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Heinrich Isaac (italienisch: Arrigo il Tedesco; * um 1450 in Flandern, vielleicht in der Nähe von Brügge; † 26. März 1517 in Florenz) war ein franko-flämischer Komponist und Sänger der Renaissance.[1][2]


Leben und Wirken


Heinrich Isaacs Vater († Februar 1489) war ein nicht näher bekannter Hugo Isaac; der Sohn nannte ihn „Hugo von Flandern“. Das frühe Leben Heinrich Isaacs, seine musikalische Ausbildung und die möglichen Lehrer sind nicht bekannt. Die Ausbildung muss vorzüglich gewesen sein und war auf Grund der Datierung eines frühen Manuskripts mit drei Motetten in den Jahren vor 1476 bereits abgeschlossen. Wo Isaac vor 1484 wirkte, ist nicht überliefert. Der früheste sichere Nachweis ist der Beleg einer Zahlung vom 15. September 1484 an einen „Hainrichen ysaac Componisten“ am Innsbrucker Hof von Herzog Sigismund dem Münzreichen von Tirol, wo auch Paul Hofhaimer wirkte. Isaac reiste danach weiter nach Florenz, da er von Lorenzo de’ Medici für die dortige Sängergruppe cantori di San Giovanni angeworben worden war. Diese hatte am Dom Santa Maria del Fiore, am Baptisterium und an der Kirche Santissima Annunziata den Figuralgesang zu versehen; Isaacs Name erscheint dementsprechend ab 1. Juli 1485 in den dortigen Zahlungsbelegen, für SS Annunziata ab 1. Oktober 1486. Eine enge Beziehung zu der Familie Medici ist anzunehmen, da Lorenzo dem Komponisten seine Ehefrau Bartolomea Bello (* 16. Mai 1464) vermittelte, die Medici-Kinder sehr wahrscheinlich von Isaac Musikunterricht bekamen und Isaac Karnevals-Gedichte Lorenzos vertont hat. In späteren Jahren bemühte sich Lorenzos Sohn Giovanni, dann als Papst Leo X., um Isaacs Altersversorgung in Florenz. Isaac wohnte im San-Lorenzo-Viertel, wo auch der Medici-Palast stand. Vom 1. Oktober 1491 bis 30. April 1492 waren die Komponisten Alexander Agricola, Johannes Ghiselin und der Sänger Charles de Launoy Kollegen von Heinrich Isaac.

Zum plötzlichen Tod seines Dienstherrn am 8. April 1492 verfasste Isaac die Trauermotetten Quis dabit capiti meo aquam? und Quis dabit pacem populo? Lorenzos Sohn und Nachfolger Piero begab sich im September desselben Jahres mit Gefolge nach Rom, wo die Krönung von Alexander VI. zum Papst erwartet wurde; es gibt hierzu Belege über Kleidergeld zu dieser Reise für Isaac und die anderen Komponisten. Ende Oktober 1492 war Isaac wieder nach Florenz zurückgekehrt. Infolge des Niedergangs der florentinischen Wirtschaft und der von Girolamo Savonarola ausgelösten Unruhen wurde die Sängergruppe cantori di San Giovanni am 1. April 1493 aufgelöst. Isaac trat in private Dienste von Piero de’ Medici, bis die Medici im November 1494 aus Florenz vertrieben wurden und Isaac seinen Dienstherrn verlor.

Zwei notarielle Vorgänge über die Abwicklung verschiedener Verbindlichkeiten zeigen, dass Isaac seine Abreise aus Florenz vorbereitete. Er suchte eine neue Wirkungsstätte und wandte sich zunächst einem Dokument vom 13. November 1496 zufolge nach Pisa. Dort machte der römisch-deutsche König und spätere Kaiser Maximilian I. (Regierungszeit 1493–1519) Station; ihm musste im Hinblick auf die eigene Hofkapelle ein „niederländischer“ Musiker von solchem Format äußerst willkommen sein.

Maximilian verfügte die Auflösung seiner Kapellen in Augsburg und anderswo und fasste die besten Kräfte in Wien zusammen; im November 1496 sandte er „cantor Isaac“ mit Ehefrau aus Italien nach Wien. Am 3. April 1497 unterschrieb Isaac in Innsbruck sein Dienstgelöbnis und war damit als „Componist und diener“ beim habsburgischen Hof angestellt. Er unterhielt dennoch gute Beziehungen nach Florenz, was sich aus der Gegenleistung des dortigen Spitals Santa Maria Nuova vom 25. September 1499 für die Einzahlung gewisser Geldbeträge in Form von alljährlichen Naturallieferungen ergibt. Spätestens ab 1. Februar 1500 folgte Isaac seinem Dienstherrn fast zwei Jahre lang auf dessen Reisen; so gibt es nachweislich am 15. April und 8. September 1500 Aufenthalte in Augsburg, am 7. November 1500 in Nürnberg, am 20. März 1501 in Wels und am 10. November 1501 wieder in Nürnberg, außerdem einen Aufenthalt im Kloster Neustift bei Brixen, wo er etwa 1506 oder kurz danach als Mitglied der dortigen Laienbruderschaft aufgenommen wurde.

Von 1502 bis 1506 lebte Isaac wieder überwiegend in Florenz, wo er 1502 und 1504 an das schon genannte Spital Santa Maria Nuova Einzahlungen für eine eigene Rente und für seine Ehefrau machte. Am 15. August 1502 bestimmte er in seinem ersten Testament, hinterlegt in der Kirche Santa Maria dei Servi, dass man ihn in dieser Kirche begraben möge, und setzte seine Ehefrau als Alleinerbin ein. Er wirkte auch als Treuhänder für seine verwitwete Schwägerin Margherita, verheiratet gewesen mit dem Sänger Charles de Launoy, anlässlich ihrer Wiederverheiratung und übernahm die Versorgung von Maria de Launoy, Margheritas Tochter. Bekannt geworden sind auch Isaacs Aufenthalte in Ferrara 1502, wo der musikbegeisterte Herzog Ercole I. d’Este einen Nachfolger für die Leitung seiner Hofkapelle suchte und eine Anstellung entweder von Isaac oder von Josquin Desprez erwogen wurde. Hierzu schrieb der Beauftragte Gian de Artiganova an Herzog Ercole am 2. September 1502:

„Ich muss Euer Gnaden mitteilen, dass Isaac der Sänger in Ferrara gewesen ist und eine Motette über eine ‚La mi la sol la sol la mi‘ betitelte Fantasie geschrieben hat; diese ist sehr gut, und er schrieb sie in zwei Tagen. Daraus kann man nur schließen, dass er sehr schnell in der Kunst der Komposition ist; im übrigen ist er gutartig und umgänglich. … er hat sich die Zeit von einem Monat für die Antwort ausbedungen, ob er dienen will oder nicht. Wir haben … ihm 10 Dukaten pro Monat versprochen … Mir scheint er gut geeignet, Euer Gnaden zu dienen, besser als Josquin, weil er zu seinen Musikern von liebenswürdigerem Wesen ist und öfter neue Werke komponieren will. Dass Josquin besser komponiert, ist richtig, aber er komponiert, wenn er es will und nicht, wenn man es von ihm erwartet, und er verlangt 200 Dukaten als Lohn während Isaac für 120 kommen will …“

Letztlich erhielt Josquin diese Anstellung. Im September 1503 kam es zu dem bemerkenswerten Besuch der „Konkurrenz-Hofkapelle“ Philipps des Schönen aus Burgund in Innsbruck; zu diesem repräsentativen Anlass schrieb Isaac die sechsstimmige Messe Virgo prudentissima. Außerdem benennt eine Notiz in der Orgeltabulatur von Fridolin Sicher einen Besuch des Komponisten in Konstanz vor dem Jahr 1505, wo er auf Bitten des Konstanzer Organisten Martin Vogelmaier die Motette Sub praesidium geschrieben hat; Vogelmaier verunglückte im Juni 1505 tödlich. Einer der Höhepunkte der Karriere von Heinrich Isaac war der vom April bis Juli 1507 abgehaltene Reichstag in Konstanz; hierfür komponierte er die Motetten Sancti Spiritus assit, Imperii proceres und die sechsstimmige Motette Virgo prudentissima, welche vermutlich am 15. August 1508 erklungen ist. Auch die Kaiserkrönung Maximilians im Februar 1508 in Trient war ein solcher Höhepunkt. Auf Bitten des Rektors der Kaiserlichen Kapelle, Georg Slatkonia, beschloss das Domkapitel des Konstanzer Münsters am 14. April 1508, Isaac mit der Komposition von Messpropria der Hauptfeste zu beauftragen, welcher diesen Auftrag annahm. Im Mai 1509 war der Auftrag wohl zum größten Teil erfüllt, wonach das Konstanzer Kapitel am 29. November 1509 die Honorierung des gelieferten Werks beschloss. Isaacs Schüler Ludwig Senfl gab diese Kompositionen 1550/1555 im zweiten Band seiner Sammlung Choralis Constantinus heraus.

Die Hofhaltung Kaiser Maximilians beschloss am 25. Mai 1510, dem Komponisten Landgüter im Val Policella in der Nähe von Verona zu verleihen, deren Einkünfte offenbar Isaacs Gehalt ersetzen sollten. Spätestens ab Ende 1511 lebte er wieder in Florenz, verkaufte dort am 4. Januar 1512 sein Haus in der Via dell’Ariento und kaufte sich ein anderes in der Via del Cocomero (heute Via Ricasoli) im Quartier San-Marco. Am habsburgischen Hof hielt man diese Wohnsitzverlegung nach Italien für nützlich, vielleicht aus diplomatischen Gründen. Am 1. September 1512 übernahmen die Medicis wieder die Herrschaft in Florenz. In diese Spätzeit Isaacs fällt die Komposition großer Staatsmotetten sowie die zweite und dritte Fassung seines Testaments (24. November 1512 und 4. Dezember 1516). Möglicherweise trug er sich auch mit dem Gedanken, Florenz für einige Zeit zu verlassen, weil er am 16. November 1512 den Kleriker Andrea Pasquini zu seinem Bevollmächtigten (procurator) einsetzte. Am 13. März 1513 wurde Kardinal Giovanni de’ Medici, Sohn von Lorenzo Magnifico, als Leo X. zum Papst gewählt. Isaac gratulierte ihm mit der Motette Optime divino date munere pastor, komponiert vielleicht für den Besuch des habsburgischen Gesandten Matthäus Lang in Rom 1513/1514. Obwohl er 1514 noch neuer und gut bezahlter „prepositus Capelle cantus figuralis“ geworden war und obwohl die habsburgische Hofhaltung, nach vorübergehender Aussetzung der Bezüge, ab 27. Januar 1515 deren Weiterzahlung anordnete, gab es mehrfache Bemühungen der römischen Kurie, offenbar durch Leo X. veranlasst, von Lorenzo de’ Medici dem Jüngeren eine zusätzliche Pension für den in früheren Jahren treuen Diener Heinrich Isaac zu bewirken – mit Erfolg.

Papst Leo X. besuchte Florenz vom 30. November 1515 bis 19. Februar 1516; aus diesem Anlass wurde in dieser Zeit an San Lorenzo täglich polyphone Messen gesungen, wobei Isaac an der musikalischen Ausgestaltung des Besuchs beteiligt war; es ist nicht überliefert, was im Einzelnen aufgeführt wurde. Der Komponist erkrankte im Herbst 1516, setzte im Dezember sein drittes Testament auf und starb am 26. März 1517. Am folgenden Tag wurde er beigesetzt, und auf Bitten seiner kinderlosen Witwe Bartolomea wurde eine Messe aufgeführt. Isaacs Witwe machte ihr Testament am 3. Februar 1521, wobei ihre jüngere Schwester Antonia und ihre Nichte Maria als Erben eingesetzt wurden, und starb am 30. Mai 1534.


Bedeutung


Heinrich Isaac wurde von dem Schweizer Humanisten und Musiktheoretiker Heinrich Glarean (1488–1563) in der Mitte des 16. Jahrhunderts, zusammen mit Josquin Desprez, Jacob Obrecht und Pierre de la Rue, zur Gruppe jener Tonsetzer gerechnet, die eine musikalische „ars perfecta“ vertreten. Isaac galt in Italien bereits vor 1500, nördlich der Alpen kurz danach als ein wahrhaft berühmter, äußerst fruchtbarer und bewunderter Komponist. Dieser Ruhm und der Umfang seines Gesamtwerks haben sich offenbar ganz direkt auf die Überlieferung seiner Werke und die Summe ihrer bis heute erhaltenen Quellen ausgewirkt, obwohl nach dem 16. Jahrhundert hier mit Sicherheit viele Verluste eingetreten sind. Der überlieferte Bestand an Quellen kann, im Vergleich mit anderen Komponisten seiner Zeit, geradezu monumental genannt werden.

Isaacs Werk an komponierten Messordinarien ist ungewöhnlich umfangreich und übertrifft mit ihren 35 erhaltenen und derzeit für echt gehaltenen Messzyklen sowie 15 einzelnen Messsätzen das Messenwerk aller Zeitgenossen, womit es auch im eigenen Gesamtwerk eine weit herausragende Stellung einnimmt. Seine Messen gehören etwa zu gleich großen Teilen bis etwa 1505 zum Typ der Messe nach ein- und mehrstimmigen Fremdvorlagen und etwa ab 1496/97 zum Typ der alternierenden Messe nach eigenen Vorlagen, also Ordinariumsmelodien auf der Basis des Chorals. Der Komponist durchdringt alle entsprechenden Werke mit einer technischen Virtuosität und kontrapunktischen Qualität, die ihm beinahe in beliebigem Ausmaß zur Verfügung steht. Er besaß auch die Fähigkeit, eine repräsentative Wirkung durch eine große und wechselnde Stimmenzahl sowie durch eine Gliederung des Ganzen in aufeinander bezogene Teile zu erreichen. In seinem Motettenschaffen sind seine „Staatsmotetten“ von besonderem Gewicht, so die Motetten zum Reichstag von Konstanz 1507 und zur Papstkrönung von Leo X. 1513.

Isaacs Lebenslauf weicht von den meisten seiner franko-flämischen Vorgänger und Zeitgenossen insofern augenfällig ab, als er nicht nach einer italienischen Lebensphase in die Region seiner Herkunft zurückkehrte, sondern nach einem langen deutschsprachigen Zwischenspiel bei den Habsburgern schließlich bis zu seinem Lebensende in Italien bleibt. So ist erkennbar, dass Isaacs große Zahl choralgespeister Ordinariums- und Propriumszyklen sich teilweise eng an deutsche Traditionen anlehnen, mit dem Unterschied, dass sie mit souveräner Satztechnik, mit Raffinesse und großem musikalischen Geist erfüllt sind. Die oft gerühmte Fähigkeit und Bereitschaft Isaacs, sich von Fremdem anregen zu lassen und darauf einzugehen, findet ihren eindrucksvollen Niederschlag in dem Nebeneinander von Stilmitteln franko-flämischer und deutscher Prägung. Dies beweist sich auch in der Leichtigkeit der Übernahme von Formen des deutschen Liedes. Als Folge von Isaacs Verschmelzung franko-flämischer und deutscher Stilmittel wird im deutschen Sprachraum ein musikalisch-fortschrittlicher Anschluss an die große europäische Strömung der franko-flämischen Musik herbeigeführt, auch durch seine Schüler Ludwig Senfl, Balthasar Resinarius und Petrus Tritonius.


Werke


Gesamtausgabe: Henrici Isaac Opera omnia, herausgegeben von E. L. Lerner, Neuhausen-Stuttgart 1974–1998 (= Corpus mensurabilis musicae LXV/1–8)


Literatur




Commons: Heinrich Isaac – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen


  1. Martin Staehelin: Isaac, Heinrich. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 9 (Himmel – Kelz). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2003, ISBN 3-7618-1119-5 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
  2. Marc Honegger, Günther Massenkeil (Hrsg.): Das große Lexikon der Musik. Band 4: Halbe Note – Kostelanetz. Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 1981, ISBN 3-451-18054-5.
Personendaten
NAME Isaac, Heinrich
ALTERNATIVNAMEN Isaak, Heinrich; Ysac, Henrich; Arrigo di Fiandra; Arrigo Tedesco; Arrigo d’Ugo
KURZBESCHREIBUNG franko-flämischer Komponist und Sänger der Renaissance
GEBURTSDATUM um 1450
GEBURTSORT Flandern
STERBEDATUM 26. März 1517
STERBEORT Florenz

На других языках


- [de] Heinrich Isaac

[en] Heinrich Isaac

Heinrich Isaac (ca. 1450 – 26 March 1517) was a Netherlandish Renaissance composer of south Netherlandish origin. He wrote masses, motets, songs (in French, German and Italian), and instrumental music. A significant contemporary of Josquin des Prez, Isaac influenced the development of music in Germany. Several variants exist of his name: Ysaac, Ysaak, Henricus, Arrigo d'Ugo, and Arrigo il Tedesco among them. (Tedesco means "Flemish" or "German" in Italian.)

[es] Heinrich Isaac

Heinrich Isaac (Brabante, 1450-Florencia, 1517) fue un compositor flamenco del Renacimiento.

[ru] Изак, Хенрик

Хе́нрик И́зак (нидерл. и нем. Heinrich Isaac, итал. Arrigo il Tedesco; 1450[1][2][3][…], Фландрия — 26 марта 1517, Флоренция, municipal government of the City of Florence[d]) — фламандский композитор, работавший в Италии, Австрии и Германии.



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