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Leoš Janáček hören?/i (* 3. Juli 1854 in Hukvaldy (Hochwald); † 12. August 1928 in Mährisch-Ostrau) war ein tschechischer Komponist.

Leoš Janáček mit seiner Frau Zdeňka (1881)
Leoš Janáček mit seiner Frau Zdeňka (1881)

Leben


Leoš Janáček wurde als siebentes Kind des Dorfschullehrers Jirí Janáček (1815–1866) in Hukvaldy im damals zu Österreich gehörenden Mähren geboren. Sein Vater war zugleich Kirchenmusiker, Organist und Chorleiter. Seine Mutter Amalie, geborene Grulich, war die Tochter eines wohlsituierten Gastwirtes aus dem ostböhmischen Wallfahrtsort Grulich (Králíky). Durch den frühen Tod seines Vaters wurde für den unmündigen Janáček sein Onkel Jan Janáček (1810–?), Dorfpfarrer in Blazice in der Nähe von Kroměříž, als Vormund bestellt.

Janáček besuchte 1865 das Augustinerstift in Brünn, 1866 bis 1869 die deutsche Realschule und studierte 1869 bis 1872 an der „k.k. tschechischen Lehrerbildungsanstalt“. 1872 wurde er dort Musiklehrer und leitete verschiedene Chöre. 1874 bis 1875 studierte er an der Orgelschule in Prag, wurde 1876 Chormeister des Philharmonischen Vereins Umělecká beseda (bis 1890) und befreundete sich mit Antonín Dvořák. In Brünn war er außerdem Schüler der Pianistin Amalie Neruda, der Schwester Wilma Nerudas, mit der er zwischen 1877 und 1879 auch zusammen auftrat.[1] 1877 wurde er Privatklavierlehrer der zwölfjährigen talentierten Zdeňka Schulzová (* 15. August 1865; † 25. Februar 1938), die er am 13. Juli 1881 heiratete. Zdeňka war die Tochter des Direktors der Brünner „K.u.K. slawischen Lehrerbildungsanstalt“, an der Janáček zuerst studierte, dann auch unterrichtete. Am 15. August 1882 kam Tochter Olga zu Welt. Die Neugeborene war kränklich, und die Eltern trennten sich vorübergehend. Am 16. Mai 1888 wurde der Sohn Vladimír geboren; beide Kinder wurden zeitlebens von Krankheiten heimgesucht und starben jung.

Von Oktober 1879 bis Februar 1880 studierte Janáček am Leipziger Konservatorium bei Oscar Paul und Leo Grill sowie von April bis Juni 1880 in Wien bei Franz Krenn. Am 12. Dezember 1880 dirigierte er die Brünner Aufführung von Smetanas Moldau im Beseda-Haus. Im Herbst 1881 wurde er als Direktor der neuen Orgelschule in Brünn angestellt, die Schule selbst wurde ein Jahr später, am 15. Oktober 1882 eröffnet. Janáček blieb ihr Direktor bis zu seiner Pensionierung 1919; zudem war er 1881 bis 1888 Dirigent der Philharmonischen Gesellschaft. 1884 leitete er die musikalische Totenfeier Gregor Mendels. Mendel war Abt des Augustinerstifts, das Janáček als Kind besucht hatte, und wurde später als bahnbrechender Naturforscher anerkannt.[2]

Am 9. November 1890 starb Janáčeks Sohn Vladimír, am 26. Februar 1903 seine Tochter Olga. Es kam zu Ehekrisen. Diese persönlichen Erlebnisse spiegeln sich in seiner Oper Schicksal (Osud) wider. 1904 wurde er als Musiklehrer an der Lehrerbildungsanstalt pensioniert. Im selben Jahr fand die Uraufführung seiner Oper Jenůfa statt, mit der Janáček bei ihren Erstaufführungen in Prag 1916 und in Wien 1918 der späte Durchbruch als Komponist gelang.

Max Brod, Dresden, 1914
Max Brod, Dresden, 1914

Der Prager Autor Max Brod verfasste in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten deutsche Übertragungen für fünf seiner Opern und verhalf ihm damit zum Durchbruch auf den internationalen Opernbühnen. Aufführungen auf Tschechisch waren damals außerhalb von Böhmen und Mähren undenkbar und selbst in Prag keineswegs selbstverständlich. Brod stand vor der schwierigen Aufgabe, seinen Text in Einklang zu bringen mit einer Musik, die ganz auf der Sprachmelodie des Tschechischen basiert. Dies war ohne Zugeständnisse des Komponisten nicht möglich, sodass die „deutsche“ Jenůfa nicht notengetreu mit der tschechischen übereinstimmt. Brod trug auch durch zahlreiche Veröffentlichungen und eine erste Biografie zum allmählich einsetzenden Ruhm Janáčeks bei.

Kamila Stösslová mit Sohn Otto 1917
Kamila Stösslová mit Sohn Otto 1917

1917 begegnete Janáček Kamila Stösslová (1891–1935). Die platonische Beziehung zu ihr, die bis zu seinem Tod anhielt, belastete seine Ehe zusätzlich. 1919 wurde Janáček Direktor des neu gegründeten privaten Konservatoriums in Brünn, nach der Verstaatlichung 1920 Professor einer Meisterklasse für Komposition. In seinem letzten Lebensjahrzehnt schrieb er fast alle seine Meisterwerke: Die Opern Káťa Kabanová, Das schlaue Füchslein, Die Sache Makropulos und Aus einem Totenhaus, die beiden Streichquartette, die Sinfonietta und die Glagolitische Messe.

Janáček sammelte Volkslieder seiner Heimat und beobachtete die Sprache seiner Landsleute genauso wie die Laute der Natur. Diese Studien flossen in seine Kompositionen ein, und die sogenannte „Sprachmelodie“ prägte seinen Stil, nicht nur in den Vokalwerken. Er entwickelte eine Theorie der Sprechmelodie. Auf diese Weise wurde Janáček fernab von den Hauptströmungen der europäischen Musik seiner Zeit zu einem der großen Neuerer des 20. Jahrhunderts und zu einem der bedeutendsten Opernkomponisten überhaupt.

Janáčeks Grabstätte auf dem Brünner Zentralfriedhof
Janáčeks Grabstätte auf dem Brünner Zentralfriedhof
Grabinschrift, Vers und Notation zu Janáčeks Männerchor Des Narren Irrfahrt.[3]
Grabinschrift, Vers und Notation zu Janáčeks Männerchor Des Narren Irrfahrt.[3]

Neben seinen Kompositionen und dem Unterricht am Lehrerbildungsinstitut schrieb er regelmäßig Feuilletons für die Zeitung Lidové noviny. Sie erschienen später gesammelt auch in zwei deutschsprachigen Ausgaben.

Janáček starb im August 1928 in einem Sanatorium in Mährisch Ostrau infolge einer Herzlähmung nach einer Lungenentzündung; seine Frau überlebte ihn um knapp zehn Jahre. Er bekam ein Ehrengrab in der sogenannten Ehrenrunde, dem Abschnitt 25e des Brünner Zentralfriedhofs (Ústřední hřbitov) an der Wiener Straße (Vídeňská) 96,[3] erreichbar aus dem Zentrum von Brünn mit den Straßenbahnlinien 2 und 5. Janáčeks Grab wurde vom Architekten Bohuslav Fuchs gestaltet, der dem Bauhaus nahestand und viele moderne Gebäude im Brünn der 1920er Jahre errichtete. In der Nähe des Grabes von Janáček liegt auch seine Tochter Olga und, im Kreis der Ehrengräber, der Dirigent František Jílek (1913–1993) begraben, ein wichtiger Interpret der Werke Janáčeks.


Personalstil und Tonsprache


Janáčeks Musik zeichnet sich auf grundsätzlich tonaler Grundlage durch starke Aphoristik und kleingliedrige Motivik neben großen Kantilenen aus. Die Harmonik, die Instrumentation und der Tonsatz sind stark von folkloristischen Elementen geprägt, weisen dabei aber deutlich in die Moderne. Vielfach sind überraschende harmonische Fortschreitungen, die seinen unverwechselbaren Stil ausmachen, funktionsharmonisch nicht begründbar.

Auffallend sind die nie abreißenden Emphasen seiner musikalischen Einfälle, die unromantische Dramatik und die große lyrische Subtilität. Seine Naturverbundenheit (Das schlaue Füchslein) ist von einer pantheistischen Philosophie getragen. Politisch stand Janáček dem Panslawismus nahe und sprach daher nur ungern Deutsch, obwohl er es fehlerfrei beherrschte.

Die tschechische Sprache untersuchte er auf ihre Sprachmelodie hin. Selbst bei Sprachen, die er nicht verstand, zum Beispiel bei einem Vortrag von Rabindranath Thakur auf Bengalisch, notierte er Sprachmelodie und Duktus.[4] Nicht nur die Vokalmusik Janáčeks ist davon geprägt. Ein raffiniert verwobener Kontrapunkt verbindet die feingliedrige Motivik und ihren Kontrastreichtum.


Schüler Leoš Janáčeks



Werke


Autograph Janáčeks zu den Fanfaren der Sinfonietta
Autograph Janáčeks zu den Fanfaren der Sinfonietta

Orchesterwerke

Kammermusik

Klavierwerke

Vokalwerke

Lieder

Janáček-Denkmal in Hukvaldy zur Erinnerung der Uraufführung der Oper Das schlaue Füchslein
Janáček-Denkmal in Hukvaldy zur Erinnerung der Uraufführung der Oper Das schlaue Füchslein

Opern


Gedenken


In Brünn ist innerhalb der Organisation des Mährischen Landesmuseums im Gartenhaus der ehemaligen Orgelschule eine Dauerausstellung über den Komponisten eingerichtet. Sie umfasst Janáčeks Arbeitszimmer mit seinem Klavier sowie eine Ausstellung, in der man mehr über das Leben und Wirken des Komponisten erfahren kann.[15]

Ebenfalls in Brünn tragen die Janáček-Akademie und das Janáček-Theater den Namen des Komponisten.

Unter dem Titel Archives of Leoš Janáček wurden Dokumente aus dem Besitz von Janáček von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen.[16]


Festivals


Zu seinem 150. Geburtstag 2004 veranstaltete das Brünner Nationaltheater in zwei seiner drei Spielstätten, dem Mahen-Theater und dem Janáček-Theater (das dritte Haus ist das Divadlo Reduta), erstmals ein Janáček-Festival. Zunächst fand keine weitere Fortführung statt. Nachdem Tomáš Hanus 2008 der Chefdirigent der Brünner Oper geworden war, rief er erneut ein Janáček-Festival als Biennale ins Leben, das Festival Janáček Brno. 2010 fand die Biennale unter der Leitung des Lübecker Dirigenten Caspar Richter statt. Es folgten die Festivals 2012, 2014 und 2018 jeweils im November bzw. Dezember, dabei widmet man sich auch anderen Brünner Komponisten wie zum Beispiel Erich Wolfgang Korngold oder die Komponistin Vítězslava Kaprálová.[17]

Weiterhin werden Janáček-Festivals in Ostrava, wo Janáček starb, und im Geburtsort Hukvaldy[18] veranstaltet. Das älteste Festival ist das in Ostrava, „Janáčkův Máj“ (deutsch: „Janáčeks Mai Ostrava“), es findet seit 1976 statt und beschränkt sich nicht auf Janáček.[19] Das Musikfestival in Hukvaldy fand bisher 21 Mal statt, hat nur konzertante Musik und ein weites Spektrum überwiegend slawischer Komponisten im Programm. Im Jahr 2018 fusionierten diese beiden Festivals zum Mezinárodní hudební festival. Janáčkovy Hukvaldy (= Internationales Musikfestival. Janáčeks Hukvaldy).[18]


Literatur


– alphabetisch –


Hörfunk



Film




Commons: Leoš Janáček – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Festivals


Einzelnachweise


  1. Annkatrin Babbe: Neruda, Amalie verh. Wickenhauser, Wickenhauser-Neruda. In: Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts, 2014. Online-Lexikon des Sophie Drinker Instituts, hrsg. von Freia Hoffmann.
  2. Gregor Johann Mendel *1822 – †1884. In: Mendel-Universität Brünn, (englisch), herunterscrollen, aufgerufen am 11. Oktober 2020: „The requiem in the church was conducted by the later world-famous Czech composer Leoš Janáček.“
  3. Zentralfriedhof der Stadt Brünn. In: leosjanacek.eu, (deutsch), aufgerufen am 11. Oktober 2020, mit historischen Aufnahmen von der Beerdigung Leoš Janáčeks am 15. August 1928 sowie ein Lageplan;
    vgl. Broschüre: Brünner Zentralfriedhof. Kurzer Führer. (PDF; 4,4 MB).
  4. Christoph Schwandt: Leoš Janáček. Eine Biografie. Schott, Mainz 2009, ISBN 978-3-254-08412-5, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  5. s. Bradford Robinson zur Entstehung der Suite und des Idylls
  6. Programme der ISCM World Music Days von 1922 bis heute
  7. Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 480ff
  8. Programme der ISCM World Music Days von 1922 bis heute
  9. Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 480ff
  10. Programme der ISCM World Music Days von 1922 bis heute
  11. Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 480ff
  12. Otakar Hollmann. In: left-hand-brofeldt.dk, (englisch), über Klaviermusik für die linke Hand.
  13. Programme der ISCM World Music Days von 1922 bis heute
  14. Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 480ff
  15. Leoš-Janáček-Gedenkstätte – Mährisches Landesmuseum, Brünn, (deutsch), aufgerufen am 11. Oktober 2020.
  16. Weltdokumentenerbe: Archives of Leoš Janáček. In: United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO), 2017, (englisch).
  17. Vgl. Dietmar Polaczek: Die Ironie der Geschichte. Späte Wiederentdeckung eines lange verpönten Spätentwicklers: Anmerkungen zum jungen Janácek-Festival in Brno. In: Opernwelt, 2011, Nr. 1, S. 70, nur Artikelanfang;
    Dietmar Polaczek: Böse Schwiegermütter. Beobachtungen beim Janacék-Festival in Brünn. In: Opernwelt, 2013, Nr. 1, S. 78, nur Artikelanfang;
    Festival-Geschichte. In: Festival Janáček Brno, aufgerufen am 11. Oktober 2020.
  18. Mezinárodní hudební festival. Janáčkovy Hukvaldy. (Memento vom 16. November 2014 im Internet Archive) [= Internationales Musikfestival. Janáčeks Hukvaldy], (tschechisch, polnisch, englisch), aufgerufen am 11. Oktober 2020.
  19. The Leoš Janáček International Music Festival. In: janackovyhukvaldy.cz, (tschechisch, englisch), aufgerufen am 11. Oktober 2020.
Personendaten
NAME Janáček, Leoš
KURZBESCHREIBUNG tschechischer Komponist
GEBURTSDATUM 3. Juli 1854
GEBURTSORT Hukvaldy
STERBEDATUM 12. August 1928
STERBEORT Mährisch Ostrau

На других языках


- [de] Leoš Janáček

[en] Leoš Janáček

Leoš Janáček (Czech: [ˈlɛoʃ ˈjanaːtʃɛk] (listen),[1] baptised Leo Eugen Janáček; 3 July 1854 – 12 August 1928) was a Czech composer, musical theorist, folklorist, publicist, and teacher. He was inspired by Moravian and other Slavic musics, including Eastern European folk music, to create an original, modern musical style.[2]

[es] Leoš Janáček

Leoš Janáček (pronunciación en checo: /ˈlɛoʃ ˈjanaːtʃɛk/ ( escuchar), bautizado como Leo Eugen Janáček; Hukvaldy, 3 de julio de 1854 – Ostrava, 12 de agosto de 1928) fue un compositor, teórico musical, estudioso del folclore y profesor checo. Se inspiró en la música tradicional de Moravia y de otras culturas eslavas para crear un estilo musical original y moderno.[1]

[ru] Яначек, Леош

Ле́ош Я́начек (чеш. Leoš Janáček, 3 июля 1854, дер. Хохвальд, Моравия, Австро-Венгрия ныне Гуквальди, Чехия — 12 августа 1928, Велька-Острава, ныне Острава) — чешский композитор и музыковед-этнограф. Член Чешской академии наук и искусства.



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