Willy Schmidt-Gentner, geborener Wilhelm Schmidt, (* 6. April 1894 in Neustadt am Rennsteig; † 12. Februar 1964 in Wien) war einer der erfolgreichsten deutschen Filmkomponisten. In seinen produktivsten Zeiten vertonte der 1933 nach Wien übergesiedelte Komponist bis zu zehn Filme jährlich – darunter zahlreiche Klassiker und Meisterwerke der deutschsprachigen Filmgeschichte. (Den Familiennamen seiner ersten Ehefrau Katharina „Käthe“ Gentner führte er seit 1928 als Zusatz).[1][2]
Gedenktafel für den Filmkomponisten Schmidt-Genter in seinem Geburtsort Neustadt am Rennsteig
Leben und Wirken
Während seiner Kindheit machte er einige Erfahrungen im Geigenspiel und nahm Unterricht in Kompositionslehre bei Max Reger. Nach dem Ersten Weltkrieg war Schmidt-Gentner als Beamter zur Überwachung der Steuerehrlichkeit von Kinobesitzern tätig. Über einen Klienten kam er hierbei zu einer Anstellung als Kapellmeister bei Kinovorführungen. Sein Interesse am Film wurde dadurch gesteigert, und so verfasste er bereits 1922 seine erste Komposition zur Begleitung eines Stummfilms. Seine Stücke führte er teils persönlich bei den Kinovorstellungen am Klavier auf. Bereits zu dieser Zeit war er für die Vertonung mehrerer deutscher Filmklassiker verantwortlich. Etwa für Alraune (1928), Die weiße Hölle vom Piz Palü (1929) und Hokuspokus (1930)
Mit Anbruch der Tonfilmära wurde er rasch einer der gefragtesten Filmkomponisten Deutschlands, so dass er zeitweise bis zu zehn Filme jährlich vertonte. Hierbei bevorzugte er leichtgewichtige Komödien und heitere, musikalische Romanzen – hin und wieder aber auch dramatische Stoffe mit politischem Hintergrund, etwa den nationalsozialistischen Propagandafilm Wien 1910 (1943) oder den Geschichtsfilm Spionage (1955) über den k. u. k.-Spion Oberst Redl.
Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten trat er im Mai 1933 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 3.083.719),[3] wurde aber 1934 gestrichen.[4] 1933 übersiedelte er nach Wien, wo er für die Mondial Film seine einzigen beiden Male Regie führte: Die Pompadour (1935) und Der Weg des Herzens (1936). Für die Sascha-Film komponierte er die Musik zu den Höhepunkten des Wiener Films, unter anderem Maskerade (1934) und Hohe Schule (1934). Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland wurde er zum „Hauskomponisten“ für die aus der Sascha-Film hervorgegangene, nun nationalsozialistische Wien-Film, für die er sowohl die Komödien als auch einige der wenigen einschlägigen Propagandafilme wie Heimkehr (1941), Wien 1910 (1942) oder auch Das Herz muß schweigen (1944) vertonte. Von Wiens damaligen Top-Regisseuren Willi Forst und Gustav Ucicky, mit denen er bereits aus früheren Werken bekannt war, wurde er aber auch wiederholt für die Vertonung ihrer gehobenen Inszenierungen – etwa Der Postmeister (1940), Operette (1940), Wiener Blut (1942) und Wiener Mädeln (1944/1945) – beauftragt. Schmidt-Gentner stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[5]
Nach Kriegsende blieb Schmidt-Gentner Wien treu und komponierte weiterhin erfolgreich die Musiken für zahlreiche vorwiegend Heimat- und Musikfilme, bis er sich 1955 ins Privatleben zurückzog. Insgesamt komponierte Willy Schmidt-Gentner für rund 200 Spielfilme.
Seine letzte Ruhestätte befindet sich am Hietzinger Friedhof in Wien – Gr. 16/Nr. 121
Filmografie (Auswahl)
Stummfilme
1922: Nathan der Weise
1923: Zwischen Abend und Morgen
1923: Die Macht der Finsternis
1924: Thamar, das Kind der Berge
1924: Carlos und Elisabeth
1924: Auf Befehl der Pompadour
1924: Komödianten
1924: Die Stimme des Herzens
1924: Lebende Buddhas
1925: Das Abenteuer der Sybille Brant
1925: Die vertauschte Braut
1925: Die drei Portiermädel
1925: Die rote Maus
1926: Die Mühle von Sanssouci
1926: Fiaker Nr. 13
1926: Staatsanwalt Jordan
1926: Dagfin
1926: In Treue stark
1926: Die drei Mannequins
1926: Man spielt nicht mit der Liebe
1926: An der schönen blauen Donau
1926: Die lachende Grille
1926: Der Student von Prag
1926: Liebe
1927: Die Frau ohne Namen
1927: Die Tragödie eines Verlorenen
1927: Der Meister der Welt
1927: Prinz Louis Ferdinand
1927: Fürst oder Clown
1927: Die indiskrete Frau
1927: Mata Hari
1927: Die Weber
1927: Pique Dame
1927: Im Luxuszug
1927: Die Hose
1927: Die weiße Spinne
1927: Der Geisterzug
1927: Das tanzende Wien
1927: Orientexpress
1927: Alraune
1928: Sechs Mädchen suchen Nachtquartier
1928: Charlott etwas verrückt
1928: Heimkehr
1928: Asphalt
1928: Ihr dunkler Punkt
1928: Casanovas Erbe
1928: Frauenarzt Dr. Schäfer
1928: Ungarische Rhapsodie
1928: Quartier Latin
1928: Geheimnisse des Orients
1929: Frau im Mond
1929: Die Schmugglerbraut von Mallorca
1929: Der Bund der Drei
1929: Die weiße Hölle vom Piz Palü
1929: Napoleon auf St. Helena
1929: Manolescu
1929: Männer ohne Beruf
1929: Der Sträfling aus Stambul
1929: Wenn Du einmal Dein Herz verschenkst
1929: Ich lebe für Dich
1930: Die heiligen drei Brunnen
Tonfilme
1930: Cyankali
1930: Rosenmontag
1930: Hokuspokus
1930: Dolly macht Karriere
1930: Liebling der Götter
1930: Das Flötenkonzert von Sans-souci
1931: … und das ist die Hauptsache!?
1932: Zwei in einem Auto
1932: Marschall Vorwärts
1932: Tannenberg
1933: Leise flehen meine Lieder
1934: Maskerade
1934: G'schichten aus dem Wienerwald (Regie: Georg Jacoby)
1934: Hohe Schule
1934: Frasquita
1934: The Unfinished Symphony
1935: Episode
1935: ... nur ein Komödiant
1936: Der Weg des Herzens (Prater)
1937: Premiere
1939: Aufruhr in Damaskus
1939: Hotel Sacher
1939: Mutterliebe
1940: Der Postmeister
1940: Der liebe Augustin (Regie: E. W. Emo)
1940: Operette
1940: Krambambuli
1941: Heimkehr
1941: Dreimal Hochzeit
1941: Brüderlein fein
1942: Wien 1910
1942: Wiener Blut
1942: Späte Liebe
1943: Schrammeln
1944: Das Herz muß schweigen
1945: Wiener Mädeln (UA: 1949)
1946: Praterbuben
1947: Die Welt dreht sich verkehrt
1947: Erde
1947: Wintermelodie
1947: Singende Engel
1948: Alles Lüge
1948: Der Engel mit der Posaune
1948: Zyankali
1948: Die Frau am Weg
1948: Fregola
1949: Hexen
1949: Um eine Nasenlänge
1950: Prämien auf den Tod
1950: Schuß durchs Fenster
1950: Cordula
1950: Der Seelenbräu
1951: Der Verlorene
1951: Wien tanzt
1951: Wenn die Abendglocken läuten
1952: Am Brunnen vor dem Tore
1952: Der fröhliche Weinberg
1952: Mein Herz darfst Du nicht fragen
1953: Von Liebe reden wir später
1953: Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik spielt
1953: Die Rose von Stambul
1954: Dieses Lied bleibt bei dir
1954: Emil und die Detektive
1954: Rummelplatz der Liebe
1954: Der treue Husar
1954: Weg in die Vergangenheit
1954: Das Licht der Liebe
1955: Spionage
1955: Heimatland
1955: Kronprinz Rudolfs letzte Liebe
Literatur
Stefanie Job: Die vernachlässigte Muse. Romanbiographie des Filmmusikers und UFA-Generalmusikdirektors Willy Schmidt-Gentner. Frieling, Berlin 1995, ISBN 3-89009-804-5.
Stefan Schmidl, "'... vom Deutschen Reich bewußt zu distanzieren.' Filmmusik in Österreich 1933 bis 1938”, in: Ivana Rentsch, Arne Stollberg (Hg.), Ton-Spuren aus der Alten Welt. Europäische Filmmusik bis 1945. Edition Text und Kritik, München, S. 285–294.
Stefan Schmidl, Timur Sijaric: "Subversive Obedience. The Film Music of Willi Forst´s Viennese Trilogy”, in: Studia Musicologica Labacensia 5 (2021), S. 127–143.
Stefan Schmidl, Timur Sijaric (Hg.), Willy Schmidt-Gentner: DER POSTMEISTER (Filmmusik in historisch-kritischen Editionen, hg. von S. Schmidl. Band 02). Wien: Verlag Filmarchiv Austria 2021.
Rennsteigverein, Chronik (Mementodes Originals vom 31. März 2017 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.neustadt-rennsteig.org, abgerufen 30. März 2017; die biographischen Angaben sind dort beim Jahr 2014 genannt.
Stefanie Job: Die vernachlässigte Muse. Romanbiographie des Filmmusikers und UFA-Generalmusikdirektors Willy Schmidt-Gentner, S. 43
Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-Rom-Lexikon. s. n., Kiel 2004, S. 6.231
Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 530.
Schmidt-Gentner, Willy. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten: Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Kiel: Arndt, 2020 ISBN 978-3-88741-290-6, S. 457
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