Dietrich Fischer-Dieskau (* 28. Mai 1925 in Berlin; † 18. Mai 2012 in Berg) war ein deutscher Sänger (Bariton), Dirigent, Maler, Musikschriftsteller und Rezitator. Fischer-Dieskau gilt als einer der bedeutendsten Lied- und Opernsänger des 20. Jahrhunderts. Mit über 400 Schallplatten ist er der Sänger, von dessen Interpretationen die meisten Einspielungen auf Tonträgern überhaupt existieren dürften.[1]
Sein Großvater war der Pfarrer und Hymnologe Albert Fischer. Die Eltern – der Vater Altphilologe, die Mutter Lehrerin – förderten das Talent des Sohnes, indem sie ihm bereits als 16-Jährigem eine Gesangsausbildung ermöglichten, zunächst bei Georg A. Walter, danach ab 1942 bei Hermann Weißenborn an der Hochschule für Musik. Sein Bruder war der Kirchenmusiker Klaus Fischer-Dieskau.
Fischer-Dieskau wurde zur Wehrmacht eingezogen und geriet in Italien in amerikanische Kriegsgefangenschaft, während der er seine Gesangsstudien autodidaktisch weiter betrieb. Seine ersten Konzerte gab er im amerikanischen Gefangenenlager in Italien. Nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft debütierte er 1947 im Deutschen Requiem von Brahms bei einer Aufführung in Badenweiler, nachdem der ursprünglich vorgesehene Baritonsolist wegen einer Erkrankung nicht hatte auftreten können.[2]
Fischer-Dieskaus eigentliche Karriere begann dann im Januar 1948, als er – noch Student bei Hermann Weißenborn – erstmals Schuberts Winterreise für den RIAS sang. Im selben Jahr wurde er an die Städtische Oper Berlin verpflichtet, wo er u. a. den Marquis Posa in Don Carlos und den Wolfram im Tannhäuser verkörperte. Im Jahr darauf fand die erste Schallplattenaufnahme statt: Vier ernste Gesänge von Brahms. Im gleichen Jahr gastierte er auf den Opernbühnen in München und Wien[3]. Eine weitere Station war 1951 die Wiedergabe der Lieder eines fahrenden Gesellen von Gustav Mahler bei den Salzburger Festspielen unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler[4]. Im selben Jahr hatte Fischer-Dieskau sein Festivaldebüt in Edinburgh mit den Brahms-Liedern[5]. 1952 war er zum ersten Mal in den USA auf Tournee, zwei Jahre später debütierte er bei den Bayreuther Festspielen als Wolfram im Tannhäuser. Am 30. Mai 1962 wirkte Fischer-Dieskau im Rahmen der Einweihung der neuen Kathedrale von Coventry bei der Uraufführung des War Requiem von Benjamin Britten mit. Er sang an der Seite des britischen Tenors Peter Pears.[6] Fischer-Dieskau gilt auch als Förderer der Musik des 20. Jahrhunderts, so von Hans Werner Henze und Aribert Reimann.[7] Fischer-Dieskaus langjähriger und wichtigster Liedbegleiter am Klavier war Gerald Moore, mit dem er mehrmals Schuberts Liederzyklus Winterreise einspielte. Auch mit Wolfgang Sawallisch am Klavier gab er viele Konzerte[8] und er nahm mit ihm mehrere Schallplatten auf.
Seine wesentlichen Stationen waren danach Auftritte an der Carnegie Hall in New York, der Deutschen Oper Berlin, der Wiener Staatsoper, der Bayerischen Staatsoper in München und am Royal Opera House in London[9]. Sein Repertoire umfasste etwa dreitausend Lieder von etwa hundert verschiedenen Komponisten.
Seit 1983 war Dietrich Fischer-Dieskau Professor an der Hochschule der Künste in Berlin. Er war seit 1956 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, seit 1984 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und seit 1991 Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg. Am 31. Dezember 1992 beendete er in München seine aktive Karriere als Sänger mit einer Silvester-Gala,[10] als deren letztes Stück die Schlussfuge Tutto nel mondo è burla aus Verdis Falstaff erklang.
Dietrich Fischer-Dieskau starb, nur zehn Tage vor seinem 87. Geburtstag, am 18. Mai 2012 in seinem Haus in Berg am Starnberger See (Himbselweg 16), wo er, abwechselnd mit einer Villa in Berlin-Westend, gewohnt hatte.[11] Die Beisetzung erfolgte am 25. Mai 2012 im engsten Familienkreis auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend.[12] Die letzte Ruhestätte von Dietrich Fischer-Dieskau ist als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Da Fischer-Dieskau seit dem Jahr 2000 Ehrenbürger von Berlin war, ist die Widmung – im Unterschied zur großen Mehrzahl der Berliner Ehrengräber – zeitlich nicht befristet.[13]
Im Jahr 1949 heiratete Fischer-Dieskau in erster Ehe die Violoncellistin Irmgard Poppen. Aus dieser Verbindung stammen drei Kinder, die ebenfalls künstlerisch tätig sind: der Bühnenbildner Mathias Fischer-Dieskau (* 1951), der Dirigent Martin Fischer-Dieskau (* 1954) und der Violoncellist Manuel Fischer-Dieskau (* 1963). Irmgard Poppen starb bei der Geburt des Sohnes Manuel.[14] Es folgte (1965–1967) eine Ehe Fischer-Dieskaus mit der Schauspielerin Ruth Leuwerik, dann eine dritte Ehe (1968–1975) mit Kristina Pugell, der Tochter eines amerikanischen Gesangspädagogen. Von 1977 bis zu seinem Tod im Jahr 2012 war Dietrich Fischer-Dieskau in vierter Ehe mit der Sängerin Julia Varady verheiratet.
Seine Erben verkauften sein Berliner Wohnhaus, die Villa Buchthal in Westend (Lindenallee 22).[15]
Nach seinem Tod lobte sein Kollege René Kollo Fischer-Dieskau als „stimmlich einfach prädestiniert für das Lied“ und vom Wesen her als „sehr reizend, sehr hilfreich, sehr freundschaftlich“.[16] Brigitte Fassbaender sagte, der Sänger sei „ein hoch empfindsamer Mensch von großer geistiger Klarheit“ gewesen. „Für alle, die mit ihm gearbeitet haben, war er immer in hohem Maße auch Vorbild. Er war einfach eine natürliche, große Autorität.“[17]
Schriften:
Als Herausgeber:
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Personendaten | |
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NAME | Fischer-Dieskau, Dietrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Sänger (Bariton), Dirigent, Maler, Musikschriftsteller und Rezitator |
GEBURTSDATUM | 28. Mai 1925 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 18. Mai 2012 |
STERBEORT | Berg |