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Ludwig Nohl (* 5. Dezember 1831 in Iserlohn; † 15. Dezember 1885 in Heidelberg) war ein deutscher Musikwissenschaftler und Musikschriftsteller.

Ludwig Nohl
Ludwig Nohl

Leben


Nach dem Besuch des Gymnasiums in Duisburg studierte Nohl zunächst Jura an den Universitäten in Bonn, Heidelberg und Berlin, wo er daneben Musikunterricht bei Siegfried Dehn und Friedrich Kiel nahm. Während seines Studiums wurde er 1851 Mitglied der Burschenschaft Alemannia Bonn. 1853 bis 1856 war er Referendar, unternahm anschließend Reisen nach Frankreich und Italien und wurde dann Musiklehrer in Heidelberg. 1860 habilitierte er sich mit einer Arbeit über Mozart und wurde Privatdozent für „Geschichte und Ästhetik der Tonkunst“.

1864 übersiedelte Nohl nach München, suchte die Bekanntschaft von Richard Wagner – für dessen Werke er sich schriftstellerisch einsetzte – und wurde 1865 für eine Sammlung von Mozart-Briefen von König Ludwig II. mit dem Titel eines Professors an der Universität München geehrt. Nach Heinrich Carl Breidenstein in Bonn (1826) und Adolf Bernhard Marx in Berlin (1830) war die für Nohl 1865 in München geschaffene außerordentliche Professur die dritte ihrer Art überhaupt und hat daher für die Geschichte der Musikwissenschaft als universitärer Disziplin eine große Bedeutung. 1868 gab er die Stelle auf, um als freier Autor in Badenweiler zu leben. 1872 nahm er seine Lehrtätigkeit an der Universität Heidelberg wieder auf und unterrichtete dort bis zu seinem Tode Geschichte und Ästhetik der Musik. Parallel dazu wurde er 1875 Dozent am Polytechnikum in Karlsruhe und dort 1880 zum Professor ernannt. (Aus der Einrichtung ging später das Karlsruher Institut für Technologie hervor.)

1865 entdeckte er bei der „Industrielehrerin“ Babeth Bredl in München das heute verschollene Autograph von Beethovens Albumblatt „Für Elise“, das er 1867 in seinem Buch Neue Briefe Beethovens erstmals veröffentlichte.

Friedrich Nietzsche ist im Frühsommer 1888 in einer Hotelbibliothek auf Nohls Wagner-Biographie gestoßen, in der er auch selbst als Wagner-Anhänger vorkam. 1888 war Nietzsche freilich schon zum erbitterten Wagner-Feind geworden, so dass er Nohls Elaborat nur verspotten konnte.[1] Dies hinderte ihn freilich nicht daran, Nohls Buch für seine eigene Polemik gegen Wagner auszubeuten. So benutzte er es in Der Fall Wagner.[2]

Nohl war einer der meistgelesenen Musikschriftsteller seiner Zeit, da seine Musiker-Biographien in Reclams Universal-Bibliothek in hohen Auflagen publiziert wurden. Seine Bedeutung für die Gegenwart ist durch die teils einseitige, teils unwissenschaftliche Betrachtung der Musikgeschichte getrübt: „Nohl ist vor allem als Beethoven- und Mozartforscher in die Musikgeschichte eingegangen. Besonders die Brief- und Dokumenten-Ausgaben, aber auch die Biographien enthalten zum Teil wertvolles, jedoch unkritisch dargebotenes Material. Die Musikerbriefe sind bis in die Gegenwart hinein eine vielzitierte, jedoch überschätzte (wissenschaftlich nicht immer zuverlässige) Quelle geblieben. Einseitigem Wagnerianertum entsprang Nohls falsche Beurteilung der musikdramatischen Entwicklung vor Wagner (Gluck und Richard Wagner (1870), u. a.). Zahlreiche Übersetzungen (nicht immer der gehaltvollsten Werke) haben seinen Namen auch im Ausland bekanntgemacht“ (Richard Schaal, 1961).[3]

Robert Eitner charakterisiert Nohls unkritische Verfallenheit an Wagner mit den Worten: „Er hatte sich durch diese Schriften und unzählige Zeitungsartikel in Fach-, Unterhaltungs- und politischen Blättern schließlich in eine wahre Berserkerwuth gegen Alles, was nicht von Wagner und Liszt herrührte, geschrieben. Jedes Thema, jeder ältere Meister, mußte nur zum Piedestal dienen, auf welches er Wagner und Liszt erhob. Er verstieg sich bis zur tollsten Verachtung alles dessen, was vor und neben Wagner componirt worden ist. Seine Verblendung ging so weit, daß er das ganze deutsche Volk schmähte und jede Gelegenheit benutzte, es verächtlich hinzustellen, nur unter dem Eindrucke, daß es Wagner und Liszt nicht hinreichend vergötterte, die er als die Einzigen erkannt wissen wollte, die zur Errettung der Kunst und der Menschheit überhaupt erstanden wären. […] Oder am andern Ort: ‚Es ist das Musikgebahren Meyerbeer’s durchweg die Art des Affen, der uns die natürlichen Bewegungen des äußeren und inneren Menschen in einer das tiefe Gefühl verletzenden Entstellung zeigt. Es ist ein erschreckendes Bild innerer Armuth‘. N. selbst bietet uns in allen diesen Dingen ein erschreckendes Bild von Absurdität. Seine Urtheile sind so gut auf der einen wie auf der anderen Seite geschraubt und lächerlich, so wenn er über die Elsa im Lohengrin sagt: ‚sie ist das Weib der Zukunft, von der wir alle die Erlösung zu erhoffen haben‘. Obwohl die Kritik unbarmherzig über N. Gericht hielt, ließ er sich doch in seinem Gebahren nicht steuern; sie schwieg ihn schließlich todt.“[4]

Ein Teil des Nachlasses von Nohl liegt im Stadtarchiv Iserlohn.


Bücher



Aufsätze



Einzelnachweise


  1. Andreas Urs Sommer: Kommentar zu Nietzsches „Der Antichrist“. „Ecce homo“. „Dionysos-Dithyramben“. „Nietzsche contra Wagner“ = Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken, hg. von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Bd. 6/2. Berlin / Boston: Walter de Gruyter 2013, S. 515–516
  2. Vgl. Andreas Urs Sommer: Kommentar zu Nietzsches „Der Fall Wagner“. „Götzen-Dämmerung“ (= Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken. Bd. 6/1). De Gruyter, Berlin/Boston 2012, S. 245 f., 480 f.
  3. Richard Schaal: Nohl, Karl Friedrich Ludwig, in: Musik in Geschichte und Gegenwart, 1. Ausgabe, Bd. 9, 1961, Sp. 1551–1552
  4. Nohl, Ludwig. In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 23, 1886, S. 756–757

Literatur




Wikisource: Ludwig Nohl – Quellen und Volltexte
Commons: Ludwig Nohl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Personendaten
NAME Nohl, Ludwig
KURZBESCHREIBUNG deutscher Musikwissenschaftler
GEBURTSDATUM 5. Dezember 1831
GEBURTSORT Iserlohn
STERBEDATUM 15. Dezember 1885
STERBEORT Heidelberg

На других языках


- [de] Ludwig Nohl

[en] Ludwig Nohl

Ludwig Nohl (born December 5, 1831 in Iserlohn; d. December 15, 1885 in Heidelberg) was a German music scholar and writer best known for discovering and publishing Beethoven's famous bagatelle, "Für Elise".

[ru] Ноль, Людвиг

Людвиг Ноль (нем. Ludwig Nohl; 5 декабря 1831, Изерлон — 15 декабря 1885, Гейдельберг) — немецкий музыковед, преподаватель, писатель о музыке.



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