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Agostino Steffani (* 25. Juli 1654 in Castelfranco Veneto, Venetien; † 12. Februar 1728 in Frankfurt am Main) war ein italienischer Komponist, Diplomat und katholischer Titularbischof.

Agostino Steffani;
Ölgemälde 89 × 69 cm von Gerhard Kappers, um 1714
Agostino Steffani;
Ölgemälde 89 × 69 cm von Gerhard Kappers, um 1714

Leben



München


Steffani verbrachte seine Kindheit bei seinen Verwandten in Padua, wo er das Gymnasium besuchte. Er wurde dort vom bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria gefördert und begleitete das Kurfürstenpaar 1667 nach München. Er lebte dort 21 Jahre lang. In München bekam er Orgelunterricht durch Johann Caspar von Kerll.

1672 reiste Steffani zur weiteren musikalischen Ausbildung bei Ercole Bernabei für zwei Jahre nach Rom. Daneben begann er auch ein Studium der katholischen Theologie. 1674 veröffentlichte er sein erstes musikalisches Werk, die Psalmodia vespertina. Es folgten weitere Vokalwerke; Steffani trat Studienreisen nach Frankreich und Oberitalien an, bei denen er möglicherweise auch diplomatische Aufträge zu erfüllen hatte. In Paris trat er vor Ludwig XIV. am Cembalo auf.

Der Amtsantritt des Wittelsbacher Kurfürsten Max Emanuel im Jahr 1680 bedeutete einen Einschnitt im Leben Steffanis, der im selben Jahr nach Abschluss seines Theologiestudiums zum Priester geweiht wurde.

Autograph eines Kammerduetts
Autograph eines Kammerduetts

1681 erfolgte seine Ernennung zum Kammermusikdirektor. Für Opern, Ballette, Karnevalscherze, Turniere schrieb Steffani die Musik am Münchner Hof. Steffani erfüllte geheime diplomatische Missionen, die oft im Zusammenhang mit den Eheprojekten seines kurfürstlichen Herrn standen. 1681 wurde Steffanis erste Oper Marco Aurelio, in der der Einfluss Lullys erkennbar ist, aufgeführt. Das Libretto dazu schrieb sein Bruder Ventura Terzago. Damit begann eine erfolgreiche Zusammenarbeit dieser Brüder, die über Jahre dauerte. 1686 wurde Steffani zum Münchner Hofkapellmeister ernannt.

Im Mai 1688 wurde Steffani vom Kurfürsten Max Emanuel ehrenvoll entlassen, ihm folgte als Münchner Hofkapellmeister Giuseppe Antonio Bernabei.


Hannover und Düsseldorf


Agostino Steffani
Agostino Steffani

Nach einem kurzen Aufenthalt in Italien wurde er Ende Juni Opernkapellmeister am Hofe des Herzogs Ernst August von Hannover. Dort komponierte er für die bevorstehende Einweihung des neuen Theaters im Leineschloss (1689) Enrico Leone[1] und brachte bis 1696 fast jedes Jahr neue Opern heraus. 1696 übersiedelte Steffani nach Brüssel, wo er mit den Opernwerken Lullys in Berührung kam. Er selbst betätigte sich hauptsächlich als Gesellschafter. 1702 bewertete Steffani gewisse Entwicklungen bei seinen diplomatischen Tätigkeiten als Niederlage und konzentrierte sich wieder verstärkt auf das musikalische Schaffen.

Im selben Jahr wurde er vom Kurfürsten Johann Wilhelm nach Düsseldorf gerufen, wo er zum geistlichen Ratspräsidenten ernannt wurde und sich bald als Berater Anerkennung verschaffte. Ein Jahr später wurde er geheimer Rat und kurpfälzischer Regierungspräsident und leitete politische Verhandlungen in mehreren Städten. 1703 und 1704 fungierte er als Rektor und Kurator an der Universität Heidelberg.[2] Im September 1706 wurde er zum Titularbischof von Pegae/Spiga in partibus infidelium ernannt.

Epitaph im Frankfurter Dom
Epitaph im Frankfurter Dom

Späte Jahre


1708 sandte man ihn nach Rom, um im Streit zwischen dem Kaiser und dem Papst zu vermitteln. Im Jahr darauf avancierte er zum Apostolischen Vikar des neuumschriebenen Vikariates für Ober- und Niedersachsen. Mit dem Projekt der Rekatholisierung einiger deutscher Fürstenhäuser reiste er wieder nach Deutschland. Nach dem Tode einiger seiner adeligen Wohltäter geriet Steffani zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Agostino Steffani starb 1728 an den Folgen eines Schlaganfalls in Frankfurt, als er einige aus Italien mitgebrachte Kunstgegenstände verkaufen wollte. Er wurde im sogenannten Kaiserdom St. Bartholomäus, in Wirklichkeit der Stiftskirche dieses Titels, begraben; dort erinnert ein Marmorepitaph an ihn, das die Katholiken Hannovers aus Dankbarkeit stifteten, da er für die Erbauung ihrer damals einzigen Kirche, St. Clemens, gesorgt hatte.


Musikalisches Schaffen


Steffani integrierte Elemente der französischen, aber auch der deutschen Musik in die italienische Tonkunst. Neben Opern veröffentlichte Steffani vor allem Kammerduette, die weit bis ins 18. Jahrhundert hinein Beliebtheit genossen. Davon zeugen sowohl die große Anzahl der Abschriften seiner Werke als auch die lobende Erwähnung durch Musiker und Dichter.

2012 veröffentlichte Cecilia Bartoli eine CD mit Werken Steffanis und zeitgleich Donna Leon einen an Steffanis Leben angelehnten Kriminalroman.[3]


Agostino-Steffani-Projekt


Der Hannoversche Musikprofessor Lajos Rovatkay konzipierte im Jahr 2014 das Forum Agostino Steffani. Er sieht es als ein „fortgesetztes Kulturprojekt“ in Hannover, das als jedes Jahr im September stattfindender Anlass angelegt ist. Zum Auftakt führte das Forum Agostino Steffani im Schloss Herrenhausen im September 2014 unter dem Leitwort Agostino Steffani: Europäischer Komponist und hannoverscher Diplomat der Leibniz-Zeit ein zweitägiges Symposium durch, das sich mit dessen musikalischem Œuvre wie mit dessen politischem Wirken befasste.[4]


Werke


Bei Grove Music Online[5] und Corago[6] sind die folgenden Werke aufgeführt:

Opern

Geistliche Vokalwerke

Sonstige Vokalwerke

Instrumentalwerke

Theoretische Werke


Literarische Verarbeitung


2012 erschien der Roman "Himmlische Juwelen von Donna Leon. Hierin ist die Hauptperson eine junge Archivarin, die von Nachfahren Steffanis beauftragt wird, das Geheimnis um Steffani zu lüften und seinen Schatz zu bergen. Letztlich findet sie in einer Archivkiste lediglich eine Handvoll "himmlischer Juwelen" nämlich Reliquien. Der Berliner Historiker Michael F. Feldkamp wies auch öffentlich darauf hin[10], dass sein Beitrag über Agostino Steffani aus dem Jahre 1992 über die Geschichte des nach Rom gelangten Nachlasses von Steffani sowie die Veröffentlichung seines Reliquienverzeichnisses[11] die historische Vorlage für diesen Roman bildete.


Literatur



Film


Der Film Mission – Agostino Steffani in Versailles präsentiert musikalische Schöpfungen Steffanis im Rahmen von Versailles, begleitet mit einer Schilderung seines Lebens aus der Perspektive eines Ich-Erzählers (Sänger u. a.: Cecilia Bartoli, Philippe Jaroussky; Orchester: I Barocchisti; Dirigent: Diego Fasolis; Drehbuch, Regisseur: Olivier Simonnet; Produzent: Pierre-Olivier Bardet; Idéale Audience und ARTE France, 2012).[12]



Commons: Agostino Steffani – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Friedrich Chrysander: G.F. Händel, Zweiter Band, 1858, Breitkopf und Härtel, Leipzig.
  2. Webseite der Universität Heidelberg zu Agostino Steffani, abgerufen am 12. Oktober 2012.
  3. Donna Leon und Cecilia Bartoli lösen Barock-Krimi, Die Welt vom 23. September 2012, abgerufen am 24. September 2012.
  4. Tagungsbericht, abgerufen am 23. Mai 2015.
  5. Colin Timms: Steffani, Agostino. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich)..
  6. Suche nach Opern von Agostino Steffani (Suchbegriff im Feld Autore: „Steffani Agostino“) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  7. Helen Coffey: „Opera for the House of Brunswick-Lüneburg, Italian singers at the Hannover Court“, in: Claudia Kaufold, Nicole K. Strohmann, Colin Timms (HRG.): Agostini Steffani - Europäischer Komponist, hannoverscher Diplomat und Bischof der Leibniz-Zeit, Vandenhoeck & Ruprecht (V&R-unipress), Göttingen, 2017, S. 107–122, hier: S. 117, Auszüge online als Google-Book (englisch; abgerufen am 21. Oktober 2019)
  8. Matthew Gardner: „Steffani‘s Italian Opera singers in Hannover, Recruitment and Vocal Style“, in: Claudia Kaufold, Nicole K. Strohmann, Colin Timms (HRG.): Agostini Steffani - Europäischer Komponist, hannoverscher Diplomat und Bischof der Leibniz-Zeit, ..., Göttingen, 2017, S. 123–138, hier: S. 128 (siehe vorhergehende Fußnote)
  9. Colin Timms: Polymath of the Baroque: Agostino Steffani and His Music, Oxford University Press, 2003, S. 55, online als Google Book (englisch; abgerufen am 21. Oktober 2019)
  10. In: academia.edu schreibt Feldkamp: "Dieser Beitrag inspirierte die Schriftstellerin Donna Leon zu ihrem Roman 'Himmlische Juwelen' von 2012!"
  11. Michael F. Feldkamp: Der Nachlaß des Komponisten, Diplomaten und Bischofs Agostino Steffani (1654–1728) im Archiv der Propaganda Fide. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 72 (1992), S. 230–313 (online und online academia.edu)
  12. Cecilia Bartoli, Mission im Programm der ARD vom 2. Januar 2015, abgerufen am 5. Juni 2018.
Personendaten
NAME Steffani, Agostino
KURZBESCHREIBUNG italienischer Komponist, Diplomat und Geistlicher
GEBURTSDATUM 25. Juli 1654
GEBURTSORT Castelfranco Veneto
STERBEDATUM 12. Februar 1728
STERBEORT Frankfurt am Main

На других языках


- [de] Agostino Steffani

[en] Agostino Steffani

Agostino Steffani (25 July 1654[1] – 12 February 1728[2]) was an Italian ecclesiastic, diplomat and composer.

[es] Agostino Steffani

Agostino Steffani (Castelfranco Véneto, 25 de julio de 1654-Fráncfort del Meno, 12 de febrero de 1728) fue un cantante, compositor, organista, diplomático, y obispo titular de la Italia católica.

[ru] Стеффани, Агостино

Агостино Стеффани или Стефани (итал. Agostino Steffani, Stefani, Stephani, Staffani, Steffano, 1654—1728) — итальянский композитор, теоретик музыки, дипломат. Жил и работал преимущественно в Германии.



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