Volkmar Andreae (* 5. Juli 1879 in Bern; † 18. Juni 1962 in Zürich) war ein Schweizer Dirigent und Komponist sowie Direktor des Konservatoriums Zürich. Er gilt als bedeutender Bruckner-Interpret.[1]
Volkmar Andreae
Leben
Volkmar Andreae erhielt als Kind Klavierunterricht und seinen ersten Kompositionsunterricht bei Karl Munzinger. Von 1897 bis 1900 studierte er an der Hochschule für Musik Köln und war Schüler von Fritz Brun, Franz Wüllner und Friedrich Wilhelm Franke. 1900 wurde er Solorepetitor der Münchner Hofoper. 1902 übernahm er die Leitung des Gemischten Chors Zürich, dem er bis 1949 vorstand. Daneben leitete er 1902–1914 die Stadtsänger Winterthur und 1904–1914 den Männerchors Zürich.[2]
Er leitete 1906–1949 das Tonhalle-Orchester Zürich und 1914–1939 das Konservatorium Zürich. Er gehörte zu den Gründern der Schweizerischen Gesellschaft für Neue Musik (heute ISCM Switzerland), deren Präsident er 1922–1934 war.[3] An den Weltmusiktagen der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (ISCM World Music Days) dirigierte er 1925, 1926 und 1930.[4][5] Später lebte er als Lektor und freischaffender Komponist in Wien und trat international als Dirigent auf. Seine besondere Vorliebe galt den Sinfonien Anton Bruckners, von denen er 1953 für den österreichischen Rundfunk mit den Wiener Symphonikern die erste Gesamteinspielung überhaupt vorlegte. Da dieser Zyklus erst 2009 auf CD erschien, blieb Andreaes Einsatz für Bruckner lange wenig bekannt.[1]
Andreaes kompositorisches Schaffen umfasst Opern, sinfonische und kammermusikalische Werke, ein Klavier-, ein Violin- und ein Oboenkonzert, Klaviermusik sowie Chormusik und Lieder (z.B. Vertonungen von Schweizer Dichtern wie dem mit ihm seit etwa 1905 befreundeten[6]Hermann Hesse oder Conrad Ferdinand Meyer). Für Andreae schrieb Hesse 1915 das unveröffentlicht gebliebene Libretto für eine vieraktige Oper Romeo, beruhend auf Shakespeares Romeo und Julia in der Übertragung von Schlegel. Zu Andreaes Freundeskreis gehörten auch der Konstanzer Zahnarzt und Musikförderer Alfred Schlenker und Fritz Brun.[7]
Andreae fand seine letzte Ruhestätte auf dem Zürcher Friedhof Manegg.
Familie
Volkmar Andreae war der Sohn des Apothekers Philipp Andreae und dessen Ehefrau Adeline Françoise Joséphine geb. Perroni. Ein Bruder war der Bauingenieur und Hochschullehrer Charles Andreae, ein Großvater der Apotheker Heinrich Volkmar Andreae.
Volkmar Andreaes in Zürich geborener Sohn Hans Andreae (1908–1978), Pianist, war von 1937 bis 1973 Lehrer für Cembalo und Klavier am Zürcher Konservatorium.[8] Der Dirigent Marc Andreae ist ein Enkel.
Ehrungen
Anton-Bruckner-Ring (1925)
Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1957)[9]
Werke (Auswahl)
Vokalmusik
Vater unser für Mezzosopran, Frauenchor und Orgel
Das Göttliche für Tenor, Chor und Orchester (1900)
Sinfonie Nr. 1 in F-Dur (1901)
Das Göttliche, für Chor, Tenorsolo und Orchester, op. 2 Text: Johann Wolfgang von Goethe. OCLC 695849685
Charons Nachen für Solisten, Chor und Orchester op. 3 (1901) Text: Joseph Victor Widmann. OCLC 826858819
Der Spielmann, vier Lieder für eine Männerstimme mit Klavierbegleitung op. 5 Text: Max Wetter. OCLC 695849686
Zwei Gesänge für Männerchor a capella, op. 6 Text: Max Wetter I Waldesfriede II Graf Isenburg (um 1903). OCLC 638416317
Schutzgeister, Kantate (1904)
Drei Schlichte Weisen für Männerchor a cappella op. 8. OCLC 731283770
Sechs Gedichte von Conrad Ferdinand Meyer für eine Singstimme und Klavier op. 10 Hug, Zürich 1906. OCLC 1148408148
Vier Männerchore a cappella op. 11 I Auf dem Canal grande II Der Jungschmied III Die schweren Zeiten IV Campo santo die Staglieno, Hug, Zürich um 1906/1907. OCLC 84634043
Vier Gesänge mit Klavierbegleitung op. 12 I Mond am Tage Text: Conrad Ferdinand Meyer II Alte Schweizer Text: Conrad Ferdinand Meyer III Der Schmied Text: Walter Schädelin IV Du bist ein Kind Text: E. Ziel. OCLC 605300752
Vier Gedichte von Meinrad Lienert in schweizer-deutscher Mundart für Männerchor a cappella op. 13 II Hochsigzyt: Nu allemol wänn's Lanzig wird. OCLC 864705595
Vier (einstimmige) Gesänge mit Klavierbegleitung op. 15, Hug, Leipzig 1909. OCLC 605718268 I Wenn ich Abschied nehme für Tenor Text: Karl Weitbrecht II Eiche im Sturm. Für Tenor Text: Walter Schädelin. III Nirgend mehr ein Sonnenschein Text: Karl Weitbrecht IV Der Bevorzugte. Für hohen Koloratursopran Text: Carl Spitteler.
Sechs Gedichte in schweizer-deutscher Mundart op. 16 für Gesang mit Klavierbegleitung, Hug, Zürich 1906. OCLC 611368972 I Pfyfferfahrt: Iberger Mundart Text: Meinrad Lienert. OCLC 1091603678
Zwei Männerchöre op. 17 I Tanzlied. Incipit: Des Goldbauern Hiesel, dem ging es recht schlecht Text: Heinrich Leuthold. II Hüt' du dich! Incipit: Ich weiss mir 'n Mädchen hübsch und fein. Text: aus Des Knaben Wunderhorn, Hug, Leipzig und Zürich 1910. OCLC 638416460
Vater unser für Mezzosopran- (oder Bariton- ) Solo, dreistimmigen Frauenchor und Orgel op. 19, Hug, Leipzig 1911. OCLC 884445383
An die Hoffnung ... für Männerchor a cappella op. 21, Hug, Leipzig, Zürich 1912. OCLC 84336704
Drei Gedichte von Gottfried Keller für Männerchor a cappella op. 22 I Ratzenburg II Röschen biss den Apfel an III Frühlingslied. Incipit: C'est le printemps, Gebrüder Hug & Co., Leipzig und Zürich 1913. OCLC 82060422
Vier Gedichte von Hermann Hesse. Op. 23. Für eine (männliche) Stimme mit Klavierbegleitung. Hug, Zürich 1912 (Uraufgeführt 1913 von Ilona Durigo in Zürich[10]). I Ravenna. OCLC 638651256 II Gebet der Schiffer. OCLC 611377890 III Bei Spezia IV Barcarole OCLC 611368966
Zwei Männerchöre op. 24 I Wanderlied Incipit: Lustig wandr' ich querfeldein, II Der fliegende Holländer, Text: Otto Rüdel, Bote & G. Bock, Hug, Zürich 1913. OCLC 82767521
Ratcliff, Tragödie (Oper) op. 25, für mehrere Singstimmen, drei Sprechstimmen, Chor und Orchester, Dichtung von Heinrich Heine, Fürstner, Berlin 1918. OCLC 611865803
Magentalied für Männerchor und Orchester op. 28, Hug, Leipzig und Zürich 1919. OCLC 637463105
Höheres Leben: Der Mensch erwählt sein Leben für Männerchor und Blasorchester, op. 36, Text: Friedrich Hölderlin, Hug, Leipzig 1929. OCLC 605718801
Li-Tai-Pe, Acht chinesische Gesänge für Tenor und Orchester op. 37, Nachdichtungen von Klabund angelehnt an Li Tai-peh (Li Taibai), Gebrüder Hug, Leipzig und Zürich 1931. OCLC 716243369
Suite für Männerchor a cappella op. 38, nach Sprüchen von Ernst Zahn OCLC 637389908
Weihe des Landes, Hymne für Männerchor op. 39 No. 2 Text: Anna von Rüti. OCLC 901830779 Stundenchor für die II. Kategorie beim Eidgenössischen Sängerfest in Basel 1935
Weite Welt und breites Leben, op. 39 No. 3 Text: Johann Wolfgang von Goethe, Hug, Zürich 1935. OCLC 901830489 Stundenchor für die III. Kategorie beim Eidg. Sängerfest in Basel 1935.
Spruch: Willst du dir ein gut Leben zimmern für Männerchor a cappella, op. 39 No. 4, Hug, Zürich 1935. OCLC 901830780 Stundenchor für die IV. Kategorie beim Eidg. Sängerfest in Basel 1935.
Suite für Männerchor, Baritonsolo und Orchester op. 41 Text: Gonzague de Reynold. OCLC 774142386
Festgesang: Schliesst auf den Ring" für Männerchor und Klavier ad libitum, Text: Gottfried Keller, Hug, Zürich 1948. OCLC 611080491
Nossa vet'ei semeglionta [Unser Leben gleicht der Reise] für Männerchor, Text: Alfons Vinzens. (rätoromanisch), Moriz Maggi 1948. OCLC 1151003249
Landsgemeindelied: Freie Männer! Dies ist der Tag für Männerchor, Text: Edwin Arnet, Hug, Zürich 1951. OCLC 611080449
Streichquartett Nr. 2 e-Moll op. 33, Eulenburg, Leipzig 1922. OCLC497247670
Sinfonische Musik und Konzerte
Sinfonie in B-dur (unpubliziert, WoO; ca. 1895)
Sinfonische Fantasie für großes Orchester, Tenor-Solo, Chortenor und Orgel op. 7 mit einem vorangestellten Gedicht von Walter Schädelin, Hug, Zürich um 1905. OCLC699106345
Sinfonie in F-dur (1903).
Sinfonie Nr. 2 in C-Dur, op. 31, Gebrüder Hug & Co., Leipzig 1920. OCLC843210447
Rhapsodie für Violine und Orchester op. 32, Hug, Leipzig 1920. OCLC889666906
Musik für Orchester, op. 35, Hug, Leipzig 1929. OCLC605718810
Konzert für Violine und Orchester op. 40. Gebrüder Hug & Co., Leipzig und Zürich 1936. OCLC83398733
Konzert für Oboe und Orchester, op. 42, Hawkes & Son, London, 1947. OCLC1061634446
Märsche
Marche des Carabiniers, Marsch des Schützenregiments No. 12 für Schweizerische Militärmusik, Hug, Zürich, um 1917. OCLC730297393
Marsch des Schützenbataillons 3 für Schweizerische Militärmusik, Hug, Zürich. OCLC730297392
Schweizerischer Armeemarsch, Hug, Zürich, 1940
Defiliermarsch des 14. schweizerischen Inf.-Regiments für Harmoniemusik, Hug, Zürich um 1940. OCLC611337651
Sonstiges
Sechs Klavierstücke zu zwei Händen op. 20 – I Praeludium – II Bacchantischer Tanz – III Frage – IV Catalonisches Ständchen – V Adagio – VI Unruhige Nacht, Hug, Leipzig, Zürich 1911. OCLC610756615
Kleine Suite, op. 27, Leuckart, Leipzig 1917. OCLC731004559
Notturno and Scherzo, op. 30, Leuckart, Leipzig um 1918. OCLC731004562
Abenteuer des Casanova, vier Einakter op. 34, Text: Ferdinand Lion – I DieFlucht aus Venedig – II Casanova in Paris – III Spanisches Nachtstück – IV Casanova in Potsdam. 1923. OCLC17468211
La cité sur la montagne, Festspielmusik (1942)
Literatur
Ingrid Bigler-Marschall:Volkmar Andreae. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 1, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 51.
Andres Briner:Volkmar Andreae. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Volkmar Andreae, Festgabe aus Anlass seines Rücktrittes … als künstlerischer Leiter der Tonhalle-Gesellschaft Zürich und verantwortlicher Chef des Tonhalle-Orchesters, 1906-1949; Tonhalle-Gesellschaft Zürich, Zürich [1949]; 107 S., ill.
Joseph Willimann (Hrsg.): Der Briefwechsel zwischen Ferruccio Busoni und Volkmar Andreae. 1907–1923. Hug, Zürich 1994, ISBN 3-906415-82-1 (online).
Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S.480ff
Volker Michels (Hrsg.): Hermann Hesse: Musik. Betrachtungen, Gedichte, Rezensionen und Briefe. Mit einem Essay von Hermann Kasack. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1976; erweiterte Auflage ebenda 1986, ISBN 3-518-37717-5, S. 112, 173, 179, 189, 191, 198.
Volker Michels (Hrsg.): Hermann Hesse: Musik. Betrachtungen, Gedichte, Rezensionen und Briefe. 1986, S. 173, 189.
Andres Briner:Hans Andreae. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
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