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Carlo Gesualdo (Don Carlo Gesualdo da Venosa) (* 8. März 1566 in Venosa; † 8. September 1613 in Gesualdo, Provinz Avellino) war ein italienischer Fürst und Komponist.

Carlo Gesualdo
Carlo Gesualdo

Leben


Carlo Gesualdo war Sohn von Fabrizio II., Fürst von Venosa, und der Girolama Borromeo. Er wurde benannt nach seinem Onkel Karl Borromäus, dem später heiliggesprochenen Kardinal und Erzbischof von Mailand. Seine Mutter war eine Nichte von Papst Pius IV. Am Hofe erhielt er früh eine fundierte musikalische Ausbildung in Komposition und dem Spiel der Bass-Laute. Nach dem Tod seines älteren Bruders 1585 rückte er in der Erbfolge nach. 1586 heiratete er seine Cousine Maria d’Avalos (* 1562).[1]

1590 erfuhr Gesualdo von einer Affäre seiner Ehefrau, Maria d’Avalos. Gesualdo und seine Vertrauten griffen zu einer List, um sie des Ehebruchs zu überführen: Sie gaben vor, einen Jagdausflug zu machen, kehrten jedoch noch am selben Abend zurück und ertappten das Liebespaar in flagranti. In Folge kam es zu drei Morden, deren genaue Täterschaft ungeklärt ist: Neben Gesualdos Frau starben ihr Liebhaber, Fabrizio Carafa, und eine kleine Tochter, deren Vaterschaft unklar war, in dieser Nacht. Eine gerichtliche Untersuchung blieb folgenlos, da „Ehrenmorde“ unter Adligen nicht gesühnt wurden. Gesualdo floh jedoch, um der Rache der Familien der Opfer zu entgehen, und verbrachte die nächsten vier Jahre im gleichnamigen Schloss Gesualdo.

1591 trat er die Nachfolge seines Vaters als Fürst von Venosa an.[1]

1594 heiratete er durch Vermittlung seines Onkels, des Kardinals Alfonso Gesualdo, erneut und verbrachte mit seiner zweiten Ehefrau, Leonora d’Este, zwei Jahre in Ferrara. In dieser Zeit entstand vermutlich ein Großteil seiner Kompositionen, besonders die ersten vier Madrigalbücher. Danach zog er sich erneut auf Schloss Gesualdo zurück.

Die Vergebung des Carlo Gesualdo von Giovanni Balducci
Die Vergebung des Carlo Gesualdo von Giovanni Balducci

Nachdem 1600 das einzige Kind aus seiner zweiten Ehe gestorben war, verstärkten sich Gesualdos Depressionen, und er wandte sich der Komposition von geistlicher Musik zu. 1611 veröffentlichte er seine letzten Werke.

Giovanni Balducci aus Neapel beauftragte er mit dem Altargemälde Die Vergebung des Carlo Gesualdo (italienisch: Il perdono di Carlo Gesualdo). Auf ihm sind die Auferstehung Christi, die Hölle, links unten Gesualdo und auf der gegenüberliegenden Seite seine Frau Leonora d’Este als Bittsteller abgebildet.[2] Sein Onkel, Kardinal Karl Borromäus, steht für ihn bittend hinter ihm.


Werk


Das kompositorische Schaffen Gesualdos umfasst eine Reihe von geistlichen Werken, darunter die Responsorien zur Liturgie der Kartage und Motetten, sowie sechs Bücher mit Madrigalen. Ein siebtes Madrigalbuch ist nur unvollständig erhalten.

Zeitlich steht Gesualdo am Übergang der Renaissance zum Barock, wobei sein manieristischer Stil stets der Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts verpflichtet bleibt. Kennzeichnend für den Kompositionsstil Gesualdos ist der häufige Einsatz von Chromatik und unerwarteten Tonartwechseln zum Zwecke der eindringlichen Ausdeutung der Textvorlagen.

Damit steht er in der Tradition anderer Madrigalisten wie Giaches de Wert und Luca Marenzio. Gesualdos Werk wurde bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts von höfisch-akademischen Kreisen rezipiert, verschwand jedoch, als die neue Gattung der Oper ihren Siegeszug antrat.


Rezeption


Die Mordtat hat über die Jahrhunderte hinweg die Beschäftigung mit Gesualdos Musik und Leben bestimmt. Beispielsweise werden die Geschehnisse in der barocken Tragödie Il tradimento per l’onore (1664) von Giacinto Andrea Cicognini anhand einer fiktiven Personenkonstellation neu erzählt. Eine längere Nacherzählung der Vita Gesualdos enthalten auch die Romane Melodien oder Nachträge zum quecksilbernen Zeitalter (1993) von Helmut Krausser und Madrigal (1968) von László Passuth.

Im 20. Jahrhundert fanden vor allem seine Madrigale aufgrund ihrer kühnen Stimmführung und Harmonik wieder Beachtung. Zahlreiche Komponisten befassten sich mit Gesualdo. So bearbeitete etwa Igor Strawinsky in Momentum pro Gesualdo di Venosa ad CD annum. Three Madrigals recomposed for instruments (1960) drei Madrigalvorlagen. Strawinski äußerte sich in Themes and Conclusions über Gesualdo: ... as Gesualdo’s mode of expression is dramatic, highly intimate, and very much in earnest, he weights the traditional madrigal of poised sentiments and conceits, of amorous delicacies and indelicacies, with a heavy load.

Noch einmal neu belebte sich in den 1990er Jahren das Interesse an der historischen Figur Gesualdos und seiner Musik. So erhielt Klaus Huber vom französischen Vokalensemble Les Jeunes Solistes den Auftrag, zu Gesualdos Karfreitagsresponsorien die fehlenden Lamentationes zu komponieren. 1993 legte er mit Quia clamavi ad te: Miserere die Lectio prima vor. Die Besetzung gleicht denen der Responsorien Gesualdos: Cantus, Sextus, Altus, Tenor, Quintus und Bassus. Die 1996/97 vervollständigte Serie der Lamentationes wurde 1997 unter dem Titel Lamentationes Sacrae et Profanae ad Responsoria Iesualdi bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik von den Jeunes Solistes uraufgeführt.[3]

Eine weitere intensive Auseinandersetzung mit Leben und Werk Gesualdos stammt von Salvatore Sciarrino, der sich seit den neunziger Jahren diesem Thema gewidmet hat und neben der Bearbeitung von Madrigalen (u. a. in Le voci sottovetro für Ensemble und Stimme, 1998) eine Burleske in der Tradition des sizilianischen Puppentheaters (Terribile e spaventosa storia del Principe da Venosa et della bella Maria für Mezzosopran, Saxophonquartett und Schlagzeug, 1999) sowie eine Oper nach Cicogninis Tragödie (Luci mie traditrici, deutscher Titel: Die tödliche Blume, 1996–98) schuf.

Weitere Bearbeitungen des Gesualdo-Stoffes für die Opernbühne stammen von Alfred Schnittke (Gesualdo, Oper in sieben Bildern, einem Prolog und einem Epilog, 1994)[4] , Franz Hummel (Gesualdo, Oper in zwei Akten, 1996) und Marc-André Dalbavie (Gesualdo, Oper in drei Akten, 2010). Francesco d’Avalos (1930–2014), ein Nachfahre der ermordeten Maria d’Avalos, komponierte 1992 das Musikdrama Maria di Venosa, das er selbst auf CD einspielte.[5] 1995 erschien Werner Herzogs Film Gesualdo – Tod für fünf Stimmen.[6] Luca Francesconi schuf 2004 die Oper Gesualdo considered as a murderer, nach einem Libretto von Vittorio Semonti. Die Oper wurde im Rahmen des Holland Festival am 5. Juni 2004 uraufgeführt.[7]

Der deutsche Komponist Valentin Ruckebier vertonte den Text des bekannten Gesualdo-Madrigals Moro, lasso in seinem Werk Thoughts Before Leaving für Chor neu, welches Bezug auf die tragische Lebensgeschichte Carlo Gesualdos nimmt.

In dem 2015 unter der Regie von Rupert Goold erschienenen Film True Story – Spiel um Macht wird in einem Dialog anhand des eingespielten Madrigals „Se la mia morte brami“ (Wenn du meinen Tod wünschst) auf die Schuld des angeklagten Mörders hingewiesen.


Ausgaben


Bisher ist noch keine vollständige, historisch-kritische Ausgabe von Gesualdos Gesamtwerk erschienen. Zu seinen Lebzeiten erschienen sind Noten-Ausgaben in der Offizin von Vittorio Baldini, dem Privatdrucker von Ercole II. d’Este und in Neapel bei Giovanni Giacomo Carlino. Alle Erstauflagen sind nicht vollständig überliefert. Allerdings gibt es eine Reihe von unmittelbar nachfolgenden Nachdrucken, die bei Edition seiner Werke berücksichtigt wurden. Neben den sechs Büchern mit Madrigalen zu fünf Stimmen sind weitere drei von Gesualdo komponierte Bücher mit geistlicher Musik überliefert sowie einige vokale und instrumentale Kompositionen, die sich in Anthologien oder Manuskripten finden.[8]

1. Madrigale, Buch 1. 2002.
6. Madrigale, Buch 6. 1982.
9. Sacrae Cantiones. Buch 2. 2002.
10. Instrumentalstücke, Psalmen und Canzonetten.
Responsorien. 1982.

Literatur




Commons: Carlo Gesualdo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Kathleen Kuiper: Carlo Gesualdo, principe di Venosa, conte di Conza (englisch) Britannica. Abgerufen am 25. Juli 2014.
  2. Eleonore Büning: Fahl und farblos schweben die Tenöre. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 27. März 2013, abgerufen am 8. April 2013.
  3. Details zu Lamentationes Sacrae et Profanae ad Responsoria Iesualdi im Werkkommentar von Klaus Huber.
  4. Schnittke, Alfred, Gesualdo (1993) Boosey & Hawkes, abgerufen am 21. Juni 2021
  5. Maria di Venosa bei AllMusic (englisch)
  6. Tod für fünf Stimmen, abgerufen am 2. November 2022
  7. Andrew Glements: Gesualdo considered as a murderer The Guardian, 11. Juni 2004, abgerufen am 21. Juni 2021
  8. Carlo Gesualdo (1566–1613), New Gesualdo Edition Bärenreiter, abgerufen am 18. Oktober 2022
Personendaten
NAME Gesualdo, Carlo
ALTERNATIVNAMEN Don Carlo Gesualdo, Principe di Venosa
KURZBESCHREIBUNG italienischer Fürst und Komponist
GEBURTSDATUM 8. März 1566
GEBURTSORT Neapel, Italien
STERBEDATUM 8. September 1613
STERBEORT Gesualdo, Provinz Avellino, Italien

На других языках


- [de] Carlo Gesualdo

[en] Carlo Gesualdo

Carlo Gesualdo da Venosa (c. 30 March 1566 – 8 September 1613) was Prince of Venosa and Count of Conza. As a composer he is known for writing madrigals and pieces of sacred music that use a chromatic language not heard again until the late 19th century. He is also known for killing his first wife and her aristocratic lover upon finding them in flagrante delicto.

[es] Carlo Gesualdo

Carlo Gesualdo, príncipe de Venosa y conde de Conza (Venosa, Basilicata, 8 de marzo de 1566-Avellino, Campania, 8 de septiembre de 1613), fue un compositor italiano, una de las figuras más significativas de la música de finales del Renacimiento con madrigales intensamente expresivos y piezas de música sacra con un cromatismo que no volverá a escucharse hasta finales del siglo XIX. El hecho más conocido de su vida fue el asesinato de su primera esposa y su amante al encontrarlos "en flagrante delito". Olvidado con el tiempo, fue redescubierto en el siglo XX debido a la fascinación por su extraordinaria música y sus impactantes hechos personales.

[ru] Джезуальдо, Карло

Ка́рло Джезуа́льдо да Вено́за (итал. Don Carlo Gesualdo da Venosa, также Джезуальдо ди Веноза; 8 марта 1566, по другим данным, 1560 или 1561, Веноза — 8 сентября 1613, Джезуальдо, провинция Авеллино) — итальянский композитор. Вошёл в историю музыки как автор мадригалов уникального хроматического стиля.



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