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Dietrich Fischer-Dieskau (* 28. Mai 1925 in Berlin; † 18. Mai 2012 in Berg) war ein deutscher Sänger (Bariton), Dirigent, Maler, Musikschriftsteller und Rezitator. Fischer-Dieskau gilt als einer der bedeutendsten Lied- und Opernsänger des 20. Jahrhunderts. Mit über 400 Schallplatten ist er der Sänger, von dessen Interpretationen die meisten Einspielungen auf Tonträgern überhaupt existieren dürften.[1]

Dietrich Fischer-Dieskau (1970)
Dietrich Fischer-Dieskau (1970)
Frühe Schallplatte von Dietrich Fischer-Dieskau (Berlin 1950)
Frühe Schallplatte von Dietrich Fischer-Dieskau (Berlin 1950)

Leben


Sein Großvater war der Pfarrer und Hymnologe Albert Fischer. Die Eltern – der Vater Altphilologe, die Mutter Lehrerin – förderten das Talent des Sohnes, indem sie ihm bereits als 16-Jährigem eine Gesangsausbildung ermöglichten, zunächst bei Georg A. Walter, danach ab 1942 bei Hermann Weißenborn an der Hochschule für Musik. Sein Bruder war der Kirchenmusiker Klaus Fischer-Dieskau.

Fischer-Dieskau wurde zur Wehrmacht eingezogen und geriet in Italien in amerikanische Kriegsgefangenschaft, während der er seine Gesangsstudien autodidaktisch weiter betrieb. Seine ersten Konzerte gab er im amerikanischen Gefangenenlager in Italien. Nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft debütierte er 1947 im Deutschen Requiem von Brahms bei einer Aufführung in Badenweiler, nachdem der ursprünglich vorgesehene Baritonsolist wegen einer Erkrankung nicht hatte auftreten können.[2]

Fischer-Dieskaus eigentliche Karriere begann dann im Januar 1948, als er – noch Student bei Hermann Weißenborn – erstmals Schuberts Winterreise für den RIAS sang. Im selben Jahr wurde er an die Städtische Oper Berlin verpflichtet, wo er u. a. den Marquis Posa in Don Carlos und den Wolfram im Tannhäuser verkörperte. Im Jahr darauf fand die erste Schallplattenaufnahme statt: Vier ernste Gesänge von Brahms. Im gleichen Jahr gastierte er auf den Opernbühnen in München und Wien[3]. Eine weitere Station war 1951 die Wiedergabe der Lieder eines fahrenden Gesellen von Gustav Mahler bei den Salzburger Festspielen unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler[4]. Im selben Jahr hatte Fischer-Dieskau sein Festivaldebüt in Edinburgh mit den Brahms-Liedern[5]. 1952 war er zum ersten Mal in den USA auf Tournee, zwei Jahre später debütierte er bei den Bayreuther Festspielen als Wolfram im Tannhäuser. Am 30. Mai 1962 wirkte Fischer-Dieskau im Rahmen der Einweihung der neuen Kathedrale von Coventry bei der Uraufführung des War Requiem von Benjamin Britten mit. Er sang an der Seite des britischen Tenors Peter Pears.[6] Fischer-Dieskau gilt auch als Förderer der Musik des 20. Jahrhunderts, so von Hans Werner Henze und Aribert Reimann.[7] Fischer-Dieskaus langjähriger und wichtigster Liedbegleiter am Klavier war Gerald Moore, mit dem er mehrmals Schuberts Liederzyklus Winterreise einspielte. Auch mit Wolfgang Sawallisch am Klavier gab er viele Konzerte[8] und er nahm mit ihm mehrere Schallplatten auf.

Seine wesentlichen Stationen waren danach Auftritte an der Carnegie Hall in New York, der Deutschen Oper Berlin, der Wiener Staatsoper, der Bayerischen Staatsoper in München und am Royal Opera House in London[9]. Sein Repertoire umfasste etwa dreitausend Lieder von etwa hundert verschiedenen Komponisten.

Seit 1983 war Dietrich Fischer-Dieskau Professor an der Hochschule der Künste in Berlin. Er war seit 1956 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, seit 1984 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und seit 1991 Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg. Am 31. Dezember 1992 beendete er in München seine aktive Karriere als Sänger mit einer Silvester-Gala,[10] als deren letztes Stück die Schlussfuge Tutto nel mondo è burla aus Verdis Falstaff erklang.

Ehrengrab auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend
Ehrengrab auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend

Dietrich Fischer-Dieskau starb, nur zehn Tage vor seinem 87. Geburtstag, am 18. Mai 2012 in seinem Haus in Berg am Starnberger See (Himbselweg 16), wo er, abwechselnd mit einer Villa in Berlin-Westend, gewohnt hatte.[11] Die Beisetzung erfolgte am 25. Mai 2012 im engsten Familienkreis auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend.[12] Die letzte Ruhestätte von Dietrich Fischer-Dieskau ist als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Da Fischer-Dieskau seit dem Jahr 2000 Ehrenbürger von Berlin war, ist die Widmung – im Unterschied zur großen Mehrzahl der Berliner Ehrengräber – zeitlich nicht befristet.[13]

Privates

Im Jahr 1949 heiratete Fischer-Dieskau in erster Ehe die Violoncellistin Irmgard Poppen. Aus dieser Verbindung stammen drei Kinder, die ebenfalls künstlerisch tätig sind: der Bühnenbildner Mathias Fischer-Dieskau (* 1951), der Dirigent Martin Fischer-Dieskau (* 1954) und der Violoncellist Manuel Fischer-Dieskau (* 1963). Irmgard Poppen starb bei der Geburt des Sohnes Manuel.[14] Es folgte (1965–1967) eine Ehe Fischer-Dieskaus mit der Schauspielerin Ruth Leuwerik, dann eine dritte Ehe (1968–1975) mit Kristina Pugell, der Tochter eines amerikanischen Gesangspädagogen. Von 1977 bis zu seinem Tod im Jahr 2012 war Dietrich Fischer-Dieskau in vierter Ehe mit der Sängerin Julia Varady verheiratet.

Seine Erben verkauften sein Berliner Wohnhaus, die Villa Buchthal in Westend (Lindenallee 22).[15]


Rezeption


Nach seinem Tod lobte sein Kollege René Kollo Fischer-Dieskau als „stimmlich einfach prädestiniert für das Lied“ und vom Wesen her als „sehr reizend, sehr hilfreich, sehr freundschaftlich“.[16] Brigitte Fassbaender sagte, der Sänger sei „ein hoch empfindsamer Mensch von großer geistiger Klarheit“ gewesen. „Für alle, die mit ihm gearbeitet haben, war er immer in hohem Maße auch Vorbild. Er war einfach eine natürliche, große Autorität.“[17]


Ehrungen



Werke


Schriften:

Als Herausgeber:


Diskografie (Auswahl)



Hörbeispiele



Literatur




Commons: Dietrich Fischer-Dieskau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Artikel

Einzelnachweise


  1. Marquis Who's Who in the World, 2004
  2. Nadine Zeller: Karriere begann in Badenweiler. Fischer-Dieskaus Debüt. In: Badische Zeitung. 25. Mai 2012 (gedruckte Ausgabe). Abgerufen am 30. Mai 2012.
  3. Auftritte mit Dietrich Fischer-Dieskau an der Wiener Staatsoper
  4. Das Konzert und weitere Auftritte Dietrich Fischer-Dieskaus bei den Salzburger Festspielen
  5. Weitere Auftritte Dietrich Fischer-Dieskaus in der Scottish Opera in Edinburgh
  6. Le grand baryton allemand Dietrich Fischer-Dieskau est mort; Nachruf auf lemonde.fr vom 18. Mai 2012; abgerufen am 18. Mai 2012.
  7. „Jahrhundertsänger“: Dietrich Fischer-Dieskau ist tot; Nachruf auf spiegel.de vom 18. Mai 2012; abgerufen am 18. Mai 2012.
  8. Archivlink (Memento des Originals vom 23. Dezember 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.alternobis.de
  9. Aufführungen mit Dietrich Fischer-Dieskau im Royal Opera House/Covent Garden in London
  10. Archivlink (Memento des Originals vom 2. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.alternobis.de
  11. Kai Luehrs-Kaiser: Dietrich Fischer-Dieskau – Tod eines Jahrhundertsängers. In: Die Welt. 18. Mai 2012. Abgerufen am 9. November 2019. Manuel Brug: Der Nachlass des größten Liedsängers aller Zeiten. In: Die Welt. 13. August 2015. Abgerufen am 9. November 2019.
  12. Dietrich Fischer-Dieskau in aller Stille auf dem Waldfriedhof beigesetzt. In: B.Z. 30. Mai 2012. Abgerufen am 9. November 2019.
  13. Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018) (PDF, 413 kB), S. 21. Abgerufen am 9. November 2019. Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten als Ehrengrabstätten des Landes Berlin (PDF, 205 kB). Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 17/3105 vom 13. Juli 2016, S. 2. Abgerufen am 9. November 2019.
  14. Dietrich Fischer-Dieskau – Tod eines Jahrhundertsängers; Nachruf. In: DIE WELT vom 18. Mai 2012. Abgerufen am 1. Juli 2017
  15. Ausst.-Kat. „Ein Kristall, verborgen in neuer Sachlichkeit: die Entdeckung und Sanierung von Haus Buchthal in Berlin“, Galerie AEDES, Berlin 2016
  16. Anke Schäfer: „Stimmlich einfach prädestiniert für das Lied“: René Kollo zum Tod von Dietrich Fischer-Dieskau; Interview auf Deutschlandradio Kultur, Sendung Fazit vom 18. Mai 2012.
  17. Ulrike Timm: „Ein kluger Intellektueller, der sich nicht zufriedengab mit der Opernbühne“: Sängerkollegin Brigitte Fassbaender zum Tod von Dietrich Fischer-Dieskau; Interview auf Deutschlandradio Kultur, Radiofeuilleton, 18. Mai 2012.
  18. Inschrift Deutschordenshof, Singerstraße: Dietrich Fischer-Dieskau 1963 (abgerufen am 10. Juni 2014).
  19. Minor Planet Circ. 47303
  20. Daniel Lewis: Dietrich Fischer-Dieskau, 1925–2012: Lyrical and Powerful Baritone, and the Master of the Art Song; Nachruf auf Dietrich Fischer-Dieskau. The New York Times vom 18. Mai 2012; abgerufen am 30. März 2022.
Personendaten
NAME Fischer-Dieskau, Dietrich
KURZBESCHREIBUNG deutscher Sänger (Bariton), Dirigent, Maler, Musikschriftsteller und Rezitator
GEBURTSDATUM 28. Mai 1925
GEBURTSORT Berlin
STERBEDATUM 18. Mai 2012
STERBEORT Berg

На других языках


- [de] Dietrich Fischer-Dieskau

[en] Dietrich Fischer-Dieskau

Dietrich Fischer-Dieskau (28 May 1925 – 18 May 2012[1]) was a German lyric baritone and conductor of classical music, one of the most famous Lieder (art song) performers of the post-war period, best known as a singer of Franz Schubert's Lieder, particularly "Winterreise"[2] of which his recordings with accompanists Gerald Moore and Jörg Demus are still critically acclaimed half a century after their release.[3]

[es] Dietrich Fischer-Dieskau

Dietrich Fischer-Dieskau (Berlín, 28 de mayo de 1925 – Starnberg, 18 de mayo de 2012)[1] fue un barítono, director de orquesta y musicólogo alemán.

[ru] Фишер-Дискау, Дитрих

Ди́трих Фи́шер-Ди́скау (нем. Dietrich Fischer-Dieskau; 28 мая 1925, Берлин — 18 мая 2012, Берг; похоронен в Берлине) — немецкий оперный и камерный певец (баритон). Каммерзенгер Баварской и Берлинской государственной оперы.



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