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Marin Mersenne (* 8. September 1588 in Sountière bei Bourg d’Oizé, Maine; † 1. September 1648 in Paris; Gelehrtenname Marinus Mersenius) war ein französischer Theologe, Mathematiker und Musiktheoretiker.

Marin Mersenne
Marin Mersenne

Leben


Mersenne lernte 1604 bis 1609 am Collège Henri-IV de La Flèche zusammen mit René Descartes und studierte 1609 bis 1611 Theologie an der Pariser Sorbonne. Er trat 1611 dem Paulanerorden bei und empfing im darauffolgenden Jahr die Priesterweihe. Von 1620 an war er viel auf Reisen durch ganz West- und Südeuropa.

Ab der Mitte seines Lebens entwickelte Mersenne eine skeptische Haltung gegenüber vielen metaphysischen Erklärungen von Naturphänomenen, die aus scholastischer Tradition überliefert waren. So wurde er zum Kritiker des Aristotelismus und Gegner von mystischen Lehren (Alchemie, Astrologie, Kabbala, Rosenkreuzer). Er unterstützte die modernen Naturwissenschaften, die physikalischen und astronomischen Theorien von Galileo Galilei und die Philosophie René Descartes’.

In seinen eigenen naturwissenschaftlichen Forschungen errichtete Mersenne die experimentelle Methode. Idealisierte Messanordnungen werden demnach zur Untersuchung physikalischer Abhängigkeiten gezielt eingerichtet. Das experimentelle Ergebnis gibt zudem eine vorläufige Begründung des empirischen Phänomens selbst ab.[1] Mersenne sorgte in seiner Korrespondenz für eine offene und rege Vermittlung von Versuchsergebnissen und verschickte auch bereitwillig seine experimentellen Anordnungen.

Ab 1623 suchte er Galilei und Descartes persönlich auf, mit weiteren führenden Gelehrten wie Pierre Gassendi, Gilles Personne de Roberval, Blaise Pascal und Pierre de Fermat korrespondierte er intensiv. Dadurch wurde er ein wichtiger Vermittler von Informationen und Kontakten zwischen den zeitgenössischen Wissenschaftlern. Man sagte, Mersenne von einer Entdeckung zu informieren sei gleich viel wie diese im Druck zu veröffentlichen. Er regte Gassendi zu dessen Erwiderung auf Descartes’ Meditationen an; Huygens machte er auf die Verwendbarkeit des Pendels in der Zeitmessung aufmerksam (was zur Erfindung der Pendeluhr führte).


Leistungen


Nicht nur als Vermittler, auch als Forscher leistete Mersenne Bedeutendes. So veröffentlichte er 1626 eine Textsammlung Synopsis mathematica zur Mathematik und Mechanik und lieferte Beiträge zur Akustik und Musiktheorie wie auch zur Optik. Weiter untersuchte er Zykloiden.

Berühmt ist seine Liste von – seiner Vermutung nach – Primzahlen , welche die Form

haben, wobei ebenfalls eine Primzahl ist. Zahlen mit dieser Eigenschaft nennt man heute Mersenne-Primzahlen. Seine Liste enthielt jedoch Fehler und war zudem nicht vollständig. Gleichwohl regte sie Generationen von Zahlentheoretikern zu weitergehenden Untersuchungen an.

Auf Mersennes Wirken und Vermitteln hin entwickelte sich ab Mitte der 1640er unter den mathematischen Gelehrten der Forschungsgegenstand des Stoß- und Schwingungsmittelpunktes starrer Körper, der einen wesentlichen Einfluss auf die Formulierung der klassischen Mechanik vor ihrer Darstellung durch Isaac Newton hatte. Mersenne gilt als der Urheber der Problemstellung des Stoßmittelpunktes. Er erkannte die hauptsächliche Schwierigkeit in der Gestalts- und Flächenabhängigkeit des schwingenden Körpers.[2] Die Gleichheit von Stoß- und Schwingungsmittelpunkt eines schwingenden Körpers gilt zudem als Mersennes experimenteller Lösungsbeitrag. Jeder Stoßmittelpunkt lässt sich demnach über die Schwingung eines einfachen ('mathematischen') Pendels, aufgehängt an einem masselos angenommenen Faden, ermitteln.[3] Er verifizierte damit die reduzierte Pendellänge einzelner starrer Körper, wie etwa die Pendellänge einer Stange (oder eines Stabes) als . Zum Auffinden einer einheitlichen theoretischen Lösung forderte er mitunter Descartes, Cavendish, Fabri, Gassendi, Roberval und Huygens heraus. Descartes schrieb er, die theoretische Lösung dieses Problems würde ihn noch berühmter machen als seine Principia Philosophiae. Und Huygens hat es sich auf Mersennes Zuspruch hin zu seiner Lebensaufgabe gemacht, dieses Problem zu lösen.[4]

In der Akustik untersuchte Mersenne den Zusammenhang von Frequenz und Tonhöhe. Er fand dabei heraus, dass die Frequenz einer schwingenden Saite direkt proportional der Quadratwurzel aus der Spannkraft und umgekehrt proportional der Saitenlänge und der Quadratwurzel des Querschnitts ist:

Mersenne maß auch den ersten Wert für die Schallgeschwindigkeit in Luft (nach Ullmann 1996, S. 2), indem er die Zeit zwischen der Sichtung eines Mündungsfeuers und der Wahrnehmung des Schusses maß. Er erhielt den (zu hohen) Wert 448 m/s. In der Harmonie universelle von 1636 versuchte er erneut eine Messung mit einer anderen Methode: Er maß die Zeit, bis der Direktschall als Echo von einer in bekanntem Abstand stehenden Wand zurückkam, und erhielt so den Wert 316 m/s. Der korrekte Wert beträgt etwa 342 m/s.

Harmonie universelle (1636)
Harmonie universelle (1636)

Mersenne behandelte in seinem Buch Traité de l’harmonie universelle (1636–37) die Musiktheorie („Affektenlehre“) und -praxis seiner Zeit – eine wertvolle Quelle von Informationen zur Musikgeschichte des 17. Jahrhunderts. Unter anderem sind darin genaue Beschreibungen und Abbildungen der ihm damals bekannten Musikinstrumente enthalten. Zu seinen Beiträgen zählt auch sein Vorschlag für den temperierten Halbton, der präziser war als der des Komponisten Vincenzo Galilei. Zu seinen bekannteren Veröffentlichungen gehören auch Quaestiones celeberrimae in Genesim (1623), eine Streitschrift gegen mystische Lehren, und La Vérité dans les sciences (1625, Die Wahrheit in den Wissenschaften).

Mersenne veröffentlichte 1634 die Schrift Les Mechaniques de Galilée, seine kommentierte Übersetzung des frühestens 1591 entworfenen Manuskripts La Mecaniche von Galilei.[5] Damit sorgte er maßgeblich für die Verbreitung der Goldenen Regel der Mechanik, wie sie dort explizit anhand der einfachen Maschinen (Hebel und Waage, Flaschenzug, schiefe Ebene, Rad und Schraube) zum Ausdruck kommt.[6]

Der Mondkrater Mersenius und der Asteroid (8191) Mersenne sind nach ihm benannt.


Schriften



Literatur


Zu Mersenne und der Musiktheorie:



Commons: Marin Mersenne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Siehe dazu etwa P. Hamou: https://plato.stanford.edu/entries/mersenne/#MechExpe.
  2. Die erste Definition des Stoßmittelpunktes findet sich in seiner Schrift Cogitata physico mathematica von 1644, S. 549 f.
  3. Zur experimentellen Methode des Schwingungsmittelpunktes siehe etwa Lettre Mersenne à Cavendish (8. Mars 1646) In: Correspondance t. XIV, lettre 1437, p. 107-109. (Ed.) C. de Waard u. A. Beaulieu; sowie A. Gabbey, The case of mechanics: One revolution or many?. In D.C. Lindberg, R.S. Westman: Reappraisals of the Scientific Revolution. Cambridge 1990, p. 501 f.
  4. Zu Descartes siehe etwa Lettre Mersenne à Descartes (22. Mars 1646). In: Correspondance du P. Marin Mersenne Religieux Minime (ed. C. de Waard, A. Beaulieu), XIV 1646, Paris 1980. p. 159 – 167. Lettre no. 1450. Zu Huygens siehe vor allem die Einleitung des 4. Kapitels seines Horologium Oscillatorium: https://en.wikipedia.org/wiki/Horologium_Oscillatorium (Zugriffsdatum 28. August 2022)
  5. Zum originalen Manuskript Galileis siehe https://it.wikisource.org/wiki/Le_mecaniche_(Favaro) (Zugriffsdatum: 30. August 2022). Mersennes Text wurde als eigenes Kapitel in einem Sammelband abgedruckt, in: Marin Mersenne, Questions Inouyes ou Recreation des Sçavans. Paris 1634.
  6. Die Mehrzahl ‚Mechaniken‘ in Mersennes Titel ist kein Schreibfehler. Zur damaligen Zeit galt die Wissenschaft der Mechanik von der Antike her als die Untersuchung der Ursachen und Wirkungen von einfachen Maschinen. Man vergleiche dazu R. Gatto, ”It Is Impossible to Deceive Nature”. Galileo’s Le mecaniche, a Bridge between the Science of Weights and the Modern Statics. In: Philosophia Scientiæ. 21-1 (2017). https://journals.openedition.org/philosophiascientiae/1242 (Zugriffsdatum: 28. August 2022)
Personendaten
NAME Mersenne, Marin
ALTERNATIVNAMEN Mersennus, Marin; Mersennus, Marinus; Marsenne, Marin; Marsennus, Marinus; Mersenius, Marinus; Mersenne, Martin; Sermes, François de (Pseudonym); Sermes, Sieur de (Pseudonym)
KURZBESCHREIBUNG französischer Mathematiker, Musiktheoretiker und Theologe
GEBURTSDATUM 8. September 1588
GEBURTSORT Sountière bei Bourg d’Oizé, Maine, Frankreich
STERBEDATUM 1. September 1648
STERBEORT Paris

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[en] Marin Mersenne

Marin Mersenne (also known as Marinus Mersennus or le Père Mersenne; French: [maʁɛ̃ mɛʁsɛn]; 8 September 1588 – 1 September 1648) was a French polymath whose works touched a wide variety of fields. He is perhaps best known today among mathematicians for Mersenne prime numbers, those which can be written in the form Mn = 2n − 1 for some integer n. He also developed Mersenne's laws, which describe the harmonics of a vibrating string (such as may be found on guitars and pianos), and his seminal work on music theory, Harmonie universelle, for which he is referred to as the "father of acoustics".[1][2] Mersenne, an ordained Catholic priest, had many contacts in the scientific world and has been called "the center of the world of science and mathematics during the first half of the 1600s"[3] and, because of his ability to make connections between people and ideas, "the post-box of Europe".[4] He was also a member of the Minim religious order and wrote and lectured on theology and philosophy.



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