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Steffen Schleiermacher (* 3. Mai 1960 in Halle (Saale)) ist ein deutscher Komponist, Pianist und Dirigent. Als Pianist spielte er unzählige CDs zur Musik des 20. und frühen 21. Jahrhunderts ein.[1]

Steffen Schleiermacher
Steffen Schleiermacher

Leben


Steffen Schleiermacher entstammt einer Lehrerfamilie[2] und ist ein Nachfahre des evangelischen Theologen Friedrich Schleiermacher.[3] Er wuchs mit einem älteren Bruder in Halle/Saale auf,[4] sein Neffe ist der Jazzmusiker Johannes Schleiermacher (* 1984). Steffen Schleiermacher erhielt mit sechs Jahren seinen ersten Klavierunterricht,[1] außerdem wurde er in Gehörbildung und Musiktheorie unterwiesen, zeitweise an der städtischen Musikschule. Nach eigenen Angaben hat er „ca. 10 Klavierlehrer verschlissen“.[4] Von 1968 bis 1978 sang er im Stadtsingechor zu Halle unter der Leitung von Dorothea Köhler.[1] Nach dem Abitur 1978 wollte er ursprünglich Architektur studieren, wurde allerdings „nicht genommen“. Anstatt sich für die Alternative Maschinenbau zu entscheiden, bewarb er sich erfolgreich um einen Studienplatz an der Musikhochschule im benachbarten Leipzig.[5]

Ab 1980 studierte er in der Tanzabteilung der Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig Klavier bei Gerhard Erber, der ihn entscheidend förderte.[2] So machte ihn Erber auch mit der Neuen Musik von Karlheinz Stockhausen, Charles Ives und John Cage vertraut.[5] Bei seinem Examen spielte er später Werke von Pierre Boulez, Luciano Berio, Karlheinz Stockhausen und Friedrich Goldmann.[5] Darüber hinaus nahm Schleiermacher 1982 ein Kompositionsstudium bei Siegfried Thiele und 1983 bei Friedrich Schenker auf.[2] Im Alter von zweiundzwanzig Jahren komponierte er seine ersten Stücke.[5] Ab 1983 nahm er zudem Dirigierunterricht bei Günter Blumhagen,[2] weil, wie er selbst ausführte, die Aufführung seiner Stücke schleppend voranging.[5] Von 1984 bis 1988 leitete er das auf zeitgenössische Musik spezialisierte Hochschulensemble Gruppe Junge Musik,[1] das vier Jahre zuvor durch den Komponisten Bernd Franke gegründet worden war.[6] Von 1985 bis 1988 arbeitete Schleiermacher als Assistent für Tonsatz, Gehörbildung und Neue Musik an der Leipziger Musikhochschule.[1] Mitte der 1980er Jahre wurde er mit ersten internationalen Interpretenpreisen ausgezeichnet, 1986 nahm er an den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt teil.[7] Während seiner Assistenzzeit 1986/87[8] erhielt er für ein Jahr die Gelegenheit als Meisterschüler für Komposition bei Friedrich Goldmann an der Akademie der Künste in Berlin (Ost) zu studieren.[1] 1989/90[8] absolvierte er als Stipendiat des Deutschen Musikrates ein Zusatzstudium für Klavier bei Aloys Kontarsky an der Hochschule für Musik Köln.[1]

Seit 1988 leitete er die ursprünglich durch seinen Lehrer Friedrich Schenker betreute Konzertreihe Das neue Werk (ab 1990 musica nova) am Gewandhaus in Leipzig.[9] 1989 gründete er u. a. mit dem Leipziger Streichquartett das Ensemble Avantgarde.[1] 1990 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Forums Zeitgenössischer Musik Leipzig.[10] Ab 1991 verantwortete er das Januarfestival für Neue Musik, das zunächst am Museum der bildenden Künste Leipzig und später an der Schaubühne Lindenfels stattfand. Aus finanziellen und organisatorischen Gründen übernahm im Jahre 2000 der Mitteldeutsche Rundfunk das Festival.[11] Es wurde in den Sommer verlegt und zum MDR-Musiksommer gehörig als zeitgenössische Reihe KlangRausch fortgeführt.[12] Schleiermacher leitete die Reihe bis 2010.

Ab 1989 führten ihn Konzert- und Vortragsreisen in viele Länder Europas, Amerikas und des Fernen Ostens. Er gab Konzerte u. a. mit dem Gewandhausorchester, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, den Münchner Philharmonikern, dem Orchestre de la Suisse Romande und weiteren Orchestern u. a. unter Vladimir Ashkenazy, Ingo Metzmacher, Fabio Luisi und Wladimir Jurowski. Rund 60 CD-Aufnahmen erschienen bei verschiedenen Labels (Hathut, WERGO, Musikproduktion Dabringhaus & Grimm), darunter von 1996 bis 2003 die Ersteinspielung des gesamten Klavierwerks von John Cage.[8] Von 1999 bis 2003 folgte die Einspielung des gesamten Klavierwerks von Erik Satie.[8] Intensiv widmete er sich auch der Wiener Schule und seiner Schüler.[8] Weiterhin trug er zur Wiederentdeckung von Josef Matthias Hauer, Leo Spies und Dane Rudhyar und anderen bei.[8]

Schleiermacher schuf zahlreiche Auftragswerke: Gewandhauskapellmeister Kurt Masur verhalf ihm 1986 zum kompositorischen Durchbruch,[13] als er mit dem Solisten Karl Mehlig und dem Leipziger Gewandhausorchester seine Musik für Pauken und Orchester (1984/85) uraufführte. Später setzte sich Riccardo Chailly am Gewandhaus für Schleiermachers Musik ein, so brachte er 2006 GegenBild (2006), 2009 Das Leuchten der singenden Kristalle (2008) und 2011 Bann. Bewegung – mit Beethovens Erster (2010) zur Uraufführung.[14] In seinem Antrittskonzert 2018 als Gewandhauskapellmeister dirigierte Andris Nelsons erstmals das Auftragswerk Relief für Orchester (2017).[15] Auch in Dresden konnte Schleiermacher Fuß fassen: Der junge Komponist wurde in den 1980er Jahren durch die Spezialabteilung für zeitgenössische Musik des VEB Edition Peters gefördert.[16] Unmittelbar nach Gründung[17] des Dresdner Zentrums für zeitgenössische Musik 1986 erhielt er einen Auftrag für das Kammerorchesterwerk Kreon – Hommage à Varèse (1987), das 1987 durch das musica-viva-ensemble dresden unter Hans-Peter Richter zur Uraufführung gebracht wurde. Die Dresdner Philharmonie bestellte das Orchesterwerk Puls, Farbe, Schatten (1994; UA mit Kurt Masur 1995).[18] Als Schleiermachers Hauptwerk gilt die Kammeroper Kokain (2004; Auftragswerk der Oper Bonn) nach der expressionistischen Novelle von Walter Rheiner.[8]

Schleiermacher war Mitglied der Konstituierenden Sitzung der Freien Akademie der Künste zu Leipzig, der er seitdem angehörte.[19] 1998 wurde er ordentliches Mitglied der Klasse Musik der Sächsischen Akademie der Künste.[8] Im Mai 2018 wurde Schleiermacher als neues Mitglied in die Sektion Musik der Berliner Akademie der Künste gewählt.[20]


Kompositionen (Auswahl)



Einzelinstrumente



Kammerensemble



Mechanische Musik



Kammerorchester



Vokalwerke



Orchesterwerke



Musiktheater



Hörspielmusik



Preise und Auszeichnungen



Literatur





Einzelnachweise


  1. Gregor Willmes: Steffen Schleiermacher. In: Ingo Harden, Gregor Willmes: Pianistenprofile: 600 Interpreten: ihre Biografie, ihr Stil, ihre Aufnahmen. Bärenreiter, Kassel 2008, ISBN 978-3-7618-1616-5, S. 645–647, hier: S. 645.
  2. Ingolf Huhn: Komponistenporträt: Steffen Schleiermacher. In: Leipziger Blätter, Heft 9, 1986, S. 46f.
  3. Hochinteressantes Konzert mit und von dem Komponisten Steffen Schleiermacher in der Klosterkirche in Grimma. In: Leipziger Volkszeitung, 7. September 1998.
  4. Steffen Schleiermacher: Mangelnde Begabung! (?). In: Marion Saxer (Hg.): Anfänge. Erinnerungen zeitgenössischer Komponistinnen und Komponisten an ihren frühen Instrumentalunterricht. Wolke, Hofheim 2003, ISBN 3-936000-08-5, S. 147–150, hier: S. 147.
  5. Steffen Schleiermacher: Mangelnde Begabung! (?). In: Marion Saxer (Hg.): Anfänge. Erinnerungen zeitgenössischer Komponistinnen und Komponisten an ihren frühen Instrumentalunterricht. Wolke, Hofheim 2003, ISBN 3-936000-08-5, S. 147–150, hier: S. 149.
  6. Leipzig: 25 Jahre Gruppe Junge Musik. In: nmz.de. 21. November 2005, abgerufen am 26. Februar 2019.
  7. Steffen Schleiermacher. In: imd-archiv.de. Internationalen Musikinstituts Darmstadt, abgerufen am 18. Februar 2019.
  8. Wolfgang Thein: Schleiermacher, Stefen. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 14 (Riccati – Schönstein). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2005, ISBN 3-7618-1134-9, Sp. 1399–1401 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
  9. Jonathan L. Yaege: Friedrich Schenker and the Third Way. In: Kyle Frackman, Larson Powell (Hrsg.): Classical Music in the German Democratic Republic: Production and Reception (= Studies in German Literature Linguistics and Culture). Camden House, Rochester 2015, ISBN 978-1-57113-916-0, S. 219–240, hier: S. 230, 239.
  10. Burkhard Glaetzner: Ansprache. In Eigener Sache. In: MusikTexte, 37, 1990, S. 61.
  11. Marcus Erb-Szymanski: Die hohe Kunst der Moderne jenseits des Spektakulären. Das Leipziger Ensemble Avantgarde feiert sein zehnjähriges Bestehen. In: Neue Musikzeitung. 2000, abgerufen am 26. Februar 2019 (9/2000 - 49. Jahrgang).
  12. Henner Kotte: Ist die intermusikalische Vernetzung exotisch? Das Januarfestival zieht in den Sommer: "Klangrausch" mit Neuer Musik im Lindenfels. In: leipzig-almanach.de. LeipzigAlmanach – Das Online-Feuilleton, 7. Juli 2001, abgerufen am 18. Februar 2019.
  13. Johannes Forner: Kurt Masur: Zeiten und Klänge. Biographie. Propyläen, Berlin 2002, ISBN 3-549-07153-1, S. 214.
  14. Peter Korfmacher: Steffen Schleiermacher: „Ich liefere, was bestellt wird, und zwar pünktlich“. In: lvz.de. 16. März 2018, abgerufen am 18. Februar 2019.
  15. Roland H. Dippel: Mit dem neuen Chef Andris Nelsons will das Gewandhausorchester in eine starke Zukunft. In: nmz.de. 23. Februar 2018, abgerufen am 26. Februar 2019.
  16. Armin Köhler: Die Spezialabteilung für zeitgenössische Musik des VEB Edition Peters (1980–1986). In: Matthias Herrmann, Hanns-Werner Heister (Hrsg.): Dresden und die avancierte Musik im 20. Jahrhundert. Bericht über das vom Dresdner Zentrum für Zeitgenössische Musik und vom Institut für Musikwissenschaft der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden veranstaltete Kolloquium. Teil 3: 1966–1999, vom 9. bis 11. Oktober 2000 in Dresden (= Musik in Dresden. Bd. 6). Laaber, Laaber 2004, ISBN 3-89007-511-8, S. 87–95, hier: S. 89.
  17. Marion Demuth: Das Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik (1986–1999) aus eigener Sicht. In: Matthias Herrmann, Hanns-Werner Heister (Hrsg.): Dresden und die avancierte Musik im 20. Jahrhundert. Bericht über das vom Dresdner Zentrum für Zeitgenössische Musik und vom Institut für Musikwissenschaft der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden veranstaltete Kolloquium. Teil 3: 1966–1999, vom 9. bis 11. Oktober 2000 in Dresden (= Musik in Dresden. Bd. 6). Laaber, Laaber 2004, ISBN 3-89007-511-8, S. 97–112, hier: S. 103.
  18. Dieter Härtwig: Von Horst Förster zu Michel Plasson. Neue Musik bei der Dresdner Philharmonie 1964–1999. In: Matthias Herrmann, Hanns-Werner Heister (Hrsg.): Dresden und die avancierte Musik im 20. Jahrhundert. Bericht über das vom Dresdner Zentrum für Zeitgenössische Musik und vom Institut für Musikwissenschaft der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden veranstaltete Kolloquium. Teil 3: 1966–1999, vom 9. bis 11. Oktober 2000 in Dresden (= Musik in Dresden. Bd. 6). Laaber, Laaber 2004, ISBN 3-89007-511-8, S. 211–242, hier: S. 117.
  19. Ingrid Sonntag: Die Freie Akademie der Künste in Leipzig 1992–2003. Nur aus einer Prägung des sächsischen Kulturraumes hervorgegangen? In: bpb.de. Bundeszentrale für politische Bildung, 18. Mai 2011, abgerufen am 18. Februar 2019 (Deutschland Archiv, 5/2011).
  20. Akademie der Künste. 14 neue Mitglieder aufgenommen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: deutschlandfunk.de. 10. Juli 2018, archiviert vom Original am 10. Juli 2018; abgerufen am 18. Februar 2019.
  21. Das Werk ist nach Angaben des Komponisten eine „Verbeugung“ vor Franz Liszt und dem Orgelbauer Friedrich Ladegast, vgl. Zu den Initialen F.L.
  22. Preisträger 2013. Kammermusikeinspielung des Jahres. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ECHO Klassik 2013. Archiviert vom Original am 17. August 2013; abgerufen am 26. Februar 2019.
  23. Preisträger 2015. Solistische Einspielung des Jahres. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ECHO Klassik 2015. Archiviert vom Original am 29. Oktober 2015; abgerufen am 26. Februar 2019.
Personendaten
NAME Schleiermacher, Steffen
KURZBESCHREIBUNG deutscher Komponist, Pianist und Dirigent
GEBURTSDATUM 3. Mai 1960
GEBURTSORT Halle (Saale)



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