Edward Benjamin Britten, Baron Britten, OM CH (* 22. November 1913 in Lowestoft, Suffolk; † 4. Dezember 1976 in Aldeburgh, Suffolk) war ein britischer Komponist, Dirigent und Pianist.
Dieser Artikel behandelt den Musiker Benjamin Britten; zur Rose siehe Benjamin Britten (Rose).
Benjamin Britten wurde als viertes und jüngstes Kind des Zahnarztes Robert Victor und seiner Ehefrau Edith Rhoda Britten geboren. Mit fünf Jahren erhielt er von seiner Mutter die ersten Klavierstunden. Im Jahr 1921 schrieb Britten seine ersten Kompositionen. Während der Schulzeit wurde er im Klavier- und Bratschenspiel maßgeblich von Frank Bridge unterrichtet, ihm widmete er später auch seine Komposition Variationen zu einem Thema von Frank Bridge.[1] 1930 studierte er Klavier und Komposition am Royal College of Music in London, das er 1933 verließ.
Britten besuchte wie der Dichter W. H. Auden die Gresham’s School in Norfolk – ihre Bekanntschaft und Freundschaft begann jedoch nicht dort, sie besuchten die Schule nacheinander. Vielmehr begegneten sie sich während Brittens Tätigkeit für die GPO Film Unit im Jahre 1935.[2] Auden hat ihn nicht nur persönlich, sondern auch künstlerisch beeinflusst. Einige Texte Audens wurden von ihm vertont (z.B. Our Hunting Fathers, op. 8 und On this Island, op. 11).
Viele Tenorpartien seiner Opern und viele Lieder waren für die Aufführung durch seinen Lebensgefährten gedacht, den Tenor Peter Pears, den Britten im Jahr 1937 kennengelernt hatte. Er schrieb bedeutende Kammermusikwerke, Kammeropern und die Kammermusik seines War Requiem für das Melos Ensemble.[3]
1939 verließ der erklärte Pazifist Britten Europa und ging in die USA. 1942 kehrte er jedoch – wieder zusammen mit Peter Pears – nach Großbritannien zurück. In zweiter Instanz wurde Britten die Kriegsdienstverweigerung im Zweiten Weltkrieg nicht nur für die kämpfenden Truppen, sondern allgemein zugestanden.
Weithin bekannt wurde Britten durch seine Oper Peter Grimes, mit der die Sadler’s Wells Opera Company ihr Theater nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eröffnete (Uraufführung 7. Juni 1945). 1948 entstand die Kantate Saint Nicolas, welche das Leben und Wirken des Bischofs Nikolaus von Myra beschreibt. Im Dezember 1961 vollendete er anlässlich der Neuerrichtung der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kathedrale von Coventry das War Requiem, das seitdem zu den wichtigsten Chorwerken gezählt wird (Uraufführung: 30. Mai 1962, Coventry). Verwendet wurden Texte der Liturgie und Gedichte des 1918 gefallenen Lyrikers Wilfred Owen.
Seine Kompositionen umfassen Orchester- und Kammermusik, vor allem aber Vokalmusik (Opern, Lieder, Kompositionen für Chor). Zu seinen bedeutendsten Werken zählen die Serenade für Tenor, Horn und Streicher sowie die Opern Peter Grimes und A Midsummer Night’s Dream.
Britten war auch ein außerordentlicher Dirigent und Pianist. So dirigierte er 1970 die erstmals außerhalb Russlands aufgeführte 14. Sinfonie Schostakowitschs, ein Werk, das der Komponist ihm gewidmet hatte.[4] Als Pianist ist er häufig als Liedbegleiter aufgetreten. Seit den fünfziger Jahren sind zahlreiche Schallplattenaufnahmen eigener und fremder Werke erschienen. Seit einigen Jahren macht die BBC aus ihrem Archiv Live-Mitschnitte mit ihm wieder zugänglich.
1948 gründete Britten in seinem Wohnort Aldeburgh ein Musikfestival, das bis heute existiert. 1967 wurde eine Konzerthalle im Veranstaltungs-, Ausstellungs- und Einkaufszentrum „Snape Maltings“ in dem Dorf Snape nahe Aldeburgh eröffnet. Dort findet das Aldeburgh Festival seither jährlich statt.
Benjamin Brittens Grab in Aldeburgh, Suffolk, England
Neben vielen anderen Auszeichnungen erhielt Britten den Order of Merit – als dritter englischer Komponist nach Edward Elgar und Ralph Vaughan Williams. 1957 wurde er als auswärtiges Ehrenmitglied in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen.[5] 1960 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 1965 wurde er mit dem finnischen Wihuri-Sibelius-Preis und 1968 mit dem Léonie-Sonning-Musikpreis geehrt. 1958 bzw. 1970 wurde er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.[6] 1976 wurde er als auswärtiges Mitglied in die Académie des Beaux-Arts aufgenommen.
Britten verwendete zwar auch Techniken seiner modernen Zeitgenossen, im Großen und Ganzen ist Brittens Musik aber eher als konservativ zu bezeichnen. Er war ein Verehrer von Henry Purcell und griff bei einem seiner bekanntesten Werke, dem Young Person’s Guide to the Orchestra, auf ein Thema Purcells zurück.
Am 2. Juli 1976 wurde Britten als Baron Britten of Aldeburgh in The County of Suffolk zu einem Life Peer erhoben. Einige Monate später starb er am 4. Dezember 1976 in seinem Haus in Aldeburgh und wurde auf dem örtlichen Friedhof begraben.
Ehrungen
Seit dem 8. Dezember 1977 tragen in der Antarktis die Bucht Britten Inlet und das darin befindliche Britten-Schelfeis seinen Namen.[7] Der am 15. Februar 1983 entdeckte Asteroid (4079) Britten wurde 1990 ebenfalls nach ihm benannt.[8]
Werke
Benjamin Britten Memorial Window von John Piper in der Kirche von St Peter und St Paul, Aldeburgh
Songs and Proverbs of William Blake, op. 74 (1965) für Bariton und Klavier
Who are these Children, Liederzyklus auf Texte von W. Soutar, op. 84 (1969) für Tenor und Harfe (oder Klavier)
Evening, Morning, Night, drei Lieder aus This way to the tomb für Tenor und Harfe (oder Klavier)
Fish in the Unruffled Lakes
The Birds
Two Ballads
Canticle I op. 40, für Tenor und Klavier (1947)
Canticle II: Abraham and Isaac, op. 51, für Alt, Tenor und Klavier (1952)
Canticle III: Still falls the Rain, op. 55, für Tenor, Horn und Klavier (1954)
Songs from the Chinese op. 58, Liederzyklus für hohe Stimme und Gitarre (1957), uraufgeführt 1958
Canticle IV: The journey of the magi, op. 86, für Alt, Tenor, Bariton und Klavier (1971)
Canticle V: The death of Saint Narcissus op. 89 für Tenor und Harfe (1974)
A Birthday Hansel, 7 Songs, texts by Robert Burns op. 92 (1975)
The Poet’s Echo, op. 76, sechs Lieder nach Puschkin
Tit for Tat, fünf Gedichte nach Walter de la Mare für mittlere Stimme und Klavier (1928–31, rev. 1968)
Opern
Paul Bunyan op.17. Operette (bzw. Ballad Opera). Prolog und 2Akte. Libretto: Wystan Hugh Auden; deutsche Fassung: Erich Fried. UA 5.Mai 1941 New York (Columbia University). Neufassung (bearbeitet von C. Graham): 4.Juni 1976 Aldeburgh Festival
Peter Grimes op.33. Oper. Prolog und 3Akte. Libretto: Montagu Slater (1902–1956) (nach der Verserzählung The Borough von George Crabbe). UA 7.Juni 1945 London (Sadler’s Wells), (die Neuinszenierung dieser Oper am Theater an der Wien 2015 wurde mit dem International Opera Award ausgezeichnet)
The Rape of Lucretia op.37. Kammeroper in 2Akten. Libretto: Ronald Frederick Henry Duncan (1914–1982) (nach der Tragödie Le viol de Lucrèce von André Obey). UA 12.Juli 1946 Glyndebourne Festival Opera
Albert Herring op.39. Komische Oper (Kammeroper) in 3Akten (5Bildern). Libretto: Eric John Crozier (1914–1994) (nach der Erzählung Le Rosier de Madame Husson [Der Tugendpreis; 1888] von Guy de Maupassant). UA 20.Juni 1947 Glyndebourne (Opera House)
The little sweep (Der kleine Schornsteinfeger; Kinderoper) als Teil von Let’s Make an Opera op.45. Libretto: Eric Crozier (nach Charles Dickens). UA 14.Juni 1949 Aldeburgh Festival (Aldeburgh, Jubilee Hall)
Billy Budd op.50. Oper in 2Akten mit Prolog und Epilog. Libretto: Edward Morgan Forster und Eric Crozier (nach der Novelle Billy Budd, Foretopman [1891] von Herman Melville). UA 1.Dezember 1951 London (Royal Opera House Covent Garden)
Gloriana op.53. Oper in 3Akten. Libretto: William Charles Franklin Plomer (1903–1973) (nach dem Roman Elizabeth and Essex von Giles Lytton Strachey und einem Text des Robert Devereux, 2. Earl of Essex). UA 8.Juni 1953 London, zur Krönung von Königin Elisabeth II.
The Turn of the Screw op.54 (Die Drehung der Schraube oder Die sündigen Engel oder Die Besessenen). Kammeroper. Prolog und 2Akte. Libretto: Myfanwy Piper (nach der Erzählung von Henry James). UA 14.September 1954 Venedig (Teatro La Fenice)
Noye's Fludde (Noahs Sintflut) op. 59. Kinderoper. 1 Akt. Libretto: nach dem Chester Miracle Play. UA 18. Juni 1958 Orford, Suffolk (Parish Church [Pfarrkirche])
A Midsummer Night's Dream (Ein Sommernachtstraum) op.64. Oper in 3Akten. Libretto: Benjamin Britten und Peter Pears (nach Shakespeare). UA 11.Juni 1960 Aldeburgh Festival
Owen Wingrave op.85. Oper in 2Akten. Libretto: Myfanwy Piper, nach der gleichnamigen Kurzgeschichte von Henry James. Ursendung im Fernsehen 16.Mai 1971 (BBC London). UA 10.Mai 1973 London (Royal Opera House Covent Garden)
Death in Venice (Tod in Venedig) op.88. Oper in 2Akten. Libretto: Myfanwy Piper (nach der Novelle Der Tod in Venedig von Thomas Mann). UA 16.Juni 1973 Aldeburgh Festival (The Maltings, Snape, Suffolk)
Church Parables (Kirchenparabeln)
Curlew River. A parable for church performance (Fluss der Möwen oder Der Brachvogel-Fluss) op. 71. Libretto: William Charles Franklin Plomer (nach dem Nō-Spiel Sumidagawa von Juro Motomasa). UA 13. Juni 1964 Orford, Suffolk (Parish Church)
The Burning Fiery Furnace (Die Jünglinge im Feuerofen oder Die Feuerprobe) op. 77. Ballade (Kirchenparabel). Libretto: William Plomer. UA 9. Juni 1966 Orford, Suffolk (Parish Church)
The Prodigal Son (Der verlorene Sohn) op. 81. Kirchenparabel. Libretto: William Plomer. UA 10. Juni 1968 Orford, Suffolk (Parish Church)
Kammermusik und Solowerke
Lachrymae, Reflections on a song of Dowland, op. 48 für Viola und Piano (1950)
Sechs Metamorphosen nach Ovid für Oboe Solo, op. 49 (1951)
Fanfare for St Edmundsbury (1959), kurzes antiphonisches und polytonales Stück für drei Trompeten
Sonate für Cello und Klavier C-Dur op. 65, 1961
Nocturnal after John Dowland for Guitar. Op. 70 (1963, erstaufgeführt am 12. Juni 1964 von Julian Bream beim Aldeburgh Festival; Dauer: etwa 14 Minuten), Variationen über Come Heavy Sleep (1597[10]) für Gitarre, gewidmet Julian Bream[11][12][13]
Cello-Suiten Nr. 1 G-Dur (op. 72; 1964), Nr. 2 D-Dur (op. 80; 1967) und Nr. 3 (op. 87; 1971)
Drei Streichquartette, opp. 25, 36, 94; Three Divertimenti for String Quartet, UA: 1936
Werke ohne Opuszahl (meist Frühwerke)
Musik für den Dokumentarfilm Night Mail (1936), Text von W. H. Auden
Russian Funeral (1936) für Blechbläser (4 Hörner ad lib., 3 Trompeten, 3 Posaunen und Tuba) und Percussion
The Rescue of Penelope
The world of the spirit
Literatur
Peter Evans:The Music of Benjamin Britten. Oxford 1996.
Alessandro Macchia, Benjamin Britten, L'Epos, Palermo 2013 ISBN 978-88-8302-384-2
Mervyn Cooke (Hrsg.):The Cambridge Companion to Benjamin Britten. Cambridge University Press, Cambridge UK 1998, ISBN 0-521-57476-5.
Humphrey Carpenter:Benjamin Britten. A Biography. London 1992.
Meinhard Saremba:Elgar, Britten & Co. – Eine Geschichte der britischen Musik in zwölf Portraits. Zürich/St. Gallen 1994, ISBN 3-7265-6029-7.
John Bridcut:Britten’s Children. London 2006.
Norbert Abels:Benjamin Britten. Boosey & Hawkes, Berlin 2017, ISBN 978-3-7931-4047-4.
Benjamin Britten:Wir machen eine Oper und die Kinderoper „Der kleine Schornsteinfeger“. Ullstein, 1959.
Paul Kildea: Benjamin Britten: a life in the twentieth century, London: Allen Lane, 2013, ISBN 978-1-8461-4232-1
Matthias Kremin: „Happy were he ...“. Benjamin Brittens Werke für Gitarre und Gesang, Ein Überblick zum 75. Geburtstag des Komponisten. In: Gitarre & Laute, Band 10, Heft 6, 1988, S. 49–56.
Powell, Neil:Britten: A Life for Music. Hutchinson, London 2013, ISBN 0-09-193123-1.
Benjamin Britten / Hrsg. von Ulrich Tadday. (Musikkonzepte Neue Folge; 170) edition text + kritik, München 2015, ISBN 978-3-86916-422-9; Rezension[14]
Eric Wather White: Benjamin Britten, His Life and Operas. London 1983.
Über Britten-Aufführungen des Dresdner Kreuzchores, in: Matthias Herrmann (Hrsg.): Dresdner Kreuzchor und zeitgenössische Chormusik. Ur- und Erstaufführungen zwischen Richter und Kreile, Marburg 2017, S. 87–88, 112–113, 129, 138, 221–223, 315, 318, 320, 328 (Schriften des Dresdner Kreuzchores, Bd. 2). ISBN 978-3-8288-3906-9
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