music.wikisort.org - Komponist

Search / Calendar

Ralph Vaughan Williams (* 12. Oktober 1872 in Down Ampney, Gloucestershire; † 26. August 1958 in London) war ein englischer Komponist und Dirigent. Sein in über 60 Jahren entstandenes Werk umfasst Opern, Ballette, Kammermusik, religiöse wie säkulare Vokalwerke sowie Orchesterkompositionen, darunter neun Sinfonien. Beeinflusst von Musik der Tudorzeit, traditionellen Folk Songs sowie Werken der englischen Literatur, gab er der lange Zeit vor allem durch deutsche Einflüsse bestimmten britischen Musik eine eigenständige Stimme.[1][2][3]

Ralph Vaughan Williams (um 1900)
Ralph Vaughan Williams (um 1900)

Leben


Porträt von Ralph Vaughan Williams von William Rothenstein 1919.
Porträt von Ralph Vaughan Williams von William Rothenstein 1919.

Vaughan Williams war der Sohn des anglikanischen Geistlichen Arthur Vaughan Williams (1834–1875) und ein Großneffe Charles Darwins.[4] Er wuchs in Leith Hill Place (Surrey) auf und erhielt von einer Tante ersten Musikunterricht. Nach seiner Schulzeit an der englischen Eliteschule Charterhouse School studierte er ab 1890 am Royal College of Music in London bei Hubert Parry und Charles Villiers Stanford, dann von 1892 bis 1895 bei Charles Wood am Trinity College der Universität Cambridge und 1896 nochmals in London, wo seine enge Freundschaft mit Gustav Holst begann. Zusätzlich nahm er 1897 Unterricht bei Max Bruch in Berlin, im selben Jahr heiratete er Adeline Fisher.

Von 1896 bis 1899 wirkte Vaughan Williams in London als Organist. Bald schon beschäftigte er sich intensiv mit dem Sammeln und Veröffentlichen englischer Volkslieder (Bushes and Briars, 1903) und entdeckte auch die englische Musik der Renaissance für sich. Beides beeinflusste seinen Kompositionsstil erheblich. 1905 wurde er musikalischer Leiter des Leith Hill Musical Festival (bis 1953), 1906 gab er ein neues Kirchengesangbuch, The English Hymnal, heraus. 1908 hielt er sich in Paris auf, um bei Maurice Ravel noch einmal weiteren Unterricht zu nehmen.

1910 erschien dann sein erstes großes Werk, A Sea Symphony, in der späteren Zählung seine erste Sinfonie, eigentlich aber eine gewaltige Kantate für Soli, Chor und Orchester nach Worten Walt Whitmans. Im selben Jahr wurde eines seiner beliebtesten Werke veröffentlicht, die Fantasia on a Theme by Thomas Tallis. 1911 folgte der Liederzyklus On Wenlock Edge, 1913 dann seine zweite Sinfonie, A London Symphony. Die deutsche Erstaufführung am Deutschen Opernhaus in Berlin dirigierte Ignatz Waghalter.

Im Ersten Weltkrieg diente Vaughan Williams in Frankreich als Soldat. Durch den Geschützlärm wurde sein Gehör geschädigt, was in späteren Jahren zur Taubheit führte.[5] Seine tief empfundenen Eindrücke dieser Jahre finden ihren Niederschlag vor allem in der dritten Sinfonie, der Pastoral Symphony für Sopran und Orchester, die bereits 1916 skizziert, aber erst 1922 aufgeführt wurde. 1919 wurde er Kompositionslehrer am Royal College of Music in London (bis 1938), von 1920 bis 1928 leitete er den Londoner Bach-Chor. Immer häufiger trat er auch als Dirigent seiner eigenen Werke auf. 1924 (On Wenlock Edge), 1925 (die Pastoral Symphony in Prag und Merciless Beauty in Venedig), 1929 (Flos Campi) und 1931 (Benedicte) waren seine Werke bei den Weltmusiktagen der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (ISCM World Music Days) auf dem Programm.[6][7]

Vaughan Williams erhielt in den folgenden Jahren zahlreiche Auszeichnungen. Seinen Ruhm mehrten das Ballett Job (1930) nach der biblischen Ijob-Geschichte, die durch ihre Dissonanz auffallende vierte Sinfonie (1935)[8] sowie die in den Jahren des Zweiten Weltkriegs entstandenen Sinfonien Nr. 5 (1943) und 6 (1947). 1940 schrieb Vaughan Williams mit 49th Parallel auch seine erste Filmmusik. Im weiteren Verlauf der 1940er-Jahre schrieb er weitere Filmmusiken und aus seiner Komposition zu dem Abenteuerfilm Scotts letzte Fahrt entwickelte sich seine siebte Symphonie namens Sinfonia Antarctica.

1944 komponierte Vaughan Williams A Song of Thanksgiving als Auftragskomposition für die BBC. Unter dem ursprünglichen Titel Thanksgiving for Victory wurde das Stück in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges aufgenommen und anlässlich eines Radio-Dankgottesdienstes am 13. Mai 1945 gesendet.

Zur Krönung von Königin Elisabeth II. schrieb Vaughan Williams ein Arrangement des Chorals All people that on earth do dwell,[9] einer Version des Psalms 100 mit der Loys Bourgeois zugeschriebenen Melodie The Old 100th[10] als Offertorium (Gesang zur Gabenbereitung). Der Komponist hatte vorgesehen, dass erstmals seit Jahrhunderten nicht nur ein Chor, sondern auch die Gemeinde bei der Krönung mitsingen sollte, indem in der abschließenden Doxologie To Father, Son, and Holy Ghost die Versammlung der Peers unisono in den Gesang einstimmt. Die Lords konnten den ungewohnten Ansprüchen zwar nicht genügen, dennoch verfehlte das Stück seine Wirkung auf den Hörer nicht. Dem britischen Königshaus stand Vaughan Williams ansonsten eher distanziert gegenüber, er lehnte sowohl die Ritterwürde als auch den Ehrentitel des Master of the Queen’s Music mindestens einmal ab.[11]

Weniger erfolgreich waren jedoch seine Opern. Weder die 1924 uraufgeführte, aber bereits 1910 begonnene Hugh the Drover, noch Sir John in Love (1929), eine weitere Vertonung von Shakespeares Falstaff-Stoff, hielten sich im Repertoire.

Die größte Enttäuschung seiner Komponistenlaufbahn war für Vaughan Williams jedoch die zwar respektvolle, aber insgesamt verhaltene Aufnahme der oratorischen Oper The Pilgrim’s Progress (1951) nach John Bunyan, an der er über vierzig Jahre gearbeitet hatte. Im selben Jahr starb seine Frau Adeline nach langer, schwerer Krankheit. 1953 heiratete er Ursula Wood (1911–2007). Unter den Werken der letzten Jahre ragen die siebte Sinfonie Sinfonia Antartica (1952), die nach der Filmmusik Scott of the Antarctic entstand, und die späte neunte Sinfonie (1957) heraus. 1949 wurde Williams in die American Academy of Arts and Letters[12], 1953 zum Ehrenmitglied der International Society for Contemporary Music ISCM[13] und 1957 in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.

Nach dem Tod Vaughan Williams’ wurde seine Asche im Poets’ Corner in der Westminster Abbey in London beigesetzt. Die Ralph Vaughan Williams Society widmet sich heute dem Andenken an dem Komponisten.[14] Im deutschsprachigen Raum ist das Werk von Vaughan Williams verhältnismäßig unbekannt geblieben, während in England insbesondere die Werke The Lark Ascending oder Fantasia on Theme by Thomas Tallis regelmäßig von Hörern klassischer Radiostationen in Hörerumfragen zu ihren Lieblingswerken gewählt werden.[15][16]


Werke


Ralph Vaughan Williams (um 1898)
Ralph Vaughan Williams (um 1898)
Statue von Ralph Vaughan Williams in Dorking
Statue von Ralph Vaughan Williams in Dorking

Siehe auch Kategorie:Werk von Ralph Vaughan Williams

Opern

Ballette

Sinfonien

Konzerte und konzertante Werke

Weitere Orchesterwerke

Kammermusik

Klaviermusik

Orgelmusik

Liederzyklen

Chorwerke

Filmmusik

Für Blasorchester (Military- und Brass Band)

Kirchenlieder


Literatur




Commons: Ralph Vaughan Williams – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Andrew Manze: ‘Like seeing Stonehenge for the first time’: the visionary genius of Vaughan Williams. 26. Juli 2022, abgerufen am 2. September 2022 (englisch).
  2. Bayerischer Rundfunk: Ralph Vaughan Williams: Symphonie Nr. 4 f-Moll | BR-Klassik. 23. November 2020, abgerufen am 2. September 2022.
  3. Editorial, "The Role of Vaughan Williams", The Times, 27 August 1958, S. 9
  4. mdr.de: Meer und Seefahrt in der klassischen Musik | MDR.DE. Abgerufen am 11. August 2022.
  5. Moore, Jerrold Northrop (1992). Vaughan Williams: A Life in Photographs. Seite 44 Oxford: Oxford University Press. ISBN 978-0-19-816296-4.
  6. Programme der ISCM World Music Days von 1922 bis heute
  7. Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 480ff
  8. Andrew Manze: ‘Like seeing Stonehenge for the first time’: the visionary genius of Vaughan Williams. 26. Juli 2022, abgerufen am 2. September 2022 (englisch).
  9. All People That on Earth Do Dwell (hymnary.org)
  10. Old Hundredth (hymnary.org)
  11. Onderdonk, Julian (2013). "1. The composer and society: family, politics, nation". In Alain Frogley and Aidan Thomson (ed.). The Cambridge Companion to Vaughan Williams. Cambridge: Cambridge University Press. S. 19
  12. Honorary Members: Ralph Vaughan Williams. American Academy of Arts and Letters, abgerufen am 26. März 2019.
  13. ISCM Honorary Members
  14. Ralph Vaughan Williams Society. Abgerufen am 2. September 2022 (britisches Englisch).
  15. Where to start with Ralph Vaughan Williams - Reader's Digest. Abgerufen am 2. September 2022 (englisch).
  16. Andrew Manze: ‘Like seeing Stonehenge for the first time’: the visionary genius of Vaughan Williams. 26. Juli 2022, abgerufen am 2. September 2022 (englisch).
  17. Programme der ISCM World Music Days von 1922 bis heute
  18. Programme der ISCM World Music Days von 1922 bis heute
  19. Programme der ISCM World Music Days von 1922 bis heute
Personendaten
NAME Vaughan Williams, Ralph
KURZBESCHREIBUNG englischer Komponist und Dirigent
GEBURTSDATUM 12. Oktober 1872
GEBURTSORT Down Ampney, Gloucestershire
STERBEDATUM 26. August 1958
STERBEORT London

На других языках


- [de] Ralph Vaughan Williams

[en] Ralph Vaughan Williams

Ralph Vaughan Williams, OM (/reɪf vɔːn ˈwɪli.əmz/ (listen);[n 1] 12 October 1872 – 26 August 1958) was an English composer. His works include operas, ballets, chamber music, secular and religious vocal pieces and orchestral compositions including nine symphonies, written over sixty years. Strongly influenced by Tudor music and English folk-song, his output marked a decisive break in British music from its German-dominated style of the 19th century.

[es] Ralph Vaughan Williams

Ralph Vaughan Williams (Down Ampney, Gloucestershire, 12 de octubre de 1872-Londres, 26 de agosto de 1958) fue un compositor británico. Sus obras incluyen óperas, ballets, música de cámara, piezas vocales seculares y religiosas y composiciones orquestales que incluyen nueve sinfonías, escritas durante sesenta años. Fuertemente influenciado por la música de la época Tudor (c. 1450-c. 1660) y la canción popular inglesa, su producción marcó una ruptura decisiva en la música británica de su estilo dominado por los alemanes del siglo XIX.

[ru] Воан-Уильямс, Ральф

Ральф Во́ан-Уи́льямс[2] (англ. Ralph Vaughan Williams транскр. Рейф Воон-Уильямс; 12 октября 1872 года, Даун-Ампни, графство Глостершир ― 26 августа 1958 года, Лондон) ― британский композитор, органист, дирижёр и музыкально-общественный деятель[1].



Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.

Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.

2019-2025
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии