Eugenia Josephina Veronika Theresia „Jenny“ Korb (* 30. Oktober 1869 in Wien;[1] † 4. November 1937 in Wien[2]) war eine österreichische Opernsängerin (hochdramatischer Sopran) und Gesangspädagogin.
Sie kam als drittes Kind von Adolph Felix Julius Korb (1837–1891) und Amalia Anna Korb (geb. Hoffstätter, 1845–1928) – Tochter des Juweliers Joseph Hoffstätter – zur Welt. Adolph Korb stammte aus Böhmen und war wohlhabender Fabrikinhaber sowie Hauseigentümer in der Inneren Stadt, der Josefstadt und in Dornbach. Durch Verschlechterung der Wirtschaftslage zu Ende der 1860er Jahre und den Verlust seiner Position sah er sich gezwungen, Liegenschaften zu veräußern und mit dem Erlös 1875 ein Café an der Ecke Florianigasse-Rathausstraße zu eröffnen. 1890 etablierte sich das Ehepaar Korb als „Kaffeesieder“ in der Inneren Stadt (Tuchlauben 11). Kurz danach starb überraschend der Vater. Die Mutter führte das Café allein weiter. 1904 übersiedelte das Café Korb in ein von Julius Mayreder geplantes neues Gebäude gegenüber (Brandstätte 9), wo es bis heute besteht.
Jenny Korb war im Herbst 1883 am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde (heute Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) aufgenommen worden, an dem sie bei dem bestrenommierten Pianisten und Musikpädagogen Josef Dachs (1825–1896) zur Pianistin ausgebildet wurde. Dachs beurteilte Jenny Korb bereits bei ihrem Studienantritt in der Studenten-Matrikel „als sehr gute Schülerin“. Als Nebenfächer belegte Korb – abgesehen von theoretischen Fächern – Kammermusik, Orchestermusik, Chorschule und Chorübungen. Nach sechs Semestern absolvierte Jenny Korb ihre Diplomprüfung vor der Jury (Dir. Joseph Hellmesberger sen., Ludwig Bösendorfer u. a.) mit der Suite in d-Moll für Soloklavier Op. 91 von Joachim Raff mit Auszeichnung und Zuerkennung der Gesellschaftsmedaille.
Bereits während ihrer Studienzeit war man bei den Chorübungen auf die außergewöhnliche Stimme Jenny Korbs aufmerksam geworden und man empfahl ihr, ein Gesangsstudium anzuschließen. So wurde sie im Wintersemester 1886/87 in den 2. Jahrgang der Gesangsklasse von Prof. Johannes Ress (1839–1916) aufgenommen. Die dabei obligaten Nebenfächer wie Mimik, Tanz, Turnen, Fechten und italienische Sprache zielten auf die Erfordernisse einer späteren Karriere im „modernen“ Opernbetrieb ab. Nach Beendigung dieser Studien am Konservatorium im Sommersemester 1891 setzte sie privat ihre Ausbildung bei Gesangspädagogin Emma Götzl (1863–1940) fort, die später durch ihr Standardwerk Die Aussprache des Deutschen im Gesang großen Bekanntheitsgrad erlangte.
Korb debütierte 1896 in Wiesbaden am Neuen königlichen Hoftheater in der Rolle der Elisabeth in Tannhäuser und wurde hierauf für drei Jahre am Haus verpflichtet. Ein Kritiker schrieb: „Eine junge Wiener Sängerin, Fräulein Jenny Korb, hat in ihrem ersten Bühnenengagement, am Hoftheater Wiesbaden, namhafte Erfolge aufzuweisen. Sie trat dort unter Anderem als Valentine in den „Hugenotten“ und „Aida“ auf. Die Kritik hebt die ungewöhnlich schöne Stimme und tüchtige Gesangsausbildung der Dame hervor und prophezeit ihr eine bedeutende Zukunft.“[3]
Ab 1898 war sie am k. und k. Hofoperntheater Wien mehrfach Gast, darunter als Elsa in Lohengrin und in der Titelrolle von Aida. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1900 wurde sie von der Direktion Gustav Mahler[4] für drei Jahre unter Vertrag genommen.[5] In dieser Zeit trat sie u. a. unter den Dirigenten Gustav Mahler, Josef Hellmesberger junior, Franz Schalk und Bruno Walter mit Kollegen und Kolleginnen wie Leo Slezak, Theodor Reichmann, Anna Bahr-Mildenburg und Marie Gutheil-Schoder auf. 1904 war sie an einer Reihe von deutschen Opernhäusern als Gast (z. B. als Agathe am Opernhaus Hannover in Der Freischütz, als Aida an der Berliner Hofoper und ebenso in Köln) engagiert.
Wie schon 1902 erhielt Korb im Oktober 1905 neuerlich eine Einladung als Gast an das neuerbaute Stadttheater Graz – diesmal als Isolde in Tristan und Isolde. Nach der folgenden Festvorstellung von Die Hugenotten, am 3. Dezember, in der Jenny Korb Valentine und ihr Bühnenpartner Leo Slezak die Rolle des Raoul de Nangis verkörperten – wurde diesem auf der Bühne die Ernennungsurkunde zum k. und k. Kammersänger überreicht. Diesem Auftritt Korbs folgte ein fünfjähriges Gastengagement am Grazer Haus.
Am 16. Mai 1906 schrieb Korb als „Salome“ in der österreichischen Erstaufführung der gleichnamigen Oper unter der Stabführung von Richard Strauss Musikgeschichte. Nicht nur für ihre stimmliche und darstellerische Leistung, sondern auch für ihren bemerkenswerten Tanz der sieben Schleier wurde Korb wurde von der Kritik (bei dem häufig Sängerinnen von einer Ballerina gedoubelt werden) stürmisch gefeiert. Gerade nach dem Tanz, den Richard Strauss als „Kernpunkt der Handlung“[6] sah, „folgt die grausige Schlussapotheose“, die das Publikum mit anhaltenden Ovationen bei 20 Vorhängen honorierte.[7] Auch die weiteren fünf Abende waren ausverkauft und ernteten enthusiastischen Applaus. Die Grazer Salome-Produktion leitete den Siegeszug des Werkes auf den internationalen Bühnen ein.
Am 12. Mai 1909 dirigierte Kapellmeister Rudolf Groß die Grazer Erstaufführung von Richard Strauss' Elektra, kurz nach der Wiener Erstaufführung. Erntete die Uraufführung am 29. Jänner 1909 in Dresden sehr zurückhaltende Kritiken, so wurden viereinhalb Monate danach sowohl die Premiere als auch die vier weiteren Aufführungen in Graz zum umjubelten Ereignis der Saison. Über Jenny Korbs Leistung heißt es im Grazer Volksblatt am Tag nach der Premiere:
„Jenny Korb, die schon als Salome eine Stimmkraftprobe bestand, hatte als Elektra noch gewaltigeres zu leisten. War Jenny Korb auch nicht Elektra, die nur noch ,der Leichnam ihrer selbst ist’, deren Arme verdorrt sind, so war sie in Stimme und Spiel glänzend für die Rolle disponiert. All das Wilde, Tierische, das Geifernde, Lauernde, all das teilte sie ihrer Elektra mit. Und wenn sie schreit: ,Triff noch einmal! …’, mit gellender, wahnsinniger Stimme, da laufen einem die Schauer den Rücken hinab.“
Knapp fünf Jahre blieb Korb Graz verpflichtet – Herbst 1905 bis Mai 1910 – und trat in mehr als 50 Hauptrollen auf. Dabei bestritt sie mehr als 300 Vorstellungen. In der Saison 1908/09 war sie nebenbei auch von Direktor Felix Weingartner für 20 Gastabende neuerlich am Wiener k. und k. Hofoperntheater verpflichtet worden, an dem sie wiederholt als Partnerin von Leo Slezak (Aida) und Richard Mayr (Die Hugenotten, Der fliegende Holländer) und Erik Schmedes wirkte. Auch andere Opernhäuser im deutschsprachigen Raum engagierten sie in dieser Zeit wiederholt zu Gastauftritten.
Am Höhepunkt Jenny Korbs Karriere endete ihr Grazer Engagement mit der Abschiedsvorstellung als Elsa in Lohengrin am 29. Mai 1910. Kurz davor hatte ein Rezensent in der Rückschau ihre stimmliche und darstellerische Individualität wie folgt beschrieben:
„Jenny K o r b ist eine jener seltenen Künstlerinnen, die nie versagen. Eine Künstlerin, die neben ihrer sieghaften Stimme und ihrem gewählten Vortrag, als bestes ein vibrierendes Temperament, ihre fesselnde Persönlichkeit in den Dienst der Sache stellen konnte. Ihre Kunst ist, von willensstarken Streben geführt, allmählich zur Höhe emporgestiegen, […] wir erlagen ihrer lebensvollen, immer restlos ausgegebenen Individualität, die immer belebte, immer fesselte. Schade um die Künstlerin.“
Danach lassen sich für die Folgejahre keine weiteren Bühnenverpflichtungen belegen, bis sie am 15. September 1918 als Besetzung der 1. Dame in der Zauberflöte an der Wiener Hofoper wieder aufscheint (die 50. Aufführung dieser Inszenierung, eine Woche vor Ende des 1. Weltkrieges). Die in manchen Nachschlagwerken angeführte intensive Konzerttätigkeit[10] Jenny Korbs ließ sich bislang nicht belegen.
1921 kehrte Korb nochmals für eine halbe Saison an das Grazer Opernhaus zurück.
Ab den frühen 1920er Jahre lebte Jenny Korb wieder in Wien und war als Gesangspädagogin tätig. Einer ihrer prominenten Schüler war der deutsche Fotograf Arthur Benda, der kurz nach der Jahrhundertwende Assistent von Dora Kallmus („Madame d’Ora“) geworden war, und mit der Eröffnung ihres Pariser Fotostudios ihr Wiener Nachfolger wurde. Mit ihm gemeinsam trat Korb am 3. April 1930 bei einem Liederabend aus einem weitgefächerten Opernrepertoire im Wiener Konzerthaus auf, der nicht nur in Rezensionen von elf Wiener Tageszeitungen bzw. Magazinen sondern auch im New Yorker Herald durchwegs beste Kritiken erntete.[11]
Jenny Korb starb am 4. November 1937 in Wien an Herzversagen. Sie wurde am 9. November auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.[12]
Sie war eine Nichte des Mediziners, Komponisten und Insektenforschers Peter Kempny und Cousine von Hedy Kempny.
Komponist | Werk | Rolle |
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Eugen d’Albert | Tiefland | Martha |
Ludwig van Beethoven | Fidelio | Leonore |
Héctor Berlioz | Die Eroberung von Troja | Kassandra |
Georges Bizet | Carmen | Mercédès |
Christoph Willibald Gluck | Iphigenie auf Tauris | Iphigenie |
Karl Goldmark | Heimchen am Herd | May |
Die Königin von Saba | Königin | |
Sulamith | ||
Charles Gounod | Roméo et Juliette | Julia |
Jacques Fromental Halévy | La Juive | Rachel |
Ivar Hallström | Der Bergkönig | Ingeborg |
Wilhelm Kienzl | Der Evangelimann | Marthe |
Albert Lortzing | Undine | Berthalda |
Pietro Mascagni | Cavalleria rusticana | Santuzza |
Giacomo Meyerbeer | Le Prophète | Bertha |
Les Huguenots | Valentine | |
Robert der Teufel | Alice | |
Wolfgang Amadeus Mozart | Die Zauberflöte | 1. Dame |
Don Giovanni | Donna Anna | |
Figaros Hochzeit | Gräfin | |
Susanne | ||
Giacomo Puccini | Tosca | Titelpartie |
Anton Grigorjewitsch Rubinstein | Der Dämon | Tamara |
Richard Strauss | Elektra | Titelpartie |
Salome | Titelpartie | |
Giuseppe Verdi | Aida | Titelpartie |
Ein Maskenball | Amalie | |
Othello | Desdemona | |
Troubadour | Leonora | |
Richard Wagner | Der fliegende Holländer | Senta |
Götterdämmerung | Brünnhilde | |
Lohengrin | Elsa | |
Gertrude | ||
Ortrud | ||
Das Rheingold | Brünnhilde | |
Woglinde | ||
Siegfried | Brünnhilde | |
Waldvogel | ||
Tannhäuser | Elisabeth | |
Tristan und Isolde | Isolde | |
Die Walküre | Brünnhilde | |
Helmwige | ||
Rienzi | Irene | |
Siegfried Wagner | Der Bärenhäuter | Lene |
Adolf Wallnöfer | Eddystone | Kitty Meadow |
Carl Maria von Weber | Abu Hassan | |
Euryanthe | ||
Der Freischütz | Agathe | |
Oberon | Rezia |
Personendaten | |
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NAME | Korb, Jenny |
ALTERNATIVNAMEN | Korb, Eugenia Josephina Veronika Theresia |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Opernsängerin (hochdramatischer Sopran) |
GEBURTSDATUM | 30. Oktober 1869 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 4. November 1937 |
STERBEORT | Wien |