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Ferruccio (Dante Michelangelo Benvenuto) Busoni (* 1. April 1866 in Empoli bei Florenz; † 27. Juli 1924 in Berlin) war ein italienischer Pianist, Komponist, Dirigent, Librettist, Essayist und Musikpädagoge. Neben den eigenen Kompositionen transkribierte und arrangierte er zahlreiche Werke anderer Komponisten. Außerdem gab er Klavierwerke von Johann Sebastian Bach und Franz Liszt heraus. Als Dirigent lag ihm zeitgenössische Musik am Herzen.

Ferruccio Busoni, 1913
Ferruccio Busoni, 1913

Leben


Ferruccio Busoni war das einzige Kind eines italienischen Klarinettenvirtuosen und einer deutschstämmigen Pianistin aus Triest.[1] Ferruccio wuchs zweisprachig auf. Seinen ersten Unterricht erhielt er von seinen Eltern, die seine frühe Karriere vorantrieben und seine Auftritte vermarkteten. Bereits im Alter von sieben Jahren begann Busoni Klavierstücke zu komponieren – die ersten acht Werke im Busoni-Verzeichnis (BV) entstanden im Zeitraum Juni bis Oktober 1873. Im November 1873 gab er in Triest sein Debüt als Pianist mit Stücken von Mozart, Schumann und Clementi.[2] 1875 trat er erstmals als Solist eines Klavierkonzerts auf (Mozarts 24. Klavierkonzert).[3] Im Alter von 9 bis 11 Jahren studierte er am Wiener Konservatorium. Er komponierte weiterhin fleißig: In den vier Jahren 1875 bis 1878 entstanden die Werke BV 15 bis BV 98, darunter im März 1878 das viersätzige Konzert für Klavier und Streichquartett in d-Moll op. 17 (BV 80). 1881 wurde er im Alter von 15 Jahren Mitglied der Accademia Filarmonica in Bologna.

Ab 1886 unterrichtete Busoni am Leipziger Konservatorium. Ab 1888 war er Klavierlehrer am Konservatorium in Helsinki, wo er zu einem Förderer und Freund von Jean Sibelius wurde. 1890/91 hielt er sich in Moskau auf. Dort heiratete er Gerda Sjöstrand (1862–1956), die Tochter eines schwedischen Bildhauers. Aus der Ehe gingen die beiden Söhne Benvenuto und Rafaello hervor.

Ferruccio Busoni (ca. 1895)
Ferruccio Busoni (ca. 1895)
Gedenktafel in Berlin-Schöneberg, Viktoria-Luise-Platz 11
Gedenktafel in Berlin-Schöneberg, Viktoria-Luise-Platz 11

Nach einer weiteren Station in Boston (1891 bis 1894) ließ sich Busoni 1894 in Berlin nieder. Ab 1910 wohnte er in Berlin-Schöneberg im fünften Stockwerk des Gebäudes Viktoria-Luise-Platz 11, wo eine Gedenktafel an ihn erinnert. Er blieb italienischer Staatsbürger. Italien kündigte nach der Unterzeichnung des geheimen Londoner Vertrages am 4. Mai 1915 den Dreibundvertrag und trat am 23. Mai 1915 auf der Seite der Entente in den Ersten Weltkrieg ein. Busoni wurde dadurch zum „feindlichen Ausländer“ und zog deshalb nach Zürich.[4]

1920[5][6] kehrte er aus dem Exil nach Berlin zurück und bezog wieder seine Wohnung am Viktoria-Luise-Platz. Hier hatte er eine Bibliothek mit 5000 Büchern, darunter 53 Bände mit Werken von E. T. A. Hoffmann und 176 Cervantes-Bände.[7] Bis zu seinem Tod unterrichtete er an der Berliner Akademie der Künste eine Meisterklasse in Komposition.

Durch die Inflation von 1914 bis 1923 verlor Busoni sein gesamtes Geldvermögen. Seine Gesundheit litt unter dem langjährigen reichlichen Genuss von Wein und Zigarren. Er ignorierte die Warnung eines Arztes, der ihm Alkohol und Nikotin verbieten wollte. Sein Freund Jakob Wassermann, der ihm im Dezember 1922 zum letzten Mal begegnete, als Busoni 56 Jahre alt war, erinnerte sich an ihn als einen Greis mit „zerwühltem“ Gesicht und schneeweißem Haar.[7] Verarmt und vorzeitig gealtert starb Busoni im Alter von 58 Jahren. Sein Ehrengrab auf dem Friedhof Schöneberg III in Berlin-Friedenau (Abt. 6–56) wurde von Georg Kolbe gestaltet.


Werk



Charakteristik


Das Frühwerk Busonis zeigt den romantischen Hintergrund von Komponisten wie Schumann, Chopin und Mendelssohn, später auch Johannes Brahms, dem er zunächst mit respektvoller Distanz begegnete und dessen f-Moll-Sonate er 1884 im Beisein des Kritikers Eduard Hanslick in Wien spielte. Der Einfluss der Händel-Variationen lässt sich in Busonis frühen Chopin-Variationen op. 22 (BV 213) nachweisen; in dem von Max Reger gelobten Konzertstück op. 31 a (BV 236) von 1890 ist Brahms ebenfalls hörbar.[8]

Wie kein anderer Komponist bestimmte hingegen Johann Sebastian Bach die pianistische und kompositorisch-künstlerische Entwicklung Busonis, der später die Gesamtausgabe seines Klavierwerks bei Breitkopf & Härtel betreute und mit Anmerkungen versah. Die Bedeutung Bachs, der ebenfalls eigene und fremde Werke bearbeitete, zeigt sich in der kontrapunktischen Struktur vieler Kompositionen sowie in zahlreichen Transkriptionen. Die Schwierigkeit einiger Bach-Bearbeitungen ist den hohen Anforderungen und Klangvorstellungen Busonis geschuldet, der die Ausgangskompositionen auf das Niveau eines Virtuosen heben wollte. So wurde seine Fantasia contrappuntistica als Versuch gewertet, Bachs vermutlich als Quadrupelfuge konzipiertes Werk „zu Ende zu denken“ und das Klavier dabei „zu vergessen“.[9] Der Kritik an seinen zahlreichen Änderungen, Varianten und Erweiterungen erwiderte Busoni, dass er stets den schöpferischen Gedanken für vollkommen halte, nicht aber dessen musikalische oder satztechnische Umsetzung.

Bereits mit seinen zwischen 1907 und 1909 geschriebenen Elegien BV 249 zeigt sich ein Neubeginn seiner Entwicklung, was von Busoni selbst so gedeutet wurde, als er angab, in ihnen sein „ganz persönliches Gesicht“ aufgesetzt zu haben.[8] Mit ihrer erweiterten Tonalität und den stellenweise bitonalen Ansätzen gehen sie über die gebräuchliche Funktionsharmonik der Zeit ebenso hinaus wie die Sonatinen, in denen sich ebenfalls bitonale Strukturen finden.[10]


Kompositionen und Bearbeitungen (Auswahl)


Thematisch-chronologisch geordnet wurden die Werke Ferruccio Busonis im Kindermannverzeichnis (KiV), das auch Busoni-Verzeichnis (BV) genannt wird.

Opern

Umschlagillustration zur Orchestersuite für Turandot, 1906
Umschlagillustration zur Orchestersuite für Turandot, 1906

Instrumentalmusik


Schriften


Musiktheoretische Schriften

Busonis musiktheoretische Schrift Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst von 1907 enthält Überlegungen zu neuen Tonskalen, Sechsteltonsystemen und erste Ahnungen der Möglichkeiten elektrisch erzeugter Klänge. Die Veröffentlichung der überarbeiteten Fassung im Jahr 1916 löste heftige Kontroversen aus. Der konservative Wagner-Verehrer Hans Pfitzner reagierte 1917 mit seiner polemischen Schrift Futuristengefahr.

Briefe


Schüler von Ferruccio Busoni


Grabmal Busonis auf dem Friedhof in Berlin-Friedenau
Grabmal Busonis auf dem Friedhof in Berlin-Friedenau

Ehrungen



Literatur


chronologisch:



Wikisource: Ferruccio Busoni – Quellen und Volltexte
Wikisource: Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst – Quellen und Volltexte
Commons: Ferruccio Busoni – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Die These von der vermeintlichen Existenz eines älteren Zwillingsbruders namens Federico Busoni beruht auf einem Aprilscherz im Zusammenhang mit einer Rundfunksendung anlässlich des 150. Geburtstages von Ferruccio Busoni (Deutschlandfunk, Kultur heute am 1. April 2016 17:47 Uhr. Titel des Beitrages: Der verschollene Zwillingsbruder).
  2. Edward J. Dent: Ferruccio Busoni: A Biography. Oxford University Press, London 1933, S. 17.
  3. Antony Beaumont: Busoni, Ferruccio. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  4. Hans Jelmoli: Ferruccio Busonis Zürcher Jahre; Hug & Co., Zürich 1929; 30 S., ill.; (Neujahrsblatt der Allgemeinen Musik-Gesellschaft in Zürich, 117); im Anhang: Theaterzettel und Konzertprogramme 1916–1919.
  5. Michael Horst: Pianist und Komponist, Denker und Lehrer: Auf den Spuren von Ferruccio Busoni concerti.de, 17. August 2011.
  6. Ferruccio Busoni und die Berliner Philharmoniker berliner-philharmoniker.de, 2016.
  7. Sklave der Triebe. In: Der Spiegel. Nr. 49, 1967, S. 190193 (online).
  8. Helmut Wirth: Busoni, Ferruccio Benvenuto. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Erste Ausgabe, Band 2 (Boccherini – Da Ponte). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1952, DNB 550439609, Sp. 520–527
  9. Reinhard Ermen: Ferruccio Busoni. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1996, S. 40.
  10. Hermann Grabner: Allgemeine Musiklehre. 24. Auflage. Bärenreiter, Kassel 2008, ISBN 978-3-7618-0061-4, S. 141.
  11. ISCM Honorary Members
Personendaten
NAME Busoni, Ferruccio
ALTERNATIVNAMEN Busoni, Ferruccio Dante Michelangelo Benvenuto (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG italienischer Pianist, Komponist, Dirigent und Musiklehrer
GEBURTSDATUM 1. April 1866
GEBURTSORT Empoli, Metropolitanstadt Florenz
STERBEDATUM 27. Juli 1924
STERBEORT Berlin

На других языках


- [de] Ferruccio Busoni

[en] Ferruccio Busoni

Ferruccio Busoni (1 April 1866 – 27 July 1924) was an Italian composer, pianist, conductor, editor, writer, and teacher. His international career and reputation led him to work closely with many of the leading musicians, artists and literary figures of his time, and he was a sought-after keyboard instructor and a teacher of composition.

[es] Ferruccio Busoni

Dante Michelangelo Benvenuto Ferruccio Busoni (Empoli, Italia, 1 de abril de 1866 – Berlín, Alemania, 27 de julio de 1924) fue un compositor, pianista virtuoso, profesor y director de orquesta italiano.

[ru] Бузони, Ферруччо

Да́нте Микела́нджело Бенвену́то Ферру́ччо Бузо́ни (итал. Dante Michelangelo Benvenuto Ferruccio Busoni; 1 апреля 1866, Эмполи — 27 июля 1924, Берлин) — итальянский композитор, пианист, дирижёр и музыкальный педагог, музыковед.



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