Barbara Hannigan (geboren am 8. Mai 1971 in Waverley, Neuschottland) ist eine kanadische Sopranistin und Dirigentin.
Barbara Hannigan 2008
Ausbildung
Hannigan wuchs in einer musikalischen Familie auf und wurde bereits in ihrer Heimatgemeinde von Musiklehrern gefördert: “Every household had a piano, so I just got into music and singing.” („Jeder Haushalt hatte ein Klavier, deshalb begeisterte ich mich eben für Musik und Gesang.“)[1] Mit 17 ging sie nach Toronto, wo sie bei Mary Morrison studierte.[2] 1993 erlangte sie den Bachelor of Music an der University of Toronto, 1998 ebendort den Master of Music.[3] Sie setzte ihre Ausbildung am Banff Centre for the Arts, am Steans Institute for Young Artists beim Ravinia Festival sowie am Centre d’arts Orford und am Koninklijk Conservatorium Den Haag fort. Zu ihren Lehrern zählten u.a. Meinard Kraak und Neil Semer.
Sängerin
Hannigan gilt als exemplarische Interpretin zeitgenössischer Musik. Ihre erste Uraufführung sang sie bereits mit 17 Jahren, ihre 75. im Jahr 2011.[4] Darunter waren
In den Jahren 2004 bis 2007 entstanden vier Händel-Aufnahmen für Naxos, drei davon mit dem Frankfurter Barockorchester unter Joachim Carlos Martini.[7][8][9] Bei den Salzburger Festspielen debütierte Hannigan 2004 in György LigetisRequiem. 2010 sang sie bei den Osterfestspielen Ligetis Mysteries of the Macabre und 2013 bei den Sommerfestspielen Alban BergsDrei Bruchstücke für Gesang und Orchester aus Wozzeck (op. 7) – beide Konzerte wurden von den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle bestritten. Aufmerksamkeit erregte die Sängerin 2009 mit dem Sopransolo in Luca FrancesconisEtymo für Sopran, Elektronik und Kammerorchester nach Texten von Charles Baudelaire, welches sie mit dem Ensemble intercontemporain unter Leitung von Susanna Mälkki in Helsinki und beim Lucerne Festival sang und für Kairos aufnahm.[10] 2010 übernahm sie die Titelpartie in StrawinskysLe rossignol, mit den Berliner Philharmonikern unter Pierre Boulez konzertant in der Berliner Philharmonie aufgeführt. 2011 lud Boulez sie zu seiner Tournee mit dem Ensemble intercontemporain ein, die seinem Pli selon pli für Orchester und Sopran gewidmet war. Hannigan sang auch mit dem London Symphony Orchestra, dem New York Philharmonic Orchestra, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Cleveland Orchestra und dem Orchestre National de France.
Hannigan gilt als Ligeti-Spezialistin und hat neben weiteren Werken dessen Mysteries of the Macabre mehrfach gesungen und – ab 2011 – zugleich dirigiert und gesungen.[11] Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet sie mit dem irischen Komponisten Gerald Barry, der 2007 die einaktige Oper La plus forte (nach StrindbergsDen starkare) eigens für sie schrieb.[12] Sie sang 2005 die Gabi in der Uraufführung von Barrys The Bitter Tears of Petra von Kant[13] und 2012 die Cecily Cardew in der konzertanten Europäischen Erstaufführung von Barrys The Importance of Being Earnest.[14]
Europaweit erfolgreich war die Uraufführung von George Benjamins Oper Written on Skin im Juli 2012 beim Festival d’Aix-en-Provence,[15] inszeniert von Katie Mitchell und dirigiert vom Komponisten. Diese Produktion wurde schließlich 2013 unter anderem auch in London und Paris gezeigt sowie – dirigiert von Kent Nagano – bei den Festivals von Wien und München. Hannigan, die die weibliche Hauptrolle Agnès sang, bekam Standing Ovations und wurde in der Kritikerumfrage der Zeitschrift Opernwelt für die Gestaltung dieser Rolle zur Sängerin des Jahres gewählt.
Ähnlich erfolgreich ist Hannigan seit 2009 im Konzertsaal mit Henri Dutilleuxs Werk für Orchester und Stimme Correspondances nach Texten von Rainer Maria Rilke, Solschenizyn, Prithwindra Mukherjee und Vincent van Gogh. Der Komponist schrieb eigens für sie eine Neufassung des Schlussstückes, das auch in der Aufnahme der Deutschen Grammophon zu hören ist. Sie sang das Sopransolo 2009 in Bergen, Haugesund und Dortmund, 2010 im Palais des Beaux-Arts de Bruxelles und in Liège, 2011 mit dem NHK-Sinfonieorchester unter Pablo Heras-Casado in Tokio, 2013 schließlich auch in der Berliner Philharmonie, der Pariser Salle Pleyel und im Amsterdamer Concertgebouw.
2014 beeindruckte die Künstlerin in Fausto Romitellis Videooper An Index of Metals im Theater an der Wien[16] und verkörperte die Marie in ZimmermannsDie Soldaten an der Bayerischen Staatsoper – „mit totaler darstellerischer und stimmlicher Hingabe, die Spannbreite ihres Timbres ist atemberaubend. Ohne sich in den Vordergrund zu spielen, bildet[e] sie den szenischen und musikalischen Fixpunkt des Abends.“[17]
2017 sang sie die Rolle der Ophelia in Brett Deans Oper Hamlet bei der Uraufführung des Glyndebourne Festivals.[18] An der Staatsoper München sang sie die Rolle der Gerda in der englischsprachigen Erstaufführung von Hans Abrahamsens Oper Snedronningen (Die Schneekönigin, Snow Queen); kurz zuvor hatte sie diese Rolle auch in der Uraufführung am 13.Oktober 2019 in Kopenhagen gesungen.[19]
Dirigentin
2010 debütierte Hannigan als Dirigentin am Théâtre du Châtelet in Paris mit Strawinskys Renard. Seitdem leitete sie unter anderem die Göteborger Symphoniker, die London Sinfonietta und die Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom, das WDR Rundfunkorchester Köln, das Orchestra della Toscana und das Orquestra Gulbenkian in Lissabon. Auch als Dirigentin legt die Künstlerin ihren Schwerpunkt auf die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts.
Persönliches
Hannigan war mit dem niederländischen Theaterregisseur Gijs de Lange verheiratet und lebte in Amsterdam. Das Paar erarbeitete 2006 gemeinsam eine Produktion von The Mikado für die Nationale Reisopera in den Niederlanden. Aktuell ist sie mit dem Schauspieler Mathieu Amalric liiert und lebt in Frankreich.[20]
Auszeichnungen
2013 Sängerin des Jahres, Opernwelt – für Benjamins Written On Skin
2013 Gramophone Award in der Kategorie Contemporary – für Dutilleux' Correspondances
2014 Victoires de la Musique Classique – für Dutilleux' Correspondances
2018 Rolf-Schock-Preis
2018 Juno Award Classical Album of the Year – Vocal or Choral Performance – für Crazy Girl Crazy (zusammen mit dem Ludwig Orchestra)
2019 Juno Award Classical Album of the Year – Vocal or Choral Performance – für Vienna: Fin de siècle (zusammen mit Reinbert de Leeuw)
2020 Glashütte Original MusikFestspielPreis
Wesentliche Opernproduktionen als Sängerin
2004 Jan van de PuttesWet Snow (U) – Holland Festival
2008–2010 Elle in Pascal DusapinsPassion, in einer Giuseppe-Frigeni-Inszenierung in Straßburg, Rouen, Paris und Luxemburg sowie 2010–2012 in einer Sasha-Waltz-Inszenierung in Paris, Lille und Brüssel
2009–2011 Gepopo in György LigetisLe Grand Macabre – Théâtre de la Monnaie, Brüssel, anschließend am Gran Teatre del Liceu, Barcelona
2009 The Woman in Kris DefoortsThe House of the Sleeping Beauties (U) – Brüssel
2011–2013 Titelpartie in Toshio HosokawasMatsukaze – Brüssel, dann am Grand théâtre de la ville de Luxembourg und an der Staatsoper Unter den Linden, Berlin
2012–2013 Agnès in George BenjaminsWritten on Skin (U) – Festival d’Aix-en-Provence, danach am Théâtre du Capitole in Toulouse, am Royal Opera House Covent Garden in London, bei den Wiener Festwochen, den Münchner Opernfestspielen und an der Opéra-Comique in Paris
2018 Isabel in George Benjamins Lessons in Love and Violence (U) – Royal Opera Covent Garden London
2019 Gerda in Hans Abrahamsens Sneedronningen (U) / Snow Queen (Erstaufführung) / Schneekönigin - Königliche Oper Kopenhagen; Bayerische Staatsoper
Diskographie (Auswahl)
Die Opernproduktionen Signor Goldoni, One, Le Grand Macabre und Written On Skin sind als DVDs erschienen, The House of the Sleeping Beauties und Written On Skin als CDs. Weitere Aufnahmen:
Händel: Gideon. Frankfurter Barockorchester, Dirigent: Joachim Carlos Martini, Naxos 2004
Händel: L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato. Frankfurter Barockorchester, Dirigent: Joachim Carlos Martini, Naxos 2005
Händel: Rinaldo. Aradia Baroque Orchestra, Dirigent: Kevin Mallon, Naxos 2006
Händel: Tobit. Frankfurter Barockorchester, Dirigent: Joachim Carlos Martini, Naxos 2007
György LigetisRequiem und Apparitions, mit Susan Parry, WDR Rundfunkchor Köln, SWR Vokalensemble Stuttgart, San Francisco Polyphony, WDR Sinfonieorchester Köln, Dirigent: Péter Eötvös, Budapest Music BUAE 2012
Bart Visman: Sables, Oxygène nach Gedichten von Saskia Macris (U), Limburgs Symphony Orchestra, Dirigent: Ed Spanjaard; Live-Mitschnitt bei Etcetera 2008
Cynthia Macdonald:Barbara Hannigan(englisch).In: UofT Magazine,2004.Abgerufen am 4.März 2014.
Shirley Apthorp:In the premiere league(englisch).In: Financial Times,23.September 2011.Abgerufen am 2.März 2014.
Maja Trochimczyk: „Writing to Vermeer: A View of a ‚Filmic‘ Opera“ (Kapitel 12). In: Maja Trochimczyk (Hrsg.): The Music of Louis Andriessen. Routledge (Taylor & Francis), New York City, ISBN 0-8153-3789-2, S. 259.
Bayerische Staatsoper:The Snow Queen.Abgerufen am 24.November 2020.
28 Minuten - (21.02.2019).(Nicht mehr online verfügbar.)ArchiviertvomOriginalam31.März 2019;abgerufen am 31.März 2019(französisch).Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.arte.tv
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