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Otto Carl August zur Nedden, meist nur Otto C. A. zur Nedden, (* 18. April 1902 in Trier; † 23. Oktober 1994 in Dortmund) war ein deutscher Theater- und Musikwissenschaftler, Chefdramaturg, Hochschulprofessor, Dramatiker, Sachbuchautor und Klassiker-Herausgeber, dessen bedeutendstes Werk Reclams Schauspielführer bis zur 21. Auflage war.


Leben


Otto C. A. zur Nedden wurde am 18. April 1902 als Sohn des Regierungspräsidenten Eduard zur Nedden in Trier geboren.[1] Nach seinem Studium der Musikwissenschaft, Literatur und Philosophie in Tübingen, München, Marburg und Freiburg promovierte er 1925 in Marburg mit einer Dissertation zur Operngeschichte. Seit 1920 war er Mitglied des Corps Suevia Tübingen.[2] Bis 1930 arbeitete zur Nedden freiberuflich als Theaterkritiker in Karlsruhe und Stuttgart, bis er von Martin Karl Hasse zum Assistenten ans Musikwissenschaftliche Seminar der Eberhard Karls Universität nach Tübingen berufen wurde.[3] Zur Nedden trat schon im Januar 1931 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 552.547)[4] und gründete im Juli 1931 die Tübinger Ortsgruppe des Kampfbundes für deutsche Kultur. Ab März 1933 fungierte er als dessen Landesleiter des Gaus Württemberg-Hohenzollern und empfahl sich so für ein Ehrenamt im Kultusministerium. Neben seinem laufenden Habilitationsverfahren wurde er zum Kulturreferenten ernannt und erhielt im Mai 1933; die Dienstbezeichnung „Regierungsrat“. Wegen eines Gerichtsverfahrens nach § 175, mit Verdacht auf Homosexualität, musste zur Nedden diese Stelle nach wenigen Monaten aufgeben. Seine Habilitationsschrift Beiträge zur Geschichte der Musik am Oberrhein wurde von einem externen Gutachter als ungeeignet abgelehnt. Doch reichte er im April 1933 bei der Philosophischen Fakultät den ersten Teil seiner neuen Schrift Der konzertierende Stil. Ein Stilprinzip der Musikgeschichte nur handschriftlich ein und erhielt trotzdem bereits am 20. Mai 1933 die Venia Legendi. Im Oktober 1933 versuchte zur Nedden sich an der Universität in Freiburg umzuhabilitieren, was aber scheiterte.[5] Er verließ die Universität und wurde dank Parteiverbindungen 1934 Chefdramaturg am Deutschen Nationaltheater in Weimar, wo er bis 1944 arbeitete. Er habilitierte sich zu Beginn des Sommersemesters 1936 an der Universität Jena um und wirkte dort als Dozent des musik- und theaterwissenschaftlichen Instituts.[1][3][5] Es wird vermutet, dass andauernde Gerüchte über zur Neddens homosexuelle Neigungen, trotz seiner Vermählung im September 1936, sowohl seine Anstellung als Leiter der Musikabteilung in Joseph Goebbels’ Propaganda-Ministerium in Berlin, als auch die Ernennung zum Professor verhinderten.[5] 1939 bemühte sich zur Nedden erneut um eine Professur, doch die fachlichen Gutachten seiner Kollegen über seine wissenschaftlichen Leistungen wie auch über die Qualität der Arbeit als Dramaturg, fielen negativ aus, obschon seine politische Zuverlässigkeit nicht angezweifelt wurde. Doch die Jenaer Universität forderte im August 1944 erneut eine Professorenstelle für ihn, woraufhin in den letzten Kriegsmonaten zur Neddens Ernennung zum außerplanmäßigen Professor für Musik- und Theaterwissenschaft am 1. Februar 1945 erfolgte.[5]

Neben seinen beruflichen Verpflichtungen profilierte er sich vom 30. Lebensjahr an bis ins hohe Alter mit eigenen Dramen als Theaterautor.

1937 hielt zur Nedden Vorlesungen über „rassische Probleme der zeitgenössischen Musikpflege“. 1938 wurde er zum Direktor des Musikwissenschaftlichen Seminars und des Theaterwissenschaftlichen Instituts der Friedrich-Schiller-Universität Jena ernannt.[1] Am 25. Februar 1938 wurde sein Lustspiel Der Stier geht los im Residenztheater München uraufgeführt.[6] Zu seinen Nebenposten gehörte auch die des „Stellenleiters für Musik und Bühnendichtung“ in der Gaupropagandaleitung Thüringen.[3] In seinem Werk Drama und Dramaturgie im 20. Jahrhundert. Abhandlungen zum Theater und zur Theaterwissenschaft der Gegenwart propagierte er die „rassische Zusammengehörigkeit und Blutsverwandtschaft“ der altgriechischen Dramatik mit Shakespeare und der deutschen Klassik.[7] 1939 erschien seine dramaturgische Bearbeitung von Christopher Marlowes Stück Der Jude von Malta, das er als das „beste und bedeutendste antisemitische Schauspiel der dramatischen Weltliteratur“ bezeichnete und auch plante, es zu verfilmen. Seine Marlowe-Bearbeitung gehörte auch zum Kulturprogramm der Ausstellung Entartete Musik.[3] Nachdem die Marlowe-Verfilmung nicht realisiert werden konnte,[3] wurde jedoch seine Komödie Der Stier geht los 1940 unter dem Titel Hochzeitsnacht von der UFA verfilmt.[8]

1944 verpflichtete man ihn zur Germanisierung norwegischer Studenten, die im Konzentrationslager Buchenwald interniert waren.[1] Seit 1945 hatte er den Posten als Generalsekretär der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft inne.[3]

Nach dem Zweiten Weltkrieg und nach verlorener Professur setzte zur Nedden sowohl seine wissenschaftliche Karriere als auch seine Arbeit als Dramatiker fort. Sein Entnazifizierungsverfahren zog sich über mehrere Jahre bis 1949 hin, auch weil sich gegen seine Entlastung öffentlicher Widerspruch regte.[5] Uneinsichtig zeigte zur Nedden sich bezüglich seiner NSDAP-Mitgliedschaft, was ein Brief an den ebenfalls nazistisch belasteten Hans Egon Holthusen belegt, in dem zur Nedden nur demjenigen ein Urteil darüber zugesteht, der die NS-Zeit miterlebt habe.[9] Nach einem Fachwechsel engagierte sich er nun hauptsächlich in der Theaterwissenschaft, arbeitete an der Opernschule des Konservatoriums in Duisburg und leitete die Studiobühne der theaterwissenschaftlichen Abteilung der Universität Köln.[5] 1957 wirkte zur Nedden zunächst als Lehrbeauftragter und ab 1961 als außerplanmäßiger Professor für Theaterwissenschaft an der Universität zu Köln. 1952 nahm er sich für den Reclam-Verlag in Stuttgart der Übersetzung des Lustspiels Der Diener zweier Herren (Carlo Goldoni) von Friedrich Ludwig Schröder an, bearbeitete diese und schrieb ein neues Nachwort, das noch in den Reclam-Nachauflagen der folgenden Jahrzehnte zu finden ist.[10] Ebenfalls für Reclam schrieb zur Nedden Nachworte zu Klassiker-Ausgaben und seit 1953 war er Herausgeber von Reclams Schauspielführer (mit Karl Heinrich Ruppel), der bis zur Jahrtausendwende zahlreiche Neuauflagen erlebte.[1] Auch seine eigenen Dramen aus der Vorkriegszeit wurden neu aufgelegt.

Zur Nedden starb am 23. Oktober 1994 in Dortmund.[1]


Werke (Auswahl)



Dramen



Kulturgeschichtliche Werke



Theater- und musikwissenschaftliche Werke



Festschriften von und über ihn



Herausgeberschaft



Filmografie



Einzelnachweise


  1. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945 (= Die Zeit des Nationalsozialismus. Nr. 17153). Vollständig überarbeitete Ausgabe Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-596-17153-8, Nedden, S. 388.
  2. Kösener Corpslisten 1960, 129, 818
  3. Justus H. Ulbricht: „Goethe-Schiller-Universität Jena-Weimar“? Die Salana im politisch-intellektuellen Netzwerk der Doppelstadt. Eine Skizze. In: Uwe Hoßfeld, Jürgen John, Oliver Lemuth, Rüdiger Stutz (Hrsg.): „Kämpferische Wissenschaft“. Studien zur Universität Jena im Nationalsozialismus. Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2003, ISBN 3-412-04102-5, S. 321–360.
  4. Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. Kiel 2004, CD-ROM-Lexikon, S. 4819.
  5. Christina Richter-Ibáñez: [] ganz besonders deutsch“: Karl Hasses Karriere als Musikwissenschaftler in Tübingen und die (Um-)Habilitation seines Assistenten Otto zur Nedden. (PDF; 902,8 kB) Beitrag zur Jahrestagung der Gesellschaft für Musikforschung Halle/Saale 2015 – „Musikwissenschaft: die Teildisziplinen im Dialog“. In: schott-campus.com. Wolfgang Auhagen, Wolfgang Hirschmann, 2016, abgerufen am 27. Februar 2017.
  6. Die 12 Jahre im Prinzregententheater. 1938. In: theodor-frey.de. Theodor Frey, abgerufen am 27. Februar 2017 (von der Website des Residenztheaters übernommen, wo es inzwischen gelöscht wurde).
  7. Otto C. A. zur Nedden: Drama und Dramaturgie im 20. Jahrhundert. Abhandlungen zum Theater und zur Theaterwissenschaft der Gegenwart (= Das Nationaltheater. Schriftenreihe des Theaterwissenschaftlichen Instituts der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Band IV). 3. verbesserte und erweiterte Auflage. Konrad Triltsch Verlag, Würzburg 1944, S. 3 (Haupttitelseite).
  8. zur Nedden. In: Gerhard Lüdtke (Hrsg.): Kürschners deutscher Literatur-Kalender 1943. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1943, Sp. 778–779.
  9. Nicolas Berg: Selbstnazifizierung einer Komplizenschaft. Die Vorgeschichte des SS-Bekenntnisses von Hans Egon Holthusen und seiner Kontroverse mit Jean Améry. In: Werner Konitzer (Hrsg.): Moralisierung des Rechts. Kontinuitäten und Diskontinuitäten nationalsozialistischer Normativität (= Jahrbuch […] zur Geschichte und Wirkung des Holocaust). Campus Verlag, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-593-50168-0, Reaktionen auf Holthusens Merkur-Text, S. 223 ff.
  10. Volker Kapp, Frank-Rutger Hausmann, Stefani Arnold, Christine Asiaban (Hrsg.): Bibliographie der deutschen Übersetzungen aus dem Italienischen von 1730 bis 1990 (= Bibliographie der deutschen Übersetzungen aus dem Italienischen von den Anfängen bis zur Gegenwart. Band II/1 A–Goldoni). Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2004, ISBN 3-484-50331-9, Goldoni, Carlo, 4450.


Personendaten
NAME zur Nedden, Otto C. A.
ALTERNATIVNAMEN zur Nedden, Otto C.; zur Nedden, Otto K.; zur Nedden, Otto Karl August; zur Nedden Otto Karl August
KURZBESCHREIBUNG deutscher Autor, Dramaturg, Theaterwissenschaftler, Musikhistoriker, Hochschullehrer und Herausgeber
GEBURTSDATUM 18. April 1902
GEBURTSORT Trier
STERBEDATUM 23. Oktober 1994
STERBEORT Dortmund



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