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Walter Steffens (* 31. Oktober 1934 in Aachen) ist ein deutscher Komponist. Einen Schwerpunkt seines kompositorischen Schaffens bildet neben mehreren Opern die Musik nach Bildern.

Walter Steffens (2005)
Walter Steffens (2005)

Leben


Aufgewachsen in Dortmund-Huckarde, bewältigte der Sohn eines Ingenieurs einen steinigen Weg zur Musik. Dem im Brückenbau tätigen Vater erschien eine „brotlose“ Künstlerkarriere alles andere als wünschenswert. Folge der zunehmenden Bombardierung des Ruhrgebietes im Zweiten Weltkrieg war für den Achtjährigen die Kinderlandverschickung ins badische Wollenberg und damit die Trennung von den Eltern und der Schwester. Das Kriegsende erlebte der Zehnjährige bei den Großeltern in Bad Pyrmont. Als die Familie wieder vereint war und das während des Krieges im Sauerland sicher verwahrte Klavier zurück ins Elternhaus kam, durfte der Junge den Vater beim Singen begleiten. Den ersten Musikunterricht erteilte ihm eine Nachbarin. Die Grundausbildung erhielt Steffens durch Musikdirektor Max Spindler in Dortmund, sie wurde ergänzt durch den Dirigierunterricht am Dortmunder Konservatorium bei Rolf Agop.

„Meinen Vater hatte ich jedoch erst überzeugt, als ich mein Abitur als Externer in Münster abgelegt und 1959 die Aufnahmeprüfung an der Hamburger Musikhochschule bestanden hatte“, erinnert sich Steffens.[1] In Hamburg studierte Steffens bei Ernst Gernot Klussmann und dem Busoni-Schüler Philipp Jarnach Komposition, bei Wilhelm Maler Musiktheorie. Meilensteine der Karriere des Komponisten bedeuteten die Aufführungen seiner beiden ersten Opern. Eli nach dem Mysterienspiel von Nelly Sachs, 1967 von Wilhelm Schüchter uraufgeführt, war ein Auftragswerk der Stadt Dortmund zur Eröffnung des neuen Opernhauses. Es folgte Unter dem Milchwald nach Dylan Thomas, als letztes Auftragswerk unter der Intendanz von Rolf Liebermann 1973 an der Hamburger Staatsoper uraufgeführt. Eindrücke der Kindheit in den Kriegsjahren und die Trauer über Tod und Zerstörung verarbeitete Steffens in der Komposition Guernica, Elegie für Bratsche und Orchester nach dem Gemälde von Pablo Picasso.

Neben der kompositorischen Arbeit übte Walter Steffens eine langjährige Lehrtätigkeit aus, ab 1962 am Hamburger Konservatorium, dann seit 1969 zunächst als Dozent für Komposition und Tonsatz an der Hochschule für Musik Detmold, wo er von 1971 bis 2000 eine Professur für Komposition und Musiktheorie innehatte. Er lebt in Marienmünster, Kreis Höxter.


Musikalisches Schaffen


„Es ist immer eine außermusikalische Anregung, die sehr stark in mir wirkt, stärker als die nur musikbezogene Empfindungsart“, beschreibt Steffens einen wesentlichen Impuls seines Schaffens.[2] Immer wieder findet Steffens in der Dichtung Anregungen für seine kompositorische Arbeit, so bei Ingeborg Bachmann, Clemens Brentano, Federico García Lorca, Friedrich Hölderlin, Juan Ramón Jiménez, Ezra Pound oder Arthur Rimbaud. „Dem Text dienend und ihn musikalisch interpretierend, setze ich ihn in Töne“, kennzeichnet Steffens seine Art des Umgangs mit dem dichterischen Wort. Dabei empfinde er als Opernkomponist bildhaft und szenisch, er erzähle Geschichten.[3] Bei Nelly Sachs war es zunächst das hohe Niveau der Sprache, das ihn faszinierte. Als er dann Eli als Hörspielfassung hörte, löste die Botschaft dieses Mysterienspiels vom Leiden der Juden tiefe Erschütterung bei ihm aus. Im Kontakt mit der Dichterin, die er in Stockholm besuchte, nahm Steffens selbst die Librettoeinrichtung vor. Dem Ernst des Themas angemessen ist die herbe, sich alles Kulinarische versagende Musiksprache dieses szenischen Oratoriums, das dem Text den gebührenden Stellenwert einräumt. In dem Buch Nelly Sachs zu Ehren berichtet Steffens über die Arbeit an der Oper.[4]

Ein Anliegen des Komponisten Walter Steffens ist es, instrumenten- bzw. stimmengerecht zu schreiben. Er suche, sagt er, „die nicht verfremdeten Klänge von Instrumenten und der menschlichen Stimme in ihrer langjährig kultivierten Höchstform“. Mit einem eigenen, zwischen Tonalität und Atonalität vermittelnden Notensystem habe er für sich ein Gestaltungszentrum erschlossen, „das Klänge, Linien, Farben und Formen ermöglicht, die dem angemessenen Ausdruck sinnlich steigernd dienen“.[5] Sein Stil habe sich von der atonalen Phase, als er die Oper Eli schrieb und „kein Lächeln ertragen konnte“, weiterentwickelt zu einer Tonsprache, die es ermögliche, Empfindungen mitzuteilen, sie „singbar zu machen“.[6] Während die Auseinandersetzung mit dem Werk von Nelly Sachs die kompositorischen Ausdrucksmöglichkeiten vor allem um die dramatische Komponente erweiterte, verstand Steffens die zweite Oper Unter dem Milchwald als „Gelegenheit, mich innerhalb eines lyrischen Grundstiles auf die Gestaltung komischer Partien zu konzentrieren“.[7]

Neben der Dichtung ist die bildende Kunst für Walter Steffens eine wichtige Quelle der Inspiration. Der Band Vom Klang der Bilder, erschienen zur ebenso betitelten Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart vom 6. Juli bis 22. September 1985, enthält im Anhang ein Verzeichnis vertonter Gemälde.[8] Unter den hier erwähnten Kunstwerken, die Steffens vertonte, sind Bilder von Hieronymus Bosch, Paul Klee, Franz Marc, Pablo Picasso und Jesús Rafael Soto.

Das Orchesterwerk Guernica nach dem Gemälde von Picasso stellt ein Beispiel dar für die Umsetzung der zeitlos gültigen Anklage gegen die Schrecken von Krieg und Gewalt in Musik. Am Anfang des Stückes macht ein aus der Stille heranwogendes Crescendo das bedrohliche Näherkommen des in die Partitur bildhaft eingearbeiteten Jagdbomberverbandes hörbar, bevor die Bratsche ein elegisches Thema intoniert. Wegen ihrer grafischen Qualitäten wurden Seiten der Partitur Guernica 1986 in die Ausstellung Linien, Briefe, Notationen der Städtischen Galerie Lüdenscheid aufgenommen.[9] Die in die Partitur eingearbeiteten Abbildungen von JU 52-Bombern, verbunden mit der Forderung nach einem Klang von „äußerster Brutalität“, setzen zeichenhaft traumatische Erfahrungen ins Visuelle um. „Ich habe als Kind Bombenangriffe auf Dortmund erlebt, ich kenne das Summen schwerer Bomberverbände und den jähen Schrecken eines Tieffliegerangriffs. Ich kenne das Schreckenssymbol La muerte de Guernica von Pablo Picasso und das Gedicht La Victoire de Guernica von Paul Éluard. Ich versuche, das bewegende Geschehen in der Elegie für Bratsche und Orchester nachzuempfinden, Furcht, Schrecken und Trauer auszulösen und musikalisch zu gestalten. Das Leiden ist universell und die Zeiten übergreifend, und so verhalte ich mich pluralistisch: Alles, was mir stilhistorisch verfügbar ist, benutze ich mit dem einen Ziel, das Drama vom Schrecken, der Furcht, des Chaos, der Ausweglosigkeit, Trauer und Hoffnung zu erzählen“, schreibt Steffens im Nachwort zur Partitur.[10]

Sie kenne keinen anderen Komponisten, der sich so intensiv mit dem Bereich der Bildvertonung auseinandergesetzt habe wie Walter Steffens, sagt die Musikwissenschaftlerin Monika Fink, die sich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit Musik nach Bildern, dem Thema ihrer Dissertation, befasst.[11] Unter Leitung von Monika Fink ist ein Projekt des Institutes für Musikwissenschaft der Universität Innsbruck der Erfassung von Musik nach Bildern gewidmet. In dieser Datenbank sind zahlreiche Werke von Steffens auch aus jüngerer Zeit aufgelistet, u. a. zu Bildern von Paul Klee, Pablo Picasso, Marc Chagall, Peter Paul Rubens, Rembrandt van Rijn, Jesús Rafael Soto, Emil Schumacher, Bernard Aubertin und Gerhard Richter (Mark Rothko).


Schüler von Walter Steffens (chronologisch 1962–2000)


Hauptfach Komposition im Einzelunterricht


Preise



Werke



Bühnenwerke



Orchestermusik


1. Kalliope und Oiagros für Kontrabass und Streichorchester, E 1990, UA Burgsteinfurt (Detmolder Kammerorchester) 2. Die Geburt des Orpheus, E 1995, UA 1995 Stralsund (Philharmonisches Orchester Vorpommern) 3. Der Tod des Aktäon nach Peter Paul Rubens, Auftragskomposition der Südwestfälischen Philharmonie anlässlich der Rubenspreisverleihung der Stadt Siegen an Rupprecht Geiger, E 1992, UA 1992 Siegen 4. Bacchanal nach Bildmotiven von P. P. Rubens (Gran-Partita-Besetzung), Auftragswerk anlässlich der 50-Jahr-Feier der Hochschule für Musik Detmold, E 1996, UA Detmold.

Kammermusik


Für Soto für Gitarre, E 1970, UA 1972 Detmold (Bernard Hebb). Rose Ouest für Klarinette, E 1970, UA 1973 Köln (Hans-Dietrich Klaus). Structure de la Rose für Flöte, E 1970, UA 1976 Detmold (Benedikta Bonitz). Grande Rose für Oboe, E 1970, UA 1972 Detmold (Fumiaki Miyamoto). Plui de Feu/Feuerregen für Klavier Solo nach einer Feuergrafik von Bernard Aubertin, E 1970, UA 1970 Hamburg (Peter Roggenkamp). Rituelle Aktionen I für Schlagzeug, E 1971, UA 1984 Dortmund (Alfrid-Maria Sicking). Rituelle Aktionen II für Tonband mit strukturierten Baustellengeräuschen nach einer Bildidee von Hartmut Böhm, realisiert im Tonmeisterinstitut der NWD Musikakademie Detmold (Friedhelm Schulz und Steffen Seithel), nur als Simultankomposition aufführbar, E 1072, UA 1972 Detmold. Magisches Quadrat (strukturiertes Licht), nur simultan aufführbar, E 1973.
Lumière für Flöte solo, UA 1974 Detmold (Paul Meisen). Lumière für Fagott solo, UA 1974 Detmold (Klaus Thunemann). Lumière für Cembalo solo.
Sarahs Traumstündchen, UA 1989 Coesfeld. Bloß nicht einschlafen. Bunte Klänge, UA 1989 Hannover. Die kleine Ballerina, UA 2006 Detmold. Hommage. Ballade, UA 2006 Detmold.
1. Neger Banane Erdbeere nach dem gleichnamigen Bild von Dieter Truttenbach für Horn und Schlagzeug, E 1990, UA 1991 Nürnberg (Wilfried Krüger, Günter Brodmann). 2. Revue der Neuen Wilden für Hr., Schl, Klavier, VA., Vc.,Kb., E 1991, UA 1991 Berlin (Pegnitzschäfer-Klangkonzepte).
1. Musiker, für Tenorblockflöte. 2. Ballettszene, für Altblockflöte. 3. Kleine Landschaft in Regenstimmung, für Tenorblockflöte. 4. Ein Musiker praeludiert, für Sopranino-Blockflöte.
1. Arabische Melodie, UA Jugend musiziert. 2. Mondlied.
1. Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz 2. Ich schlief, doch mein Herz war wach 3. Am Tag seiner Hochzeit 4. Zieh mich herüber zu dir, lass uns eilen 5. Wie schön bist du und wie reizend, du Liebe voller Wonnen.
1. Wasseropfer 2. Musikantinnen 3. Taui 4. Weinlese, Kelter, Jagd 5. Nacht und seine Frau Taui am Opfertisch.
1. Die Verehrenden 2. Johannes (Der Engel im Fleische, Palästina 18. Jahrhundert) 3. Maria 4. Christus/Anbetung.
1. Auf die ligurische Feldblume Campanella 2. Auf die Rosen vor meinem Fenster, UA 2004 (Michel Lethiec) 3. Sonnenblume 4. Hibiscus 5. Die Rose „Königin von Dänemark“ 6. Hypericum (Johanniskraut).
1. La Colombe en vol (Die Taube im Flug) 2. Les Mains liées (Verschränkte Hände) 3. Les Colombes au Miroir (Die Tauben im Spiegel).

Vokalwerke


Ave Maria für gem. Chor und Orgel nach einer Bildauswahl von Meinolf Fritzen, E 1981, UA 1982 (Mainzer Vokalensemble). Gott wohnt in einem Lichte für gem. Chor und Git., zusätzlich Kinderchor, E 1981, UA 1982 (Mainzer Vokalensemble). Gelobet seist du, Jesu Christ für a-cappella-Chöre. Im Frieden dein, o Herre mein, UA 1982 (ZDF). Nun bitten wir den Heiligen Geist, UA 1993 zur Eröffnung des Erzbischöfl. Diözesanmuseums (Ensemble Canta filia Rheda, Vocalensemble Detmold). Singet dem Herrn ein neues Lied, E 1984. Dank sei dir, Vater, E 1984. Du bist der Heilige Herr (Gebet des hl. Franziskus), E 1984.
Bertolt Brecht: Morgens und abends, UA 1997 Brakel (Silvia Hablowetz, Dirk Kaftan). Johannes Bobrowski: Vogelnest. Liun Dsung-Yüan: Heimweh. Nelly Sachs: Völker der Erde, UA 1997 Brakel (Silvia Hablowetz, Dirk Kaftan). Der 120. Psalm, UA 1985 Opernhaus Dortmund anlässlich der Nelly-Sachs-Preisverleihung an Nadine Gordimer (Ingeborg Ruß, Gabriel Rosenberg).
Mein Lied. Ein alter Tibetteppich. Mein Volk. Zebaoth.
Graduale und Tractus auf eine westfälische Kreuzigungsgruppe auf dem Friedhof von St. Vit, Rheda-Wiedenbrück. Sequentia auf eine ligurische Madonna.
Der Weiher. Blumentod (Wie sind meine Finger so grün). Das Schilf.
1. Was die Gelehrten reden, ist nur Kohl. 2. Des Urwalds Riesen splittern.
1. Die Taxuswand 2. Am letzten Tag des Jahres.

Werke für Orgel


Prolog: Höre, Israel (Mose 5.6, 4-9) 1. Nordwind erwache! Südwind herbei! (Hoheslied 4.16) 2. Ich schlafe, aber mein Herz wacht (HL 5.2) 3. Am Tage seiner Hochzeit (HL 3.11) 4. Zieh mich mit dir, jauchzen wir und jubeln (HL 1.4) 5. Stark wie der Tod ist die Liebe (HL 8.6).

Aufnahmen





Einzelnachweise


  1. Westfalenspiegel, Münster, Ausgabe 5/2008, S. 46.
  2. Farbklänge und Klangfarben in: Neue Westfälische, Bielefeld, Ausgabe 5. Oktober 2007.
  3. Dichtung in Töne umgesetzt in: Neue Westfälische, Bielefeld, Ausgabe 25. Oktober 2004.
  4. Walter Steffens: Eli – Das Mysterienspiel vom Leiden Israels als Oper, in: Nelly Sachs zu Ehren. Zum 75. Geburtstag am 10. Dezember 1966, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 1966.
  5. Jahrbuch 2006 des Kreises Höxter, Bonifatius Verlag Paderborn, S. 78.
  6. Von der Kunst der Bildvertonung in: Neue Westfälische, 23. Mai 2006.
  7. Programmheft der Hamburgischen Staatsoper zur Uraufführung von Unter dem Milchwald, Hamburg 1972.
  8. Vom Klang der Bilder – Die Musik in der Kunst des 20. Jahrhunderts, herausgegeben von Karin von Maur, Prestel-Verlag, München 1985.
  9. Linien, Briefe, Notationen, Katalog der Städtischen Galerie Lüdenscheid, 1986.
  10. Zitiert nach Krieg und Frieden in der Musik, herausgegeben von Susanne Rode-Breymann, Georg Olms Verlag, Hildesheim 2007, S. 44.
  11. Monika Fink: Musik nach Bildern, Edition Helbling, Innsbruck 1988.
Personendaten
NAME Steffens, Walter
KURZBESCHREIBUNG deutscher Komponist
GEBURTSDATUM 31. Oktober 1934
GEBURTSORT Aachen

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Walter Steffens (born 31 October 1934) is a German composer. He is noted for the diversity of his creative works, but has specialised in opera, such as Eli, as well as music inspired by paintings.



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