Friedrich Gernsheim (* 17. Juli 1839 in Worms; † 10. September 1916 in Berlin) war ein deutscher Pianist, Dirigent, Komponist und Musikpädagoge der Spätromantik.
Friedrich Gernsheim entstammte als Sohn eines Arztes einer angesehenen jüdischen Familie in Worms, die dort über einige Jahrhunderte nachweisbar ist. Erste musikalische Unterweisung erfuhr er in Worms durch seine Mutter, die Pianistin war. Später erhielt er Unterricht bei dem Spohr-Schüler Louis Liebe (1819–1900). Wegen der Unruhen im Revolutionsjahr 1848 übersiedelte er nach Mainz, wo er Klavierunterricht von Ernst Pauer erhielt.
1849 ließ sich Gernsheim in Frankfurt am Main nieder und erhielt dort geregelten und systematischen Unterricht in Klavier und Violine. Mit elf Jahren trat er dort erstmals öffentlich als Pianist, Geiger und als Komponist einer Konzert-Ouvertüre auf. Ab 1852 studierte Gernsheim in Leipzig bei Ignaz Moscheles und Ferdinand David. Von 1855 bis 1860 hielt er sich in Paris auf, wo er die Bekanntschaft Theodor Gouvys, Édouard Lalos und Camille Saint-Saëns’ machte. Seine erste Anstellung fand er in Saarbrücken als Musikdirektor.
Ab 1865 war er Lehrer am Konservatorium in Köln und Leiter des städtischen Gesangvereins und der Musikgesellschaft. Zudem hatte er die Stelle des Kapellmeisters am Stadttheater inne. Einer seiner Schüler war Engelbert Humperdinck. Im Jahr 1874 erfolgte die Berufung nach Rotterdam als Direktor der „Gesellschaft zur Beförderung der Tonkunst“ (Maatschappij tot Bevordering der Toonkunst). Mit Johannes Brahms verband ihn eine enge Freundschaft. Eine Berufung an das Stern’sche Konservatorium in Berlin erhielt Gernsheim im Jahr 1890. Im Oktober 1910 wurde sein Vortrag dreier eigener Kompositionen für Welte-Mignon aufgenommen.
Gernsheim heiratete am 1. Mai 1877 in Worms Helene Herrnsheim (* 1851 in Karlsruhe; † 26. Oktober 1927 in Berlin); das Paar hatte zwei Töchter. Nachfahren leben heute im Ausland.
Er war Mitglied der Akademie der Künste. Die Stadt Dortmund ehrte den 75-jährigen Komponisten im Jahr 1914 mit einem zwei Tage andauernden „Gernsheimfest“, bei dem er als Dirigent und Pianist zu erleben war.
1872 wurde Gernsheim Freimaurer in der Loge Zum wiedererbauten Tempel der Bruderliebe in Worms, 1897 dann in der Berliner Loge Friedrich zur Gerechtigkeit.[1]
Seine Grabstätte befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee in Berlin.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Gernsheims Musik nicht gespielt, in Herbert Gerigks und Theophil Stengels Lexikon der Juden in der Musik erschien sein Name in der ersten Auflage 1940.[2]
Eine kammermusikalische Komposition Gernsheims klingt in Martin Böttchers Musik zu den Winnetou-Filmen an.[3]
2020 spielten der Pianist Ernst Breidenbach und der Geiger Christoph Schickedanz Gernsheims sämtliche Werke für Klavier und Violine auf Tonträger ein.[4]
Gernsheim schrieb vier Sinfonien sowie kammermusikalische Werke.
Vorsteheramt Bargiel: Woldemar Bargiel (1882–1897) | Heinrich von Herzogenberg (1897–1900) | Engelbert Humperdinck (1900–1920) | Hans Pfitzner (1920–1929) | Heinrich Kaminski (1930–1932) | Franz Schreker (1932–1933) | Max Trapp (1934–1945)
Vorsteheramt Grell: Eduard Grell (1882–1886)
Vorsteheramt Kiel: Friedrich Kiel (1882–1885) | Heinrich von Herzogenberg (1886–1891) | Max Bruch (1892–1913) | Georg Schumann (1913–1945)
Vorsteheramt Taubert: Wilhelm Taubert (1882–1891) | Martin Blumner (1891–1901) | Friedrich Gernsheim (1901–1916) | Richard Strauss (1917–1920) | Ferruccio Busoni (1921–1924) | Arnold Schönberg (1925–1933) | Gerhard von Keußler (1936–1945)
Personendaten | |
---|---|
NAME | Gernsheim, Friedrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pianist, Dirigent und Komponist der Spätromantik |
GEBURTSDATUM | 17. Juli 1839 |
GEBURTSORT | Worms |
STERBEDATUM | 10. September 1916 |
STERBEORT | Berlin |