Szymon (Simon) Laks (geboren 1. November 1901 in Warschau, Russisches Kaiserreich; gestorben 11. Dezember 1983 in Paris) war ein polnisch-französischer Komponist und Überlebender des KZ Auschwitz.
Leben
Laks studierte zwei Jahre Mathematik in Wilna und Warschau, bevor er 1921 am Warschauer Konservatorium das Studium bei Roman Statkowski (Komposition), Henryk Melcer-Szczawiński (Dirigieren)[1] und Piotr Rytel aufnahm.[2] 1926 übersiedelte er zunächst nach Wien, dann nach Paris, wo er von 1927 bis 1929 sein Musikstudium am Pariser Konservatorium bei Paul Vidal (Komposition) und Henri Rabaud (Orchesterleitung) fortsetzte. Laks engagierte sich in der Pariser Association des jeunes musiciens polonais, der die meisten jungen polnischen Musiker der Zwischenkriegszeit angehörten und die dem Neoklassizismus nahestand; Alexandre Tansman, Ehrenmitglied der Association, wurde zu einer der wichtigsten künstlerischen Bezugspersonen und ein lebenslanger Freund von Laks. Von Bedeutung waren auch die Bekanntschaft mit dem Maler Tadeusz Makowski sowie die künstlerische Zusammenarbeit mit der Sängerin Tola Korian. Laks arbeitete in den Pariser Jahren als Musiklehrer, Kaffeehausgeiger, Stummfilmbegleiter, als Musiker auf einem Ozeandampfer und schrieb Filmmusiken. Ein von ihm komponierter Blues symphonique wurde 1928 von der Association prämiert, seine Sonate für Violoncello und Klavier von Maurice Maréchal und Vlado Perlemuter uraufgeführt.
Anmeldeformular von Szymon Laks als Gefangener im nationalsozialistischen Konzentrationslager Dachau
1941 wurde Laks im französischen Lager Pithiviers nahe Orléans interniert, im Juli 1942 nach Auschwitz II – Birkenau deportiert. Er überlebte das Lager als Mitglied, später Arrangeur und Leiter des Lagerorchesters. Im Oktober 1944 wurde er ins Lager Dachau evakuiert. Nach der Befreiung durch amerikanische Truppen kehrte er nach Paris zurück.
1948 publizierte er seine zusammen mit dem Auschwitz-Überlebenden René Coudy verfassten Erinnerungen an die Lagerzeit als Buch unter dem Titel Musiques d’un autre monde. Übersetzungen erschienen erst nach 1979. Nur langsam kehrte Laks nach dem Krieg zum Komponieren zurück, es entstanden zunächst vor allem Kammermusiken und Vokalwerke. In seiner musikalischen Stilistik blieb er der Vorkriegszeit und Tansmans „École de Paris“ treu. Tonalität, Formstrenge, Polyphonie, Klarheit sind charakteristisch; hinzu kommt bei Laks vielfach die Einbeziehung polnischer Elemente. Unter dem Eindruck des 6-Tage-Krieges gab Laks nach 1967 das Komponieren nahezu vollständig auf und widmete sich verstärkt der Tätigkeit als Schriftsteller und Übersetzer – schon zuvor hatte er sich mit linguistischen Fragen befasst sowie mit der Untertitelung von Filmen.
Sein Sohn ist der Altphilologe André Laks.
Kompositionen
Bühne
L’Hirondelle inattendue ("Die unerwartete Schwalbe") (1965) Opéra-bouffe in einem Akt, frz. Libretto von Henri Lemarchand nach dem Radiostück Le Bestiaire inattendu: L'Hirondelle du faubourg von Claude Aveline
Orchester
Farys (1924) Symphonische Dichtung für Orchester, verschollen
Symphonia (1924), verschollen
Scherzo (1925) für Orchester, verschollen
Blues symphonique (1928), verschollen
Sinfonietta für Streicher (1936)
Suite polonaise (Suita polska) (1936) (Originalfassung für Violine und Klavier, 1935)
Poème (1954) für Violine und Orchester
Od strzechy do strzechy ("Von Hütte zu Hütte") (1959) Suite basierend auf Volksliedern für kleines "Odeon"-Orchester
Petite suite légère (1960) für Orchester
Symphonie (1964) für Streicher
Les filles du forgeron (1964) Musik für das gleichnamige Schauspiel von Perez Hirschbein
Kammermusik
Sonatine (1927) für Klavier
Streichquartett Nr. 1 (1928), verschollen
Sonate concertante (1929) für Violine und Klavier
Bläserquintett (1929), verschollen
Sonate für Violoncello und Klavier (1932)
Streichquartett Nr. 2 (1932), verschollen
Trois pièces de concert (1933) für Violoncello (oder Violine) und Klavier
Suite polonaise (Suita polska) (1935) für Violine und Klavier
Streichquartett Nr. 3 auf polnische Volksweisen (1945)
Passacaille (Vocalise) (1946) für Violine, Violoncello, Flöte und Oboe (auch Fassungen für Stimme und Klavier / Violine oder Violoncello und Klavier)
Sonate brève (1946) für Cembalo
Ballade (Hommage à Chopin) (1949) für Klavier
Streichquartett Nr. 4 (1962)
Streichquartett Nr. 5 (1963)
Concerto da Camera (1963) für Klavier, neun Blasinstrumente und Schlagzeug
Dialogue (1964) für zwei Violoncelli
Concertino (1965) für Oboe, Klarinette und Fagott
Divertimento (1966) für Flöte, Violine, Violoncello und Klavier (oder Violine, Klarinette, Fagott und Klavier)
Klavierquintett (1967) (nach dem Streichquartett Nr. 3)
Prelude für Klavier (undatiert)
Blues für Klavier (undatiert)
Variations sur le choral "Was Gott tut, das ist wohlgetan" für Orgel (undatiert)
Gesang und Klavier
Cinq chants sur des poèmes de J. Tuwim (1938) Text: Julian Tuwim (poln.)
Le Général (1938) Text: Jacques Audiberti (frz.)
Nie winię ("Ich muss nichts") (1939) Text: Autor unbekannt (poln.)
Z mroków i świtów (Ombres et Lumières) (1948) Texte: Stefan Żeromski, Andrzej Bogusławski, Z. Moszczyński u.a. (poln.); Übertragung von Henri le Pointe und F. de Joannis (frz.)
Polały się łzy me ("Es flossen meine Tränen") (1949) Text: Adam Mickiewicz (poln.)
C’est d’un’ maladie d’cœur (1952) Text: Autor unbekannt (frz.)
Trois poèmes chantés (1960) Text: Wanda Maya Berezowska (poln.); Übertragung von Henri Lemarchand (frz.)
Elegia miasteczek żydowskich (Élégie pour les villages juifs) (1961) Text: Antoni Słonimski; Übertragungen von Henri Lemarchand (frz.) und Robert Braun (engl.)
Portrait de l’oiseau-qui-n’existe-pas (1964) Text: Claude Aveline (frz.)
Cztery pieśni ("Vier Lieder") – 1. Zielony skrzypek ("Der grüne Geiger", nach Chagall) / 2. Strach na wróble ("Vogelscheuche") / 3. Kompozycja ("Komposition") / 4. Adoracja drzewa ("Die Anbetung des Baumes") (1967) Text: Tadeusz Sliwiak (poln.)
Pięć pieśni ("Fünf Lieder") – 1. Modlitwa ("Gebet") / 2. Szczęście ("Gleichmut") / 3. Przymierze ("Bund") / 4. Erratum / 5. Wszystko ("Alles") (1968) Text: Julian Tuwim (poln.); Übertragungen von Henri Lemarchand (frz.) und Hy Janowitz (engl.)
Pożegnanie ("Adieu") (1974) Text: Ludwik Żuk-Skarszewski (poln.)
Gdybyś (Si seulement...) (1974) Text: Ludwik Żuk-Skarszewski (poln.)
Sechs Lieder – 1. Aniołowe ("Engelsgesichter") / 2. Staruszkowie ("Die kleinen Alten") / 3. Ballada Starofrancuska ("Die Ballade des alten Frankreich") / 4. Dyzio Marzyciel ("Dyzio, der Träumer") / 5. Prośba o piosenkę ("Bitte um ein Lied") / 6. O Grzesiu kłamczuchu ("Über Klein-Gregor, den Lügner") (undatiert) Text: Julian Tuwim (poln.)
Ewangelia szczęśliwych ("Das Evangelium der Glücklichen") (undatiert) Text: Stanisław Baliński (poln.)
Pogrzeb ("Das Begräbnis") (undatiert) Text: Mieczysław Jastrun (poln.)
La Rue ("Die Straße") (undatiert) Text: Wanda Maya Berezowska (poln.)
Jednego całowałam z miłości ("Einen küsste ich aus Liebe") (undatiert) Text: Autor unbekannt (poln.)
O mastusiu moja ("O mein Mütterchen") (undatiert) Text: Autor unbekannt (poln.)
Jezusek ("Kleiner Jesus") (undatiert) Text: Autor unbekannt (poln.)
Eigene Schriften
mit René Coudy: Musiques d'un autre monde. Vorwort Georges Duhamel. Mercure de France, Paris 1948.
Reprint nach der polnischen Fassung: Mélodies d'Auschwitz. Vorwort Pierre Vidal-Naquet, Le Cerf, Paris 1991 ISBN 2204043494; ebd. 2004 ISBN 2204076066 Reihe: Histoires judaïsmes.
überarb. polnische Fassung: Gry oświęcimskie. London 1979[3]; 2. Auflage 1998.
aus dem Poln. ins Englische übersetzt von Chester A. Kisiel: Music of another world, Evanston (Illinois) 1989 ISBN 0810108410.
deutsche Übersetzung: Musik in Auschwitz. Düsseldorf 1998; durchgesehene und erweiterte Neuausgabe Berlin 2014.
Auszug Musik aus einer anderen Welt. In: Hans Günther Adler, Hermann Langbein, Ella Lingens-Reiner Hgg.: Auschwitz. Zeugnisse und Berichte. 6. Aufl. Bundeszentrale für politische Bildung BpB, Bonn 2014 ISBN 3838905202, S. 179–188[4].
Makowski. Swiat, Nr. 50 (1960). Aus: Wladyslawa Jaworska, Tadeusz Makowski. Ein polnischer Maler in Paris. Dresden 1975.
Laks, Szymon: Musik in Auschwitz, übers. von Mirka und Karlheinz Machel, hg. und mit einem Nachwort versehen von Andreas Knapp; Droste-Verlag, Düsseldorf 1998, ISBN 3-7700-1092-2.
Laks, Simon: Musik in Auschwitz, übers. von Mirka und Karlheinz Machel, durchgesehene und erweiterte Neuausgabe hg. v. Frank Harders-Wuthenow und Elisabeth Hufnagel, mit Nachworten von André Laks und Frank Harders-Wuthenow und CD; Boosey & Hawkes, Berlin 2014, ISBN 978-379-31408-2-5. Rezension[5].
Lagerwey, Mary Deane: Reading Auschwitz, Ethnographic Alternatives, Vol. 5 (hg. v. Carolyn Ellin, Arthur Bochner), Altamira Press, Walnut Creek 1998.
Zofia Helman:Laks, Szymon. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 10 (Kemp – Lert). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2003, ISBN 3-7618-1120-9, Sp. 1035–1036(Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich).
Zofia Helman:Laks, Szymon. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 10 (Kemp – Lert). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2003, ISBN 3-7618-1120-9, Sp. 1035–1036(Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
Teresa Chylińska:Laks, Szymon. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
laut frz. Vorwort von Vidal-Naquet eine "gesetztere" Fassung, auf der alle folgenden in den anderen Sprachen beruhen
zuerst 1962; daher nach der frz. Fassung von 1948
Peter Sühring am 27. Januar 2015 auf info-netz-musik; abgerufen am 27. Januar 2015
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