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Carl Josef Thiel (* 9. Juli 1862 in Klein-Öls, Schlesien; † 23. Juli 1939 in Bad Wildungen) war ein deutscher Organist, Kirchenmusiker und Professor für Musik.

Carl Thiel (Anfang 20. Jahrhundert)
Carl Thiel (Anfang 20. Jahrhundert)

Leben


Carl Thiel wurde als Sohn des gelernten Müllers und Getreidehändlers August Thiel und seiner zweiten Ehefrau Regina Thiel, geborene Gebel geboren. Die beiden Brüder seiner Mutter, Carl und Ignatz Gebel, waren als Hauptlehrer und Chorrektoren in Münsterberg und Parchwitz tätig. Beim Kantor Scholz der heimatlichen Gemeinde erhielt Carl Thiel erste musikalische Unterweisungen. Er wurde katholisch getauft und wuchs in Niederschlesien in einfachen Verhältnissen auf. Dennoch konnte er – ebenso wie sein fünf Jahre jüngerer Bruder Reinhold – eine Ausbildung zum Volksschullehrer absolvieren. 1876 kam er an die Präparandenschule und anschließend an das Lehrerseminar in Oppeln. Als Junglehrer unterrichtete Thiel an einer Dorfschule in Koschentin, wo er einen eigenen Flügel besaß, und wenig später in Mikultschütz.[1] Zu jener Zeit spielte Thiel auch Bratsche. Nach viereinhalb Jahren seiner Tätigkeit als Lehrer und einem ihm gewährten Studienurlaub in Berlin, gab er den Beruf 1888 auf und widmete sich der Kirchenmusik. Er zog links in den Hof der Bülowstraße 94 in Schöneberg.


Musikalische Ausbildung


Von 1887 bis 1892 studierte Carl Thiel bei Woldemar Bargiel am Königlichen Musik-Institut Berlin und wirkte und unterrichtete dort als Organist und Chorleiter, zunächst in der entstehenden Gemeinde Sankt Bonifatius in Kreuzberg. Von 1888 bis 1891 wurde er von Heinrich Bellermann in Musikgeschichte und Kontrapunkt unterwiesen.

1890 gründete er die Kirchliche Singschule, einen aus Mitgliedern – vorwiegend Lehrerinnen und Lehrer – aller katholischen Pfarreien Berlins bestehenden Chor. Nach dem Studium wurde er 1891 zum „etatmäßigen Hilfslehrer“ für gregorianischen Gesang am Institut ernannt. Er widmete sich unter anderem intensiv dem gregorianischen Choral, weil dieser aus seiner Sicht von allen Gattungen der Liturgie am besten gerecht wird. 1892 begann er in der Pfarrkirche Sankt Sebastian in Gesundbrunnen als Kirchenmusiker, wo er bereits einen Kirchenchor vorfand.[2] 1898 wurde die Kirchliche Singschule in Verein für klassische Kirchenmusik umbenannt, der im Kern aus dem Sankt-Sebastian-Chor bestand. Um die Jahrhundertwende wohnte Thiel in Charlottenburg.


Lehrtätigkeit


Nach zweijähriger Zusammenarbeit mit seinem Lehrer und dem Direktor des Königlichen Institutes für Kirchenmusik, Hermann Kretzschmar, wurde Carl Thiel 1909 zu dessen Vertreter ernannt. Hier gründete er zusammen mit Hermann Kretzschmar den Madrigalchor der Akademie und trat mehrfach als dessen Dirigent auf. Seine Tätigkeit als Kirchenmusiker in Sankt Sebastian musste er wegen der Arbeitsbelastung durch seine Lehrtätigkeit zum 30. Juni 1910 aufgeben. Er wurde zum Professor für Musik ernannt und wurde nach der Erkrankung Hermann Kretzschmars von 1922 an Direktor der inzwischen umbenannten Staatlichen Akademie für Kirchenmusik und Schulmusik.[3]

In den 1920er Jahren gehörte Carl Thiel zu den bedeutendsten Musikpädagogen des deutschen Musiklebens. Von 1925 bis zu seinem Tod war er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin.[4]


Lebensabend


Grabstein von Carl Thiel auf dem Sankt-Matthias-Friedhof in Berlin-Tempelhof52° 27′ 16,7″ N, 13° 21′ 40,7″ O52.45463888888913.361305555556
Grabstein von Carl Thiel auf dem Sankt-Matthias-Friedhof in Berlin-Tempelhof52° 27′ 16,7″ N, 13° 21′ 40,7″ O

Als nach seiner Pensionierung 1927 Hans Joachim Moser sein Nachfolger als Direktor der Staatlichen Akademie wurde, ging Carl Thiel nach Regensburg und arbeitete dort an der Kirchenmusikschule. Dort wurde er nach drei Jahren von Bischof Michael Buchberger als Nachfolger von Karl Weinmann, der bereits von Peter Griesbacher kommissarisch vertreten worden war, ebenfalls zum Direktor ernannt. Diese Position nahm er ehrenamtlich wahr und hatte sie bis zu seinem Lebensende 1939 inne. Durch die Organisation einer Gedächtnisfeier für Max Reger und einer Feierstunde deutscher Kultur mit Richard Wagners Parsifal, Anton Bruckners Te Deum und Werken von Max Reger setzte er sich zusammen mit seinem Schüler Theobald Schrems 1933 nachdrücklich für neuere Musik ein.

Carl Thiel starb unerwartet während eines Kuraufenthaltes in Bad Wildungen an einem Schlaganfall. Er ist in Berlin-Tempelhof auf dem Friedhof der Sankt-Matthias-Gemeinde bestattet.


Wirken


Als Glockensachverständiger der Regierung bewahrte er mehrere Pfarreien im Kriegsjahr 1916 wegen des schönen Glockenklangs oder wegen des Kunstwerts der Kirchenglocken vor der Konfiskation und dem Einschmelzen derselben.[5]

Zu seinen Berliner Orgelschülern zählte unter anderem von 1919 bis 1920 Max Walter. Der Kirchenmusiker Theobald Schrems legte bei ihm von 1925 bis 1928 das staatliche Examen für Kirchen- und Schulmusik ab.[6]

In Regensburg wurde der Lehrplan der Kirchenmusikschule unter der Leitung von Carl Thiel grundlegend umgestaltet. Er erhöhte die Studiendauer und verschärfte die Aufnahme- und Abschlussprüfungen, so dass die Kirchenmusikschule schließlich die staatliche Anerkennung bekam. Ferner vereinigte er die Regensburger Kirchenmusikschule mit dem Domchor des Regensburger Domes. In der Zeit des Nationalsozialismus übernahm Thiel ab 1933 in der Reichsmusikkammer die Leitung der Fachschaft VI (Katholische Kirchenmusik).[7]

Thiel widmete sich zeit seines Lebens der Förderung und Pflege des Gregorianischen Chorals. Er beschränkte sich jedoch keineswegs auf die Beschäftigung mit der Kirchenmusik und war auch als Musikwissenschaftler engagiert.

Thiel komponierte und bearbeitete geistliche Vokalmusik und gab ältere A-cappella-Musik heraus. Einige seiner Werke gehören noch heute zum Repertoire vieler Kirchenchöre. In Regensburg ist die Carl-Thiel-Straße nach ihm benannt.


Auszeichnungen


Bronzebüste von Carl Thiel in der Aula des Instituts für Kirchenmusik
Bronzebüste von Carl Thiel in der Aula des Instituts für Kirchenmusik

In der Staatlichen Akademie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin wurde in den 1920er Jahren eine Bronzebüste von ihm aufgestellt,[5] die sich noch heute in der Aula dieses Gebäudes befindet, das als Institut für Kirchenmusik mittlerweile zur Universität der Künste Berlin gehört.

Des Weiteren wurden ihm die folgenden Ehrungen zuteil:


Werke (Auswahl)



Musik



Chorwerke

Auswahl in alphabetischer Reihenfolge:


Lieder


Orgelwerke


Literaturwerke



Literatur





Einzelnachweise


  1. Verein für Regensburger Bistumsgeschichte: Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg, Band 2, Verlag des Vereins für Regensburger Bistumsgeschichte (1990), Seite 672 f.
  2. "Carl Thiel" in: Algemene Muziek-Encyclopedie, Antwerpen, Zuid-Nederlandse Uitgeverij (1963)
  3. Institut für Kirchenmusik / Akademie für Kirchen- und Schulmusik 1822-1933, Universität der Künste Berlin, abgerufen am 7. Juli 2018
  4. Carl Thiel Kurzbiographie der Akademie der Künste Berlin (Memento vom 18. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
  5. Clemens August Preising: Carl Thiel - Ein Leben für die Musikkultur des deutschen Volkes, Josef Habbel, Regensburg (1951)
  6. Prof. Dr. Theobald Schrems Arbeitskreis Heimatpflege Mitterteich
  7. Karl Frank: Apostolat und Propaganda. In: Christel Erkes (Hrsg.): Die Regensburger Domspatzen. Begegnung mit Theobald Schrems. 1993, S. 62.
  8. Dietmar Schenk: Die Hochschule für Musik zu Berlin: Preussens Konservatorium zwischen romantischem Klassizismus und neuer Musik, 1869–1932/33. Franz Steiner Verlag, 2004, ISBN 3-515-08328-6, S. 318.
Personendaten
NAME Thiel, Carl
KURZBESCHREIBUNG deutscher Organist, Kirchenmusiker und Professor für Musik
GEBURTSDATUM 9. Juli 1862
GEBURTSORT Klein-Öls, Schlesien
STERBEDATUM 23. Juli 1939
STERBEORT Bad Wildungen

На других языках


- [de] Carl Thiel (Kirchenmusiker)

[en] Carl Thiel

Carl Josef Thiel (9 July 1862 − 23 July 1939) was a German organist, church musician and professor of music.



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