Marc-Antoine Charpentier [maʁk ɑ̃ˈtwan ʃaʁpɑ̃ˈtje] (* um 1643 in Paris; † 24. Februar 1704 ebenda) war ein französischer Komponist zur Zeit Ludwigs XIV. Eines seiner bekanntesten Werke ist das Hauptthema aus dem Präludium seines Te Deum, das heute als Fanfare bei Fernseh-Übertragungen im Rahmen der Eurovision verwendet wird.
„Monsieur Charpentier“ aus Pierre Landrys Almanach Royale (1682); vermutlich Marc-Antoine Charpentier
Leben
Neuentdecktes Porträt, das angeblich Charpentier darstellen könnte (Fälschung bisher noch nicht ausgeschlossen, Papier um 1750)
Sein Vater und Großvater waren hohe Beamte am französischen Hof und beim Parlement de Paris, so dass eine Karriere als Künstler ein ungewöhnlicher Weg für Charpentier war. Doch angezogen von italienischen Bildern, reiste er 1665 nach Rom, um dort Malerei zu studieren. Er kam in Kontakt mit Giacomo Carissimi, dem damals berühmtesten römischen Komponisten, und wurde dessen Schüler.
1670 erhielt er eine Anstellung bei Marie de Lorraine (1615–1688), genannt Mademoiselle de Guise, die an ihrem Hof ein berühmtes Musiker- und Sängerensemble unterhielt. 1672 folgte er der Bitte von Molière, die Stelle von Jean-Baptiste Lully zu übernehmen, um den musikalischen Teil seiner Ballett-Komödien am théatre français zu gestalten.
Nach dem Tode von Mademoiselle de Guise 1688 erhielt Charpentier eine Anstellung bei den Jesuiten als maître de chapelle (Kapellmeister) an der Kirche Saint Louis und dem Kolleg Louis-le-Grand. Trotz seiner Bemühungen erhielt Charpentier keine Anstellung beim König, wurde jedoch oft mit Aufträgen bedacht. Ab 1698 erhielt er eine feste Anstellung als Musiklehrer der Kinder der Sainte Chapelle mit herrschaftlicher Wohnung innerhalb des Palastes. Außerdem hatte er zu allen feierlichen Anlässen Musiken zu komponieren.
Tonartenschema „Énergie des modes“
Charpentier ordnete in seiner Musik die verschiedenen Tonarten jeweils bestimmten Charakteristiken oder Stimmungen zu, die er mit dem Begriff „Énergie des modes“ bezeichnete.[1][2]
Tonart
Original
Übersetzung
C-Dur
gai & guerrier
lustig und kriegerisch
c-Moll
obscur & triste
dunkel und traurig
D-Dur
joyeux & très guerrier
fröhlich und sehr kriegerisch
d-Moll
grave & dévot
ernst und fromm
E-Dur
cruel & dur
grausam und hart
e-Moll
horrible & affreux
grauenhaft und schrecklich
Es-Dur
querelleux & criard
streitlustig und schreiend
es-Moll
efféminé, amoureux & plaintif
weibisch, verliebt und klagend
F-Dur
furieux & emporté
wütend und aufbrausend
f-Moll
obscur & plaintif
düster und klagend
G-Dur
doucement joyeux
behutsam fröhlich
g-Moll
sérieux & magnifique
ernst und prunkvoll
A-Dur
joyeux & champêtre
fröhlich und ländlich
a-Moll
tendre & plaintif
zärtlich und klagend
B-Dur
magnifique & joyeux
prunkvoll und fröhlich
b-Moll
obscur & terrible
düster und schrecklich
H-Dur
dur & plaintif
hart und klagend
h-Moll
solitaire & mélancolique
einsam und schwermütig
Werk (Auswahl)
Seine Musik beruht auf einer Mischung von italienischen und französischen Stilelementen. Für Molière komponierte er die Zwischenmusiken zu Circé und Andromède. Für Molières Eingebildeten Kranken komponierte er den umfangreichen Prolog und die sich an das eigentliche Schauspiel anschließende großartige Zeremonie, in welcher der eingebildete Kranke selber zum Arzt erhoben wird. Erhalten sind zudem eine Vielzahl kirchlicher Werke, Oratorien, Messen, Psalmen, ein Magnificat, vier Te Deum, wovon das Präludium des Te Deum in D-Dur, bzw. dessen Hauptthema, seit 1954 als Eurovisions-Melodie allgemein bekannt ist, sowie eine Anzahl weltlicher Werke wie Opern, Divertissements, Pastoralen und Sonaten. Charpentiers penibler Sorgfalt, alle Kopien seiner Werke binden und datieren zu lassen, ist es zu verdanken, dass der Nachwelt mehr als drei Viertel seiner Werke erhalten blieben. Sein Erbe umfasst 28 handschriftliche Bände mit rund 550 Werken, die im Hitchcock-Verzeichnis (Kürzel: H) katalogisiert sind.
Opern
Les amours d’Acis et de Galatée (1678, Musik verloren) (Jean de La Fontaine)
Les arts florissants, Idyle en musique H.487 (1685)
La descente d’Orphée aux enfers H.488 (1686–1687)
Jugement de Pan (Das Urteil des Pan) H.479 (1675)
Philomèle (Musik verloren)
Médée H.491 (1693–1694, Paris)
David et Jonathas H.490 (1688)
Celse martyr (1687, Musik verloren)
Pastoralen
Actéon H.481 (1684)
La couronne de fleurs H.486 (Der Blumenkranz) (1685)
La fête de rueil H.485 (1685)
Il faut rire et chanter: dispute de bergers (Disput der Schäfer. Man soll lachen und singen) H.484 (1685)
Le retour de printemps (Die Rückkehr des Frühlings) (Musik verloren)
Petite pastorale H.479 (1675)
Amor vince ogni cosa H.492 (?)
Cupido perfido dentr’al mio cor H.493 (?)
Les plaisirs de Versailles H.480 (Die Freuden von Versailles) (1680)
Schauspielmusik
Circé, H.496 (1675), zu einer Tragödie von Thomas Corneille
Andromède, H.504 (1682), zu einer Tragödie von Pierre Corneille
Komödien
Idylle sur le retour de la santé du roi (Die Freude über die Genesung des Königs) H.489 (1686–1687)
L’inconnu (Der Unbekannte) (1675, Musik verloren) (Thomas Corneille & Donneau de Visé)
Les amours de Vénus et Adonis, H.507 (1685)
Ballett-Komödien für Molières Werke
La comtesse d’Escarbagnas H.494i (1672)
Le mariage forcé (Die Zwangsheirat) H.494ii (1672)
Le médecin malgré lui (Der Arzt wider Willen) (1672, Musik verloren)
Les fâcheux (Die Lästigen) (1672, Musik verloren)
Le malade imaginaire (Der eingebildet Kranke) H.495, H.495a, H.495b (1672)
Le Sicilien (Der Sizilianer) H.497 (1679)
Le dépit amoureux, (ouverture) (1679, Musik verloren)
Psyché (1684, Musik verloren)
Interludes (Intermezzi)
Le triomphe des dames (Der Triumph der Damen) (1676, Musik verloren)
La pierre philosophale (Der philosophische Stein) H.501 (1681)
Endymion H.502 (1681)
Geistliche Vokalmusik
Te Deum C-Dur für acht Stimmen (H.145) (1670)
Te Deum D-Dur (H.146) (1690) (das Hauptthema aus dessen Präludium ist bekannt als Eurovisionsmelodie)
Te Deum für vier Stimmen (H.147) (1690)
Te Deum für vier Stimmen (H.148) (1698)
Messe H.1 (1670?)
Messe pour les Trépassés à 8 H.2 (1670)
Messe à 8 voix et 8 violons et flûtes H.3 (1670)
Messe à 4 choeurs H.4 (1670?)
Messe pour le Port-Royal H.5 (1680)
Messe à 4 voix, 2 violons, 2 flûtes, 2 hautbois pour Mr Mauroy H.6 (1690)
Messe des morts à 4 voix H.7 (1690)
Messe pour le samedi de Pâques à 4 voix H.8
Messe de minuit H.9 – Hierbei handelt es sich um eine Parodiemesse, d.h. eine Messe, die eine bereits bestehende Melodie als cantus firmus beinhaltet. Charpentier greift hier auf eine Technik zurück, die bereits in der vierten Generation der franko-flämischen Komponisten (1520–1550) Verwendung fand. Er arbeitet mehrere weltliche cantus-firmi in jeden Satz mit ein, die er aus damaligen bekannten Weihnachtsliedern (Noëls) übernommen hat.
Messe des morts à 4 voix & symphonie H.10 (1695)
Assumpta est Maria: Missa sex vocibus cum simphonia H.11 (1699)
10 Magnificat H.72–H.81
207 Motetten H.233–H.439
Pestis Mediolanensis H.398 (1670)
Mors Saülis et Jonathae H.403 (1680)
Canticum in nativitatem Domini H.393 (1670)
In Nativitatem D. N. J. C. Canticum H.414 (1683–1685)
In nativitatem Domini canticum H.416 (1680)
In nativitate Domini Nostri Jesu Christi canticum H.421(1698 - 99)
Dialogus inter angelos et pastores Judeae in nativitatem Domini H.420 (1690)
Caecilia virgo et martyr H.415 & H.415 a (1686)
Caecilia virgo et martyr H.413 (1683 - 85)
Caecilia virgo et martyr octo vocibus H.397 (1670)
Judicium Salomonis H.422 (1702)
54 Leçons de Ténèbres, Répons H.91–H.144
Instrumental
Symphonie pour un reposoir H.508 (1670)
Messe pour plusieurs instruments au lieu des orgues H.513 (1670)
Offerte pour l'orgue et pour les violons, flûtes et hautbois H.514 (1670)
Symphonie pour un reposoir H.515 (1670)
Prélude, menuet et Passepied pour les flûtes et hautbois devant l'ouverture H520 (1679)
Noël pour les instruments H.531 (1680)
Noël sur les instruments H.534 (1690)
Concert pour 4 parties de violes H.545 (1680 - 81)
Sonate à 8 H.548 (?)
Sinfonien (Musik verloren)
Theoretische Werke
Remarque sur les messes à 16 parties d'Italie (H.549) 1670
Règles de Composition par Mr Charpentier (H.550) 1692?. In deutscher Übersetzung: Regeln für die Komposition. Übertragung aus dem Französischen von Otto Eckle. Opus, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-934263-05-5 (urn:nbn:de:hebis:30:3-317006).
Abrégé des règles de l'accompagnement de Mr Charpentier (H.551) 1692.
Catherine Cessac: Marc-Antoine Charpentier. Amadeus Press, Portland c. 1995, ISBN 0-931340-80-2.
Catherine Cessac:Charpentier, Marc Antoine. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 4 (Camarella – Couture). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2000, ISBN 3-7618-1114-4(Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
Hugh Wiley Hitchcock: Les œuvres de Marc-Antoine Charpentier: Catalogue Raisonné. Picard, Paris 1982, ISBN 2-7084-0084-3 (Kurzfassung online (Memento vom 15. September 2016 im Internet Archive); PDF; 184kB).
Martin Miersch: Zum Wettstreit der Künste in einer Barockoper. In: Sabine Heiser, Christiane Holm (Hrsg.): Gedächtnisparagone – intermediale Konstellationen (= Formen der Erinnerung Band 42). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-89971-554-5, S. 169–189 (eingeschränkte Vorschauin der Google-Buchsuche).
Catherine Cessac: Marc-Antoine Charpentier. Englische Übersetzung: E. Thomas Glasow. Amadeus Press, Portland 1995, ISBN 0-931340-80-2, S.406f und 524 (Original: Librairie Arthème Fayard, Paris 1988).
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