Askold Fjodorowitsch Murow (russisch Аскольд Фёдорович Муров, wiss. Transliteration Askol'd Fëdorovič Murov; * 5. Februar 1928 in Pokrowsk, heute Engels, Oblast Saratow, Wolgadeutsche Republik, Sowjetunion; † 7. Juni 1996 in Nowosibirsk, Russland)[1] war ein russisch-sowjetischer Komponist.
Seine Mutter war Russin, sein Vater Schauspieler deutscher Herkunft am Drama-Theater Saratow.[2] Murows Familie wurde im Zuge des Dekrets über die Umsiedlung der Wolgadeutschen 1941 nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion in die sibirische Region Kemerowo deportiert.[2] Askold Murow ließ sich zunächst zweigleisig ausbilden: Er studierte von 1946 bis zum Ingenieursdiplom 1951 an der Staatlichen Universität für Architektur und Bauwesen Nowosibirsk, parallel dazu absolvierte er von 1948 bis 1951 eine Ausbildung am Musikkolleg der Stadt.[1] Im damaligen Stalinsk arbeitete er bis 1958 als Bauingenieur.[2] Gleichzeitig schrieb er Musik fürs Theater und begann, am 1956 eröffneten Konservatorium in Nowosibirsk Chorleitung und ab 1958 Komposition bei Matwei Gosenpud zu studieren.[1] Schon während des Studiums wurden Werke von ihm aufgeführt – u. a. die Ballettsuite Moidodyr (Мойдодыр) in Moskau. Mit der 1. Sinfonie (1961) schloss er sein Studium 1962 ab.[2] In dieser Zeit lernte er Dmitri Schostakowitsch kennen, der ihn künstlerisch förderte und dem er später seine Sinfonie Tobolsk (Тобольская) widmete.[2]
Ab 1962 unterrichtete Murow am Konservatorium in Nowosibirsk, ab 1968 als Dozent, ab 1983 als Professor und von 1984 bis 1987 als Leiter der Kompositionsabteilung.[1] 1965 bis 1970 war er zudem Vorsitzender des sibirischen Komponistenverbands und nahm an Delegationsreisen in die Schweiz, die damalige DDR, nach Rumänien und Polen teil.[1]
Trotz einer Reihe systemkonformer Werke wurde auch Murow als Formalist getadelt, zunächst wegen seiner 3. Sinfonie (1968).[2] Die Konflikte verschärften sich, und er legte den Vorsitz des Komponistenverbands 1970 nieder.[2] Auch seine 1971 entstandene Sinfonie über die Geschichte von Tobolsk, einer der ältesten russischen Städte Sibiriens, geriet in die Kritik. Murow wurde mit seiner Frau 1971/72 ins damalige Nordvietnam geschickt, um in Hanoi musikalische Aufbauarbeit zu leisten. Er beschäftigte sich mit der Musik des Landes, verarbeitete diese Eindrücke kompositorisch und erhielt vor Ort etliche Auszeichnungen.[2] Nach seiner Rückkehr setzte er sich mit dem orthodoxen Christentum auseinander, verarbeitete biblische Themen,[2] schrieb literarische Bücher und komponierte weiterhin für alle Gattungen, auch satirische Werke wie die Oper Weliki Kombinator (Великий Комбинатор, 1983–1986) nach Ilf und Petrow.[1] 1984 wurde Murow erneut Vorsitzender des sibirischen Komponistenverbands und blieb dies bis zu seinem Tod 1996.[1] Das Musikkolleg Nowosibirsk, das er in jungen Jahren absolviert hatte, wurde 2006 nach ihm benannt.[3]
Murows Werk zeichnet sich durch die Vielfalt der Genres aus.[1] Er hinterließ als Hauptwerk elf Sinfonien, davon sechs nummerierte. Er gilt somit als erster sibirischer Sinfoniker[4] und als Begründer der sibirischen Komponistenschule.[5] Neben weiteren Orchesterwerken schrieb er auch eine Oper, ein Oratorium, Ballette, Chorwerke, Liederzyklen sowie Theater- und Filmmusik.[6] In frühen Kompositionen zeigten sich noch Einflüsse von Schostakowitsch, im weiteren Verlauf der Tauwetter-Periode näherte er sich dann der damaligen sowjetischen Avantgarde. Er experimentierte polystilistisch mit westlich-modernen Musiksprachen wie Atonalität, Neoklassizismus, Neofolklorismus und Jazz, setzte auch vereinzelt Elektronik vom Tonband ein.[4] Ab den 1980er Jahren begann er, altrussische Gesänge zu verarbeiten, und schrieb auch „Geistliche Konzerte“ sowie liturgische Werke; im sinfonischen Stil wandte er sich zunehmend einer sakral grundierten Neoromantik zu.[4]
Personendaten | |
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NAME | Murow, Askold Fjodorowitsch |
ALTERNATIVNAMEN | Муров, Аскольд Фёдорович (russisch) |
KURZBESCHREIBUNG | russischer Komponist |
GEBURTSDATUM | 5. Februar 1928 |
GEBURTSORT | Pokrowsk, heute Engels, Oblast Saratow, Wolgadeutsche Republik, Sowjetunion |
STERBEDATUM | 7. Juni 1996 |
STERBEORT | Nowosibirsk |