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Raoul Armand Georg von Koczala Koczalski (Schreibung des Vornamens in Polen meist : Raul, Aussprache: [kɔˈt͡ʃalski], vereinfachte Transkription: [kotschálski]; * 3. Januar 1885 in Warschau; † 24. November 1948 in Posen; Pseudonym: Jerzy Armando und Georg Armand(o)) war ein polnischer Pianist und Komponist.

Raoul Koczalski
Raoul Koczalski
Der mit Orden ausgezeichnete Junge im Jahre 1894
Der mit Orden ausgezeichnete Junge im Jahre 1894
Raoul Koczalski im September 1901
Raoul Koczalski im September 1901
Raoul Koczalski während einer Aufnahme für Welte-Mignon, 1925
Raoul Koczalski während einer Aufnahme für Welte-Mignon, 1925

Leben


Koczalski wurde in Warschau, das damals zum russischen Zarenreich gehörte, geboren. Die musikbegeisterte Familie entstammt einem alten polnischen Adelsgeschlecht. Nach ersten Unterweisungen durch die Mutter wird das Kind Schüler von Julian Gadomski (Harmonielehre und Klavier), Ludwig Marek (Klavier), Henryk Jarecki (Komposition und Instrumentation) und dem Chopin-Schüler Karol Mikuli (Klavier und Komposition), der bis 1888 Künstlerischer Leiter am Konservatorium in Lemberg, (poln. Lwów, heute ukrainisch Lwiw) war. Der tägliche zweistündige Unterricht bei Mikuli erstreckt sich ab 1892 über vier Jahre in den Sommermonaten. Die Ausbildung des begabten Jungen geschieht nur auf privater Basis, er besucht kein Konservatorium. Das dreijährige Kind tritt zum ersten Mal am 15. März 1888 in Warschau im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung öffentlich auf und bereist dann als Wunderkind Europa. Der Junge wird mit Preisen und Ehrungen überhäuft. Der spanische König, der türkische Sultan und der persische Schah ernennen ihn zum Hofpianisten. Ab 1897 befindet sich der Sitz der Familie Koczalski in Bad Ems, von wo aus die Konzertreisen beginnen. Der Erlös der vom Vater organisierten Konzerte dient auch der Finanzierung des als üppig beschriebenen Lebenswandels der ganzen Familie, die das Kind auf seinen Reisen begleitet. 1897 findet das 1000. Konzert statt. Nach heutigen Maßstäben muss dies als Ausbeutung eines Kindes bezeichnet werden. Neben seiner Konzerttätigkeit komponiert Koczalski seit frühester Kindheit. In der Zeit vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat er seinen Wohnsitz zeitweise in Paris, plant aber, Berlin zum Mittelpunkt seiner Aktivitäten zu machen, ein Vorhaben, das er erst viel später (1934) verwirklicht.

Der Erste Weltkrieg unterbricht seine Konzerttätigkeit. Ende Juli 1914 kehrt er von einer Konzertreise aus St. Petersburg nach Deutschland zurück. Er wird vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überrascht, als russischer Staatsbürger verhaftet und mit seiner Familie im hessischen Bad Nauheim bis 1918 interniert. Er erhält Auftrittsverbot und widmet sich vor allem dem Komponieren. Die Konzerte nach dem Krieg bringen nicht die gleichen Erfolge wie früher. In seinen autobiographischen Betrachtungen schreibt Koczalski, dass harte Schicksalsschläge, besonders der Tod der geliebten Mutter, ihn zeitweise der Musik entfremdeten. Er gibt Klavierunterricht und arbeitet unter einem Pseudonym als Kritiker.

Nach Kriegsende 1918 lässt sich Koczalski in Wiesbaden nieder, 1926 zieht er ins oberitalienische Stresa am Lago Maggiore. Er komponiert, unterrichtet und gibt gelegentlich Konzerte. Die von ihm gegründete Musikschule geht in Konkurs.[1] Die Wintermonate verbringt er in Paris, wo er an der Sorbonne bis 1934 Vorlesungen über Musikwissenschaft und Philosophie besucht und Musikabende veranstaltet, bei denen er Vorträge mit Demonstrationen am Klavier hält.

Erst im Jahre 1934, nachdem er seinen Wohnsitz nach Berlin verlegt hat, setzt seine internationale Konzerttätigkeit in vollem Umfang wieder ein. Koczalski spielt zahlreiche Schallplatten (besonders für die Deutsche Grammophon Gesellschaft) ein. Er wird nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 14. September 1939 zu Goebbels, der Koczalski von seinen Konzerten persönlich kennt und schätzt, in die Reichskanzlei bestellt. Goebbels legt ihm heuchlerisch nahe, aus Sicherheitsgründen und wegen zu erwartender Demonstrationen gegen Konzerte eines polnischen Künstlers, öffentliche Auftritte einzustellen und Berlin nicht zu verlassen, was einer Internierung bis Kriegsende 1945 gleichkommt. Seine Bankkonten werden gesperrt, seine Schallplatten vom Markt genommen. Er gibt jedoch Hauskonzerte für Schüler und Freunde und erteilt Unterricht. Obwohl er sich regelmäßig bei der Polizei melden muss, scheint er im Unterschied zu seinen dem Naziterror ausgesetzten Landsleuten einen gewissen Schutz zu genießen. So wird er zum Beispiel zusammen mit dem Schauspieler Paul Hartmann als Rezitator am 16. März 1944 zu einem Auftritt vor Offizieren der Wehrmacht herangezogen.[2][3] Nach dem Krieg wird Koczalski in Polen der Kollaboration mit dem Naziregime verdächtigt. Die Beschuldigungen sind nach heutiger polnischer Auffassung unbegründet.[4]

Schon kurze Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, im Juni 1945, nimmt Koczalski unter zum Teil abenteuerlichen Umständen im zerbombten Berlin seine Konzerttätigkeit wieder auf. Er verlässt bald danach Deutschland und kehrt nach jahrzehntelanger Abwesenheit im Juli 1946 nach Polen zurück, was ihm von polnischen Gegnern als Opportunismus ausgelegt wird. Er lässt sich in Posen nieder und wird an der dortigen Staatlichen Musikhochschule, später auch (ab 1. September 1948)) in Warschau Professor für Klavier. Seinen Berliner Wohnsitz in der Koenigsallee 1 (heute: Halenseestraße 1) behält er bei.

Die letzte Lebenszeit ist überschattet von Krankheit. Er leidet an Diabetes und hat Bauchspeicheldrüsenkrebs. Obwohl sich Koczalski über seinen Zustand im Klaren ist, werden für 1948 und besonders für das Chopingedenkjahr 1949 zahlreiche Konzerte geplant. Kurz vor einem Auftritt im Rahmen eines Konzertes am 23. November 1948 in der Musikhochschule von Posen, wo er mit einer Schülerin u. a. Chopins Rondo in C-Dur für zwei Klaviere spielen soll, verliert Koczalski das Bewusstsein. Er erleidet einen Herzinfarkt und stirbt einen Tag später, am 24. November, im Krankenhaus.

Koczalskis letzte Ruhestätte liegt, nach einer im Jahre 1959 vom Friedhof Jężycki Posen erfolgten Umbettung, auf dem Cmentarz Zasłużonych Wielkopolan (Friedhof der verdienten Bewohner von Großpolen) in Posen.

Der Staatsrat der Volksrepublik Polen (Rada państwa Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej) unter Vorsitz des Präsidenten der Volksrepublik Polen, Bolesław Bierut, verleiht am 27. November 1948 dem „Bürger Prof. Koczalski Raul posthum das Kreuz eines Kommandeurs des Ordens der Wiedergeburt Polens“ (Polonia Restituta, Order Odrodzenia Polski).[5]

Teile des verstreuten Nachlasses von Koczalski befinden sich in der Bibliothek des Staatlichen Instituts für Musikforschung in Berlin[6] und in der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin.[7]


Wirken



Der Pianist


Koczalski wurde vor allem als Interpret der Werke von Frédéric Chopin berühmt. Sein Repertoire umfasste aber auch u. a. Werke von Bach, Mozart, Beethoven (sämtliche Klaviersonaten, die er als Zyklus spielte), Schubert, Schumann, Liszt, A. Rubinstein, Paderewski, Bartok, sowie eigene Kompositionen. Sein Spiel ist durch zahlreiche Aufnahmen – Klavierrollen, Schallplatten und Rundfunkaufnahmen – sehr gut dokumentiert.[8][9] Die Prinzipien seiner Chopin-Interpretationen hat Koczalski in Schriften dargelegt, die ursprünglich als Einführungen zu seinen Chopin-Abenden gedacht waren. Sie sind, was das Verständnis der Musik Chopins angeht, ebenso wichtig wie die Angaben Bronisław von Poźniaks, des anderen Repräsentanten der polnischen Chopin-Tradition der Lemberger Schule. Koczalskis für den Verlag Breitkopf & Härtel 1947 vertraglich geplante Ausgabe der Klavierwerke Chopins ist leider nie erschienen.[10] Die Aufnahmen, insbesondere die Schallplatten – und Rundfunkaufnahmen liegen heute auf CD vor, viele Aufnahmen, auch die auf Klavierrollen, sind online abrufbar.

Koczalskis Klavierspiel zeichnet sich durch große Leichtigkeit und Flüssigkeit aus. Daher auch seine Vorliebe für die wegen ihrer leichten Spielart und ihres warmen Klanges berühmten Flügel der Leipziger Firma Julius Blüthner, die sie ihm auf seinen Konzertreisen zur Verfügung stellte.[11] Leggiero und legato, von Chopin oft vorgeschrieben, manchmal sogar gleichzeitig, sind häufig angewandte Artikulationsarten bei einer eindeutigen Bevorzugung des unteren und mittleren Bereiches der Dynamikskala. Donnerndes Virtuosenspiel war nicht seine Sache. Selbst in den Etüden, die so oft als technische Bravourstücke missbraucht werden, stellt Koczalski den poetischen und klanglichen Zauber in den Vordergrund, ohne aber die notwendige Virtuosität vermissen zu lassen. Als Enkelschüler Chopins huldigt Koczalski, ebenso wie der polnische Meister, dem Ideal des Belcanto, dessen Verwirklichung ein wichtiges Merkmal der Spielweise Koczalskis war. Gute Beispiele hierfür sind seine Einspielungen der Nocturnes oder der Berceuse op. 57, deren Figurenwerk zum mechanisch-technischen Spiel verleitet, aber von Koczalski gewissermaßen entmaterialisiert wird. Auch hier erinnert die schwebende Leichtigkeit an Chopins Arbeitsanweisung, die er seinen Schülern im Unterricht gab: „facilement“. Im Vergleich mit großen heutigen Chopinspielern fallen jedoch Manierismen und technische Flüchtigkeiten, genau wie bei seinem großen, von ihm geschätzten, westlichen Antipoden Alfred Cortot auf, die manchmal bezweifeln lassen, ob diese beiden bekannten Vertreter der älteren Generation der Chopinspieler, tatsächlich, wie oft behauptet wird, den authentischen Chopin spielten. In seinen Schriften jedoch tritt Koczalski für ein ruhiges, schlichtes und bescheidenes Spiel ohne „Virtuosenmätzchen“, ohne „krankhafte Sentimentalität in Behandlung der Kantilene“[12] ein. Er wendet sich in der Behandlung des Rhythmus und der Agogik, trotz mancher Freiheiten, deren Notwendigkeit er einräumt, gegen alle Übertreibungen. Die auch manchmal in Koczalskis Aufnahmen zu hörenden Eigenheiten, die wir heute als Manierismen empfinden, z. B. das Anschlagen der linken Hand vor der rechten, das Arpeggieren von Akkorden, übermäßiges Rubato, Temposchwankungen usw., waren allerdings Teil des Interpretationsstils der meisten Pianisten der älteren Generation, der seine Wurzeln im 19. Jahrhundert (teilweise noch früher) hat, als die Instrumentalisten noch die Kunst der Improvisation beherrschten: Über einer Begleitung der linken Hand entfaltet sich, frei gestaltet, eine Melodie, die nicht immer synchron mit der Begleitung abläuft. Diese Praxis ist also musikalisch begründet und nicht immer eine Nachlässigkeit des Interpreten. In Jazzaufnahmen, z. B. bei Louis Armstrong, aber auch bei Chansons, z. B. In der Darstellung von Marlene Dietrich kann diese Praxis beobachtet werden.

Koczalskis Spiel hat unterschiedliche Beurteilungen erfahren. Die meisten waren positiv.[13] Es hat aber auch an Kritik nicht gefehlt. Schon als Wunderkind bekam Koczalski von den Musikkritikern seiner Heimatstadt Warschau eine ablehnende Haltung zu spüren, was den sonst mit Lob überschütteten jungen Pianisten besonders kränkte. Auch die Warschauer Kritiken der Konzerte des erwachsenen Pianisten waren immer wesentlich reservierter als die enthusiastischen Rezensionen im Ausland, besonders in Deutschland. Eigenheiten seines Spiels, die man in Polen als altmodisch kritisierte, wurden in Deutschland gelobt. Aber nicht von allen. Bekannt ist Claudio Arraus Urteil: „In Deutschland wurde ein Mann namens Koczalski abgöttisch verehrt. Er spielte ausschließlich Chopin. Es war miserabel.“[14] Auch Arthur Rubinsteins Urteil in seinen Memoiren ist negativ, wenngleich für die offensichtliche Bösartigkeit seiner Kritik mehr subjektive Gründe eine Rolle gespielt haben dürften.[15] Die große Wertschätzung, die Koczalski im Ausland erfuhr war, auch wirtschaftlich gesehen, der Grund dafür, dass er seiner Heimat Polen so lange ferngeblieben ist. Er äußerte einmal, dass er in einem Konzert in Warschau knapp 300 Zuhörer hätte, während in Hamburg ein Saal, der 3000 fasse, kaum ausreiche.

In Polen genießt Koczalski, der die meiste Zeit seines Lebens in Frankreich, Italien, Schweden, besonders in Deutschland (Bad Ems, Bad Nauheim, Wiesbaden, Leipzig und Berlin) verbrachte, heute einen legendären Ruf als großer Chopinspieler, der nach polnischer Auffassung die Tradition des „authentischen Chopinspiels“, das er bei seinem Lehrer Mikuli kennenlernte, weiterführte. Die Möglichkeit, eine Vielzahl der heute zur Verfügung stehenden Aufnahmen verschiedenster Pianisten zu vergleichen, führt zu einer etwas objektiveren und auch manchmal ernüchternderen Beurteilung. Aber dies gilt insgesamt für viele Vertreter der älteren Pianistengeneration, die im 19. Jahrhundert geboren wurden und deren Interpretationsstil sich spätestens in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts mit der sachlicheren, dem Urtext der Komponisten verhafteten Spielweise einer jüngeren Generation konfrontiert sah. Schon bald nach seinem Tod war Koczalskis Name, wie seine Frau Elsa 1952 in einem Brief[16] bedauernd feststellt, "schon zu sehr...in Vergessenheit geraten".

Die Wertschätzung älterer Pianisten, die in der zunehmenden Digitalisierung ihrer historischen Aufnahmen zum Ausdruck kommt, hat auch die Einspielungen von Raoul Koczalski, die fast vollständig zugänglich sind, erreicht. Offensichtlich schätzt man an ihnen Qualitäten, die moderne Aufnahmen, besonders des Chopinschen Klavierwerkes, nicht selten vermissen lassen. Dazu gehören improvisatorische Freiheiten, poetisches Einfühlen in das Werk des Komponisten, Ausloten des emotionalen Gehaltes der Kompositionen, all dies Elemente, die sich in Koczalskis Spiel ausdrücken und die heute manchmal den allzu sehr auf technische Makellosigkeit ausgerichteten Interpretationen fehlen.

Koczalski hatte viele Schüler. Aus seiner Berliner Zeit sind vor allem Franzpeter Goebels und Monique de la Bruchollerie zu nennen.


Der Komponist und Schriftsteller


Als Komponist schuf Koczalski zahlreiche Werke für Klavier solo, Instrumentalkonzerte für verschiedene Soloinstrumente mit Orchester, Werke für Orchester, musikdramatische Werke für die Bühne, Kammermusik in verschiedenen Besetzungen, sowie viele Lieder mit Klavierbegleitung. Die meisten Kompositionen sind im Ausland (Deutschland, Russland, Frankreich) erschienen. Die Kompositionen Koczalskis sind heute weitgehend vergessen. Stilistisch sind sie der Spätromantik zuzuordnen. Die großen Umwälzungen auf dem Gebiet der zeitgenössischen Musik (Atonalität, Zwölftonmusik), die während der Schaffensperiode Koczalskis stattgefunden haben, blieben ohne Einfluss auf seinen Stil. In seinem Chopinbuch von 1936 bezieht er eindeutig Stellung gegen die zeitgenössische Musik. Er hält die Experimente der letzten 25 Jahre, die auf „zerebraler, mathematischer Basis neue Bahnen suchten“, für gescheitert und bezeichnet die Repräsentanten der modernen Musik, die er „Experimentatoren, Modernisten, Tüftler, Umstürzler“ nennt, als „traurige Gespenster einer noch traurigeren Zeit“.[17] Damit stimmte er mit der Kunstauffassung der in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts herrschenden politischen Klasse überein.

Koczalskis Ausführungen über den Charakter und die Interpretation der Musik Chopins behalten ihre Gültigkeit, wenngleich der Interpretationsstil vieler moderner Pianisten nicht mehr dem entspricht, was die Tradition der großen Chopin-Spieler der Vergangenheit ausmacht. Die Kenntnis von Koczalskis geplanter Ausgabe der Klavierwerke Chopins wäre für die Aufführungspraxis des Chopinschen Klavierwerkes sehr wichtig gewesen.


Der Reformer


Koczalski, der sowohl als Pianist wie als Komponist mehr der Vergangenheit zugewandt war, hat dennoch Anregungen gemacht, die erst in jüngerer Zeit aufgegriffen wurden und allmählich umgesetzt werden. Die erste betrifft die Berufskleidung des konzertierenden Künstlers. In seinen Betrachtungen eines „lebenslänglichen“ Künstlers kommt er zu dem Schluss, dass der Frack bei feierlichen Anlässen durchaus seine Berechtigung haben kann, dass er aber für einen konzertierenden Musiker bei der Ausübung seines Berufes (Koczalski war nicht sehr groß und recht beleibt) ein unpraktisches, weil unbequemes Kleidungsstück sei und durch eine leichtere, fließendere 'Gewandung' ersetzt werden sollte. Die derzeitige Konzertpraxis scheint ihm Recht zu geben.

Koczalski befürwortet auch die Abdunklung des Saales während eines Konzertes, ähnlich wie bei Theater- und Opernaufführungen. Eine Lampe am Flügel reiche zur Beleuchtung aus. So würde die Konzentration auf die dargebotene Musik erhöht werden.

Eine weitere Anregung betrifft das Auswendigspiel. Viele Ängste der konzertierenden Künstler könnten abgebaut werden, wenn sie beim Spiel die Noten vor sich hätten. Gerade bei Indisponiertheit sei dies eine wesentliche Hilfe und käme der Konzentration auf das Spiel entgegen. Geradezu unerlässlich für ein harmonisches Zusammenwirken sei es, dass bei Kompositionen für Klavier und Orchester sowohl Solist als auch Dirigent die Noten vor Augen hätten. Koczalski selbst spielte z. B. bei seinem letzten Zyklus der Beethovensonaten in Posen 1947 aus den Noten.

Koczalski wollte zudem Autogrammjäger zur Kasse bitten. Die Reichsmusikkammer sollte im Künstlerzimmer für die Betreffenden eine Sammelbüchse aufstellen. Mit dem Erlös hätten dann erholungsbedürftige Künstler unterstützt werden können.

Koczalski hat schon früh in seiner Laufbahn den Drang verspürt, seinen Zuhörern die zur Aufführung kommenden Werke in Einführungen zu erläutern. Er ist damit einer der Vorläufer der heutigen Form des Gesprächskonzerts, wie sie z. B. Jürgen Uhde und Franzpeter Goebels gepflegt haben.


Werke (Auswahl)


Kompositionen

Quelle:[18]

Schriften

Diskographie (Auswahl)


Das vollständige Verzeichnis ist bei Stanisław Dybowski abgedruckt:[19]


Aufnahmen auf Klavierrollen


Welte, Freiburg i. Br. (Welte-Mignon)

Quelle:[20]

Hupfeld, Leipzig (Phonola/Triphonola)
Pleyel, Paris (Pleyela)

Quelle:[21]


Aufnahmen auf Schallplatten


Koczalskis zahlreiche Plattenaufnahmen sind in den angegebenen Quellen[22][23] dokumentiert und können auch online recherchiert werden.[24] Sie sind außerdem in den booklets der CD-Überspielungen verzeichnet.

Polydor

(Akustische Aufnahmen 1924-1925)

Frédéric Chopin

Johann Sebastian Bach

Franz Schubert/Franz Liszt

Franz Liszt

Robert Schumann

Raoul Koczalski

Polydor

(Elektrische Aufnahmen um 1928)

Frédéric Chopin

Franz Schubert/Franz Liszt

Ignacy Jan Paderewski

Homocord / Odeon

(Aufnahme Mailand, ca. September 1930)

Johann Sebastian Bach

Wolfgang Amadeus Mozart

Frédéric Chopin

Electrola / His Master’s Voice

(Aufnahme Berlin, 17. März 1937)

Frédéric Chopin

Deutsche Grammophon / Polydor

(Aufnahmen 1938-1939)

Frédéric Chopin

Mewa, Posen

Frédéric Chopin


Überspielungen von Schallplatten und Rundfunkaufnahmen auf CD



Literatur



Anmerkungen


  1. Die daraus resultierenden finanziellen Probleme machen Koczalski bis in die Zeit kurz vor seinem Tod zu schaffen. Es ist gut möglich, dass die Rückkehr nach Polen am Ende der Nazidiktatur, unter der er zu leiden hatte, und der Antritt einer Professur an der Musikhochschule in Posen trotz einer weiteren Diktatur, dieses Mal des kommunistischen Regimes, mit dem Wunsch nach finanzieller Absicherung zusammenhängt.
  2. Heinrich Burk: Dies ist meine Stadt. Bad Nauheimer Geschichten aus hundert Jahren. Verlag der Buchhandlung am Park, Nauheim 1995. S. 76–82.
  3. Koczalski spielte in diesem Konzert Ludwig van Beethovens Klaviersonate cis-Moll op. 27/2, die sogenannte Mondscheinsonate und Klavierstücke von Frédéric Chopin. Paul Hartmann rezitierte aus Goethes Faust. Es ist nicht bekannt, ob die Auswahl der Klavierstücke von Koczalski stammte oder von höherer Stelle vorgeschrieben war. Die anwesenden Offiziere waren im letzten Kriegsjahr für einen Sondereinsatz nach Berlin bestellt worden. Die kulturelle Veranstaltung sollte der Erbauung vor dem Sondereinsatz dienen, aber man wusste, dass „Mondscheinsonate“ der Codename für die verheerende Bombardierung der englischen Stadt Coventry in der Nacht vom 14. auf den 15. November 1940 war.
  4. Es besteht in der polnischen Literatur die Tendenz, Koczalski als Verfolgten der Nationalsozialisten, der im Untergrund weiterhin die polnische Musik pflegte, darzustellen. Diese Sicht bedarf der Korrektur. Man darf davon ausgehen, dass die privaten Aktivitäten Koczalskis den Behörden bekannt waren und geduldet wurden. Es gibt außerdem Annoncen im Führer durch die Konzertsäle Berlins, in denen Koczalski 1942 öffentlich für seinen Klavier- und Theorieunterricht wirbt. Der Aufstieg Koczalskis nach 1934, besonders in Berlin, kann mit seinen erzkonservativen Ansichten zur modernen Musik, die mit denen der Nazis übereinstimmten, zusammenhängen. Die Vertreibung der jüdischen Musiker aus Berlin (Entlassung, Emigration, Deportierung) sowie die „Entjudung“ der Reichsmusikkammer, waren ihm bekannt. Dies gilt auch für die sogenannte Polenaktion 1938. Er war im Bestreben der Nationalsozialisten, Polen auf ihre Seite zu ziehen, ein geschätzter Repräsentant der polnischen Kultur. Goebbels schreibt in seinem Tagebuch (Bd. I/4, S. 109) unter dem 24. April 1937: „Klavierkonzer[t] Koczalski. Er spielt herrlich Schumann und Chopin. Ein reiner Genuß. In der K.d.d.K (= Kameradschaft der deutschen Künstler. Anm. des Autors) noch deutsch-polnischer Abend.“ Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges konnte die bestialische Behandlung der polnischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter als „slawische Untermenschen“ Koczalski nicht verborgen geblieben sein. Es sind keine öffentlichen Aussagen Koczalskis zugunsten seiner Landsleute bekannt.
  5. Doc. Orig. Koczalski 65–71. Doc. 69 im Staatlichen Institut für Musikforschung Berlin.
  6. Signatur SM 08.
  7. Bezeichnung: N.Mus.Nachlass 139 (Nachlass Koczalski).
  8. Rollen hauptsächlich für Welte-Mignon, Pleyela, Triphonola, Schallplatten für u. a. Homochord, Polydor, Odeon, Electrola, Mewa.
  9. Viele Aufnahmen wurden in youtube eingestellt.
  10. Sie war angekündigt unter den Editionsnummern ED 5811–5822. Nach Auskunft des Verlages ist das Archiv in Leipzig im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, sodass auch die Vorgeschichte der Chopinausgabe ungeklärt bleibt.
  11. Schallplattenaufnahmen wurden auch auf dem Steinway – Flügel gemacht.
  12. Raoul Koczalski: Frédéric Chopin. Betrachtungen. Skizzen. Analysen. Tischer, Köln 1936. S. 12.
  13. James Methuen-Campbell: Chopin playing. From the composer to the present day. Gollancz, London 1981.
  14. Claudio Arrau: Leben mit der Musik. Aufgezeichnet von Joseph Horowitz. Piper, München/Zürich 1987. S. 181.
  15. „An ex-child prodigy who was covered with medals when he was six, some of them hanging on his little bottom; he lived in Germany and developed into a very bad pianist.“
    „Ein ehemaliges Wunderkind, das im Alter von sechs Jahren mit Medaillen bedeckt war, von denen einige bis auf seinen kleinen Hintern hingen, er lebte in Deutschland und entwickelte sich zu einem sehr schlechten Pianisten.“
    ArthurRubinstein: My many years. Jonathan Cape, London 1980, S. 439
  16. Brief vom 3. März 1953 an Franz Herzfeld. Nachlass Koczalski Staatsbibliothek zu Berlin.
  17. Raoul Koczalski: Frédéric Chopin: Betrachtungen, Skizzen, Analysen. Tischer & Jagenberg, Köln 1936, S. 4.
  18. Diese Liste wurde erstellt nach dem Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin und nach Stanisław Dybowski: Wykaz kompozycji Raula Koczalskiego, in: Teresa Brodniewicz u. a.: Raul Koczalski. Akademia Muzyczna im. I. J. Paderewskiego w Poznaniu, Poznań 2001.
  19. Vollständiges Verzeichnis: Stanisław Dybowski: Wykaz nagrań Raula Koczalskiego. In: Teresa Brodniewicz u. a.: Raul Koczalski. (Serie: Biografie). Akademia Muzyczna im. I. J. Paderewskiego w Poznaniu, Poznań 2001. S. 85–93. Enthält auch ein Verzeichnis der auf CD erschienenen Werke Koczalskis (Dyskografia utworów Raula Koczalskiego S. 92–93).
  20. Gerhard Dangel und Hans-W. Schmitz: Welte-Mignon Klavierrollen. Welte-Mignon Piano Rolls. Selbstverlag, Stuttgart 2006. S. 464.
  21. Albert M. Petrak (Ed.): Pleyela Piano Roll Catalog. The Reproducing Piano Roll Foundation. Mac Mike 1998.
  22. Armand Panigel (Hrsg.): L'œuvre de Frédéric Chopin. Discographie générale. Édition de la Revue Disques, Paris 1949. S. 250.
  23. Francis F. Clough/ G. J. Cuming: The World's Encyclopaedia of recorded music (=WERM). Greenwood Press, Westport 1970. (Reprint).
  24. Biblioteca Narodowa Warszawa. Zakład zbiorów dźwiękowych i audiowizualnych. Historical recordings:
    Raul Koczalski. Zugang unter: http://www.bn.org.pl/chopin/index.php/pl/pianists/dysk/14


Personendaten
NAME Koczalski, Raoul
ALTERNATIVNAMEN Koczalski, Armand Georg Raoul von; Koczalski, Rauul; Koczalski, Raoul de; Koczalski, Raul; Amando, Jerzy (Pseudonym)
KURZBESCHREIBUNG polnischer Pianist und Komponist
GEBURTSDATUM 3. Januar 1885
GEBURTSORT Warschau
STERBEDATUM 24. November 1948
STERBEORT Posen

На других языках


- [de] Raoul Koczalski

[en] Raoul Koczalski

Raoul Armand Jerzy (von) Koczalski (3 January 1884 – 24 November 1948) was a Polish pianist and composer. He also used the pseudonym Georg Armand(o) Koczalski.[1]



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