Publishers Ltd., London 1995, ISBN 1-56159-174-2, B. 19, S. 785–787, hier 786.
  3. Kurt Markstrom: Vinci, Leonardo. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  4. Demofoonte (Leonardo Vinci) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna, abgerufen am 6. August 2020.
Personendaten
NAME Vinci, Leonardo
KURZBESCHREIBUNG italienischer Komponist des Barocks
GEBURTSDATUM um 1690
GEBURTSORT Strongoli
STERBEDATUM Mai 1730
STERBEORT Neapel

На других языках


- [de] Leonardo Vinci

[en] Leonardo Vinci

Leonardo Vinci (1690 – 27 May 1730) was an Italian composer known chiefly for his 40 or so operas; comparatively little of his work in other genres survives.[1] A central proponent of the Neapolitan School of opera,[2] his influence on subsequent opera composers such as Johann Adolph Hasse and Giovanni Battista Pergolesi was considerable.[3]

[es] Leonardo Vinci

Leonardo Vinci (1690 o 1696-27 de mayo de 1730) fue un compositor de música del barroco italiano, conocido sobre todo por sus óperas, miembro de la escuela napolitana.

[ru] Винчи, Леонардо

Леона́рдо Ви́нчи (итал. Leonardo Vinci, около 1690, Стронголи — 27 мая 1730, Неаполь)[1] — итальянский композитор эпохи барокко, видный представитель неаполитанской оперной школы.



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